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SnowDome

1-Mann-GmbH nebenberuflich = keine SV-Pflicht mehr?

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SnowDome

Hallo zusammen,

 

folgender Umstand erscheint mir etwas merkwürdig und ich würde mich sehr über eure Einschätzung / Erfahrungen freuen:

  • Ich bin seit > 10 Jahren Arbeitnehmer mit einem Gehalt oberhalb der BBG bzgl. Kranken- und Pflegeversicherung. Ich arbeite dort Vollzeit.
  • Vor ein paar Jahren habe ich in Form einer GmbH ein kleines Nebengewerbe gestartet – ich bin alleiniger Gesellschafter, habe keine Mitarbeitenden, zahle mir kein Gehalt / Gewinne aus (in Summe ist das Ganze leicht positiv) und arbeite auch nur ca. 5 bis 10 Stunden in der GmbH pro Woche.

 

Nach einem Telefonat mit meiner Krankenkasse (ich bin gesetzlich freiwillig versichert) meinten die nun, ich wäre definitiv als Selbstständiger zu versichern, da ich 100 % Anteile einer GmbH halte. Wir haben über alle weiteren Umstände am Telefon diskutiert, aber sie waren sehr klar, dass die 100 % Anteile bereits ein klares Kriterium sind und die Analyse weiterer Punkte (Zeit, Gehalt, Angestellte etc.) nur bei „echten“ Selbstständigen und Freiberuflern relevant sei.

 

Ich war immer der Meinung, dass es wichtig ist, welche Tätigkeit überwiegt (Zeit, Gehalt, Mitarbeitende etc.), daher habe ich mir nie Gedanken gemacht, dass man auch nur annähernd in Erwägung ziehen könnte, mein Angestelltenverhältnis wäre nicht das Zentrum meiner Tätigkeit.

 

Hat jemand mit so einer Konstellation Erfahrung? Dass ein geschäftsführender Gesellschafter steuerrechtlich Angestellter ist (Gehalt als Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit), aber im sozialversicherungsrechtlichen Sinne selbstständig, war mir schon klar. Aber ich hätte dennoch erwartet, dass hier das Gesamtbild der einzelnen Aspekte ausschlaggebend ist, s. auch hier (keines der genannten Kriterien erfülle ich auch nur annähernd): https://www.firma.de/unternehmensfuehrung/hauptberuflich-selbstaendig-und-nebenberuflich-angestellt/

 

Wenn die Krankenkasse mich nun also als hauptberuflich selbstständig – einzig wegen der 100 % Anteile – einstuft, dann würde das ja bedeuten, dass zum Beispiel

  • alle Menschen mit einer vermögensverwaltenden GmbH (die i. d. R. auch „nebenberuflich“ ist) dasselbe Problem hätten
  • dass ein Rechtsformwechsel (von GmbH zu Einzelunternehmen) sofort zu einer komplett anderen Beurteilung bzw. „Lösung“ des Problems führen würde

 

Beides kann ich mir nicht so recht vorstellen.

 

Sollte die Krankenkasse bei der Einschätzung bleiben, dass ich nicht mehr hauptberuflich angestellt bin, würde dies von der absoluten Belastung (aktuell) nichts ändern, da ich ohnehin oberhalb der BBG liege. Wäre die Sichtweise denn in Summe positiv (ich müsste auch keine Rentenversicherungsbeiträge mehr auf mein Angestelltengehalt zahlen?) oder eher negativ (auch in Teilzeit oder Elternzeit müsste ich auf alle Einkommen Beiträge entrichten)?

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maktaba
· bearbeitet von maktaba

ChatGPT sagt, dass die beiden Tätigkeiten getrennt bewertet werden. In der GmbH bist du nicht SV-pflichtig, als Angestellter aber schon. Mehr kann ich dazu nicht sagen.

 

edit: Meiner Erfahrung nach ist die Wahrscheinlichkeit bei random Telefonaten mit irgendeiner Hotline einen wirklich kompetenten Gesprächspartner am Telefon zu haben eher gering.

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slowandsteady
· bearbeitet von slowandsteady

Es ist so wie @maktaba schreibt. Das du nur durch 100% Beteiligung um die GKV- und Rentenversicherungspflicht auf den Angestelltenlohn herumkommst, halte ich fuer eine Falschaussage der Hotline. Sonst wuerden hier aus dem Forum einige sofort eine "Minimal-GmbH" gruenden, die nur das Geld verwaltet, um sich die Rentenbeitraege zu sparen, denn deren Rendite wird eher mau sein angesichts der Demographie.
Was du brauchst ist ein "Statusfeststellungsverfahren". Dann hast du Klarheit. Was irgendein Hotline-Mitarbeiter von sich gibt, ist nicht belastbar. Bin mir aber ziemlich sicher, dass du nicht die GKV/RV Abgaben auf deinen Arbeitslohn loswirst :) 

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SnowDome

Danke euch.

In dem Fall war das schon nach mehrerem Hin und Her die "Fachabteilung" und nicht die Hotline :D

Aber warten wir mal ab, wenn die jetzt den Fragebogen rausschicken. Im konkreten Fall denke ich natürlich schon eher an Elternzeit und welche negativen Auswirkungen es hätte, wenn ich in den nächsten Jahren zusätzliche KV-Beiträge zahlen müsste.

Aber das Argument von @slowandsteady

ist ja auch extrem valide. Jeder, der nicht mehr auf Elternzeit, Teilzeit und Co. achten müsste, würde ja einfach eine kleine GmbH gründen und sich dem System entziehen. Ich glaube, deswegen bin ich auch so ungläubig aus dem Telefonat gegangen...

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Cinquetti
· bearbeitet von Cinquetti

Es gab vor ein paar Tagen einen sehr interessanten Artikel auf Spiegel:

https://www.spiegel.de/karriere/scheinselbststaendigkeit-warum-die-selbststaendigkeit-in-deutschland-stirbt-a-f5aafbc2-d3a2-490c-b0ea-77a14ee40f58

 

Du kannst ihn hier lesen:

https://archive.is/usF9U

Zitat

Urteil vom 20. Juli 2023 (Aktenzeichen: unter anderem B 12 R 15/21 R  und B 12 BA 4/22 R )

Kernpunkt: Das BSG entschied, dass die Gründung einer Ein-Personen-Gesellschaft (etwa als GmbH oder UG) durch den Subunternehmer nicht automatisch vor der Sozialversicherungspflicht schützt.

So kann die Tätigkeit des Gesellschafter-Geschäftsführers als abhängige Beschäftigung beim Auftraggeber eingestuft werden, wenn er in die Arbeitsorganisation des Auftraggebers integriert ist und dessen Weisungen unterliegt.

Das heißt etwa:

Auch ein Architekt mit einer Ein-Personen-UG unterliegt dem Risiko der Scheinselbstständigkeit, wenn er für ein einzelnes Büro arbeitet und dessen Räumlichkeiten, Software und Kommunikationsmittel nutzt.

Das ist insbesondere dann so, wenn ihm seine Arbeitszeiten und Projekte dezidiert vom Büro vorgegeben werden.

 

Bedeutung: Dieses Urteil stellt klar, dass die formale Vertragsgestaltung nicht ausreicht, um eine Scheinselbstständigkeit zu vermeiden.

Die tatsächlichen Arbeitsbedingungen sind entscheidend.

 

In diesem Blog wird das Problem auch noch mal beschrieben:
https://blog.orgamax.de/unternehmer-news/eine-ein-personen-gmbh-schützt-nicht-vor-scheinselbstständigkeit

Zitat

In den Verfahren, die das Bundessozialgericht entschied, ging es zweimal um stationäre Pflege in einem Krankenhaus und einmal um Beratung.

In allen drei Fällen hatten die Auftragnehmer als jeweils einziger Gesellschafter eine GmbH oder UG gegründet und waren deren Geschäftsführer.

Die Verträge schlossen ihre Auftraggeber mit diesen Gesellschaften ab. Ausgeführt wurden die Tätigkeiten von den Gesellschafter-Geschäftsführern in eigener Person.

 

Die Deutsche Rentenversicherung sah in allen drei Fällen ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis statt eines Auftrags zwischen Unternehmen.

Die Betroffenen klagten gegen den Bescheid und beriefen sich darauf, dass die Verträge nicht mit den mutmaßlich Beschäftigten geschlossen worden waren.

Doch das überzeugte das Bundessozialgericht nicht: „wie in anderen Statusverfahren auch“ seien allein die „konkreten tatsächlichen Umstände der Tätigkeit“ für die Frage einer möglichen Scheinselbstständigkeit entscheidend (BSG, 20.07.2023 - B 12 BA 1/23 R, B 12 R 15/21 R, B 12 BA 4/22 R).

Edit: 

Hier sind ein paar abstruse Urteile, die einen nur noch den Kopf schütteln lassen:
https://www.haufe.de/personal/entgelt/urteile-scheinselbststaendigkeit_78_416784.html

Zitat

2.5.2024 - Hessisches Landessozialgericht (L 1 BA 22/23): 

Ein Reitverein ist verpflichtet, Sozialversicherungsbeiträge für eine Reitlehrerin zu zahlen, wenn diese abhängig beschäftigt ist.

Indizien dafür sind die unentgeltliche Nutzung der vereinseigenen Pferde und der Reithalle sowie das Fehlen eines unternehmerischen Risikos. 

Das hat das Hessische Landessozialgericht in einem aktuellen Urteil entschieden.

 

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SnowDome

Danke, allerdings geht es hier um den Zusammenhang der eigenen Gesellschaft zu einem (einzelnen) Auftraggeber, oder?

Meine Kunden sind auf jeden Fall breiter gestreut und mein Arbeitgeber im Vollzeitjob ist keiner meiner Kunden :) 

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oktavian
vor einer Stunde von SnowDome:

Nach einem Telefonat mit meiner Krankenkasse (ich bin gesetzlich freiwillig versichert) meinten die nun, ich wäre definitiv als Selbstständiger zu versichern, da ich 100 % Anteile einer GmbH halte.

Das wäre schlecht. Als freiwillig Versicherter zahlt man auf alle Einkünfte Beiträge. Als Angestellter nur auf den Lohn. Daher hätte die Kasse es wohl gerne so. Gedeckelt ist es meines Wissens immer via BBG. Wenn du mal weniger als Angestellter verdienst, wird es relevant.

 

Andererseits ist es nicht so unlogisch. Sonst könnte man Midijob als Angesteller machen mit ~600€ Lohn und nur darauf Krankenkasse und zusätzlich via GmbH den Rest vereinnahmen ohne darauf Krankenkasse zu zahlen.

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Cinquetti

@SnowDome

Es bedeutet dass die GmbH dich nicht vor dem Verdacht der Scheinselbstständigkeit schützt, wenn Du keine Angestellten hast.

Wenn Du Pech hast, wirst Du als scheinselbstständig eingestuft und musst die letzten 4 Jahre nachzahlen.

Eine GbR ist momentan noch ein Schlupfloch, fragt sich nur wie lange noch ...

 

vor 37 Minuten von slowandsteady:

Was du brauchst ist ein "Statusfeststellungsverfahren". Dann hast du Klarheit. Was irgendein Hotline-Mitarbeiter von sich gibt, ist nicht belastbar. Bin mir aber ziemlich sicher, dass du nicht die GKV/RV Abgaben auf deinen Arbeitslohn loswirst :) 

Warum schlafende Hunde wecken?

 

 

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SnowDome

@Octavian

Das ist grundsätzlich auch ein üblicher Weg, um zum Beispiel als Privatier keine KV-Beiträge auf Kapitaleinkünfte zu zahlen. Das funktioniert aber eben dann nicht mehr, wenn ich einen kleinen Midi-Job habe und die GmbH offensichtlich das Zentrum der Aktivität (Einkommen hieraus, Zeit, Angestellte etc.) ist. Habe ich nur Kapitaleinkünfte, den Midi-Job und keine GmbH, dann sollte der Weg funktionieren.

 

Sollten @maktaba

und ChatGPT recht haben (beides ist parallel möglich), würde ich aber noch folgendes Problem sehen:

 

Im Status quo würde die GF-Tätigkeit dazu führen, dass alle Einnahmen berücksichtigt werden. Angestelltengehalt > BBG führt sofort dazu, dass keine zusätzlichen Abgaben zu machen sind.

Bei 2 Monate Elternzeit würde dieselbe Prüfung allerdings ergeben, dass ich auf die GF-Tätigkeit zahlen muss, da das Einkommen aus der Angestelltentätigkeit niedriger wäre. Somit wäre ich ggf. nicht beitragsfrei als Arbeitnehmer versichert für die Zeit, sondern gegen eigenen Beitrag selbstständig.

Ich meine mal gelesen zu haben, dass man dann alle Einkünfte des Jahres betrachtet - bei 2 Monaten Elternzeit würde es also vielleicht wieder passen mit der BBG.

 

Hai, echt verrückt, dass so ein "einfaches" und sicher häufig vorhandenes Beispiel doch so komplex werden kann bzw. nicht eindeutig beantwortet werden kann :D

 

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