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Stockente

These: Berufskraftfahrer haben es deutlich leichter, Leistung aus einer BUV zu bekommen.

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Stockente

In einem anderen Beitrag hab ich vorhin gelesen, dass beispielsweise ein Busfahrer direkt zu 100% berufsunfähig ist, sobald er seine Fahrerlaubnis wegen (z.B. psychischer) Krankheit verliert.

Nach eigener Recherche habe ich herausgefunden, dass man eine Fahrerlaubnis für große Fahrzeuge mit Personenbeförderung (sog. Gruppe 2) tatsächlich nur bekommt und behalten darf, wenn man komplett ohne Symptome hinsichtlich psychischer Erkankungen ist.
Das bedeutet doch dann auch, dass selbst eine leichtgradige Depression dazu führt, dass ein Berufskraftfahrer (Busfahrer, LKW-Fahrer, Taxi-Fahrer etc.) seine Fahrerlaubnis verlieren kann (und auch verlieren müsste) und damit direkt berufsunfähig wird.

Das wirft für mich einige Verständnisfragen auf:

1) Haben Berufskraftfahrer bei der Leistungsbeantragung weniger bzw. gar keinen Kampf mit der Versicherung um die berühmte 50%-Regel?
2) Können leichtgradige Erkrankungen, die bei anderen Berufen nicht ausreichen würden, schon dazu führen, dass hier eine BU-Rente ausgezahlt wird?
3) Sind genau das die Gründe, warum die Beiträge für Berufskraftfahrer relativ teuer sind?
4) Kennt hier jemand zufällig jemanden aus diesem Berufsbild, der schon einmal Leistungen aus einer BU beantragen musste?

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chirlu
vor 10 Minuten von Stockente:

In einem anderen Beitrag hab ich vorhin gelesen, dass beispielsweise ein Busfahrer direkt zu 100% berufsunfähig ist, sobald er seine Fahrerlaubnis wegen (z.B. psychischer) Krankheit verliert.

 

Ich bezweifle, dass das so stimmt. Für Piloten gibt es extra eine Loss-of-licence-Versicherung (bzw. eine entsprechende Zusatzklausel zur BU-Versicherung), weil ein Verlust des Pilotenscheins als solcher nicht ausreicht für Berufsunfähigkeit:

Zitat

Der Erwerbsentfall könnte im Einzelfall auch allein über eine Berufsunfähigkeitsversicherung ohne Lizenz-Zusatzklausel versichert sein. Der versicherte Pilot muss dann aber nachweisen, dass er bedingungsgemäß berufsunfähig ist, also seine zuletzt in gesunden Tagen konkret ausgeübte Tätigkeit zu mindestens 50% nicht mehr ausüben. Hierbei kommt nämlich nicht rein auf den Entzug der Lizenz an, sondern auf die medizinische Frage, inwieweit die in gesunden Tagen ausgeübte Tätigkeit noch ausgeübt werden kann.

 

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Stockente
22 minutes ago, chirlu said:

Ich bezweifle, dass das so stimmt. Für Piloten gibt es extra eine Loss-of-licence-Versicherung (bzw. eine entsprechende Zusatzklausel zur BU-Versicherung), weil ein Verlust des Pilotenscheins als solcher nicht ausreicht für Berufsunfähigkeit:

Dann müsste es solch eine Versicherung doch auch für Busfahrer geben, oder nicht? Ich finde sowas nur für Piloten.

Auf der gleichen Website, die du verlinkt hast, habe ich noch folgenden Artikel über einen Busfahrer mit Depression gefunden und dort steht u.a. folgendes:

Quote

Bei der Beantragung der Berufsunfähigkeit musste dargestellt werden, dass der Busfahrer nicht mehr in der Lage war, seine in zuletzt gesunden Tagen ausgeübte Tätigkeit zu wenigstens 50 % zu erbringen. Entsprechend des in den Versicherungsbedingungen näher beschriebenen Grades der Berufsunfähigkeit, orientieren sich die benötigten 50 % an dem zeitlichen Ausmaß der beruflichen Aufgaben, die aufgrund der Erkrankung nicht mehr erfüllt werden können (siehe hierzu: Bemessung des BU-Grades in der Berufsunfähigkeitsversicherung (BGH)). Der Busfahrer hatte in Folge seiner Beschwerden seine Fahrerlaubnis krankheitsbedingt eingebüßt und konnte daher seinen in zuletzt gesunden Tagen ausgeübten Beruf nicht lediglich zu 50 %, sondern faktisch überhaupt nicht mehr erbringen. Eine bedingungsgemäße Berufsunfähigkeit wegen Depression lag nach Einschätzung von Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte daher selbstredend vor.

 

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chirlu
vor 4 Minuten von Stockente:
Zitat

lag nach Einschätzung von Jöhnke & Reichow Rechtsanwälte daher selbstredend vor.

 

 

Das heißt nicht, dass es die Rechtsprechung auch so sieht wie sie. Wenn es so klar gewesen wäre, hätten sie sich den danach beschriebenen Aufwand (ausführliche Darstellung der Tätigkeit) sparen können.

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slowandsteady
vor 4 Stunden von Stockente:

Dann müsste es solch eine Versicherung doch auch für Busfahrer geben, oder nicht? Ich finde sowas nur für Piloten.

Das duerfte eher ein Angebotsproblem sein: Busfahrer sind meist Niedrigverdiener und haben keine teuren Versicherungen. Die Nachfrage nach solchen Versicherungen duerfte viel weniger sein als von gutverdienenden Piloten nach einer "Loss-of-License". Zumal die medizinischen Anforderungen (und damit das Risiko eines Verlusts) an Berufspiloten wohl strenger sein duerften als an Busfahrer.

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Nostradamus
vor 5 Stunden von Stockente:

2) Können leichtgradige Erkrankungen, die bei anderen Berufen nicht ausreichen würden, schon dazu führen, dass hier eine BU-Rente ausgezahlt wird?

Ich kann dir zwar nicht die genauen Regelungen in Bezug auf diesen konkreten Fall erklären, aber es ist immer eine Einzelfallentscheidung. Ein oft beschriebenes Beispiel ist der berufsunfähige Bäcker mit einer für fast alle anderen Berufe unbedeutenden Erkrankung: Mehlstauballergie.

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Stockente
20 hours ago, chirlu said:

Das heißt nicht, dass es die Rechtsprechung auch so sieht wie sie. Wenn es so klar gewesen wäre, hätten sie sich den danach beschriebenen Aufwand (ausführliche Darstellung der Tätigkeit) sparen können.

Dann haben Busfahrer doch sogar einen dreifachen Nachteil:

1) Verlust der Fahrerlaubnis passiert sehr schnell und das Einkommen ist dann weg
2) Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt nicht, obwohl der Busfahrer gar nicht fähig ist, seinen Beruf auszuüben
3) Es gibt keine Loss-of-license-Versicherungen für Busfahrer

16 hours ago, Nostradamus said:

Ich kann dir zwar nicht die genauen Regelungen in Bezug auf diesen konkreten Fall erklären, aber es ist immer eine Einzelfallentscheidung. Ein oft beschriebenes Beispiel ist der berufsunfähige Bäcker mit einer für fast alle anderen Berufe unbedeutenden Erkrankung: Mehlstauballergie.

Die Fahrerlaubnis ist doch genauso wichtig für den Busfahrer, wie das Mehl für den Bäcker - ohne geht es nicht.
Warum wird der gesundheitsbedingte Verlust der Fahrerlaubnis anders behandelt als der gesundheitsbedingte Verlust der Toleranz gegenüber Mehlstaub?

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stagflation
· bearbeitet von stagflation
vor 3 Stunden von Stockente:

Warum wird der gesundheitsbedingte Verlust der Fahrerlaubnis anders behandelt als der gesundheitsbedingte Verlust der Toleranz gegenüber Mehlstaub?

Na, beispielsweise weil eine Mehlstauballergie zufällig passiert, ein Verlust der Fahrerlaubnis aber bewusst herbeigeführt werden kann?

 

Denk an einen 40-jährigen Busfahrer, der keine Lust mehr hat, zu arbeiten. Und der sich dann (mehrmals) mit Alkohol am Steuer "erwischen" lässt. Fahrerlaubnis weg - und die BU-Versicherung soll die nächsten 20 Jahre bezahlen?

 

Hier findest Du Werbung für eine BU-Versicherung, die für LKW-Fahrer zahlt, wenn die Fahrerlaubnis der Klassen C oder D weg ist. Aber unter Ausschluss von psychischen Erkrankungen, Alkohol- oder Drogenmissbrauchs. Wenn man ins Kleingedruckte schaut, gibt es möglicherweise noch mehr Ausschlüsse und Bedingungen.

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MatthiasHelberg
vor 22 Stunden von stagflation:

Hier findest Du Werbung für eine BU-Versicherung, die für LKW-Fahrer zahlt, wenn die Fahrerlaubnis der Klassen C oder D weg ist.

Das ist eine Grundfähigkeitsversicherung und eben keine BU. Auch wenn das im Artikel selbst wunderbar durcheinander geworfen, wenn nicht gar suggeriert wird.

 

Am 14.7.2024 um 15:25 von Stockente:

Dann haben Busfahrer doch sogar einen dreifachen Nachteil:

1) Verlust der Fahrerlaubnis passiert sehr schnell und das Einkommen ist dann weg
2) Berufsunfähigkeitsversicherung zahlt nicht, obwohl der Busfahrer gar nicht fähig ist, seinen Beruf auszuüben
3) Es gibt keine Loss-of-license-Versicherungen für Busfahrer

Die Fahrerlaubnis ist doch genauso wichtig für den Busfahrer, wie das Mehl für den Bäcker - ohne geht es nicht.
Warum wird der gesundheitsbedingte Verlust der Fahrerlaubnis anders behandelt als der gesundheitsbedingte Verlust der Toleranz gegenüber Mehlstaub?

  • zu 1: Was heißt "passiert sehr schnell"? Die Fahrerlaubnis muss nach obligatorischen 5 Jahren verlängert und eine Eignungsuntersuchung bestanden werden.  Darüber gibt es ein Gutachten. Kommt das Gutachten zum Schluss, dass man nicht fahrtauglich ist, entzieht die Fahrerlaubnisbehörde den Führerschein. So ganz einfach ist das also nicht und es stellt sich die Frage, wie oft das tatsächlich vorkommt.
  • zu 2: Woher kommt nun der Schluss, die BU zahle nicht? Weist der Busfahrer seine BU nach, zahlt der Versicherer. Nur eben nicht auf Zuruf. Es reicht kein Attest, kein Befund, kein Nachweis über den entzogenen Führerschein. Ein BU-Leistungsfall ist so gut wie immer mit einem komplexen Prüfvorgang *) verbunden.
  • zu 3: Wozu auch, um die BU noch teurer für sie zu machen?
  • zur letzten Frage: Das liegt an der Definition einer Berufsunfähigkeit laut VVG. Der Grund, warum die Fahrerlaubnis entzogen wird, geht aus dem Bescheid eventuell nicht hrervor und kann auch andere Gründe (Alkohol, Drogen) haben. Die maßgebliche Erkrankung könnte vom Versicherungssschutz ausgeschlossen sein. Dass man einen Busführerschein hat, besagt nicht, dass das auch der zuletzt ausgeübte Beruf ist; wenn der Busfahrer selbstständig ist, kann eine Umorganisation zu prüfen sein ... usw.. Auch der Bäcker bekommt nicht einfach seine BU-Rente, wenn er einen positiven Allergietest zu Mehlstaub vorlegt.

Busfahrer haben in Hinsicht auf eine BU also keinen dreifachen Nachteil. Aber den, einen Beruf auszuüben, in dem man (vermutlich eher wegen Erkrankungen des Bewegungsapparates) ein überdurchschnittliches BU-Risiko hat, was sich im Preis widerspiegelt.

 

*) Noch kurz zum Prüfvorgang: Er ist tatsächlich komplex. Aber es gibt ein Kern-Prinzip, das man sich merken kann.

  1. Was war der zuletzt ausgeübte Beruf, welche Tätigkeiten wurden in welchem Umfang ausgeübt?
  2. Welche gesundheitlichen Einschränkungen sind aufgetreten?
  3. Wie wirken sich diese gesundheitlichen Einschränkungen auf den zuletzt ausgeübten Beruf aus?
  4. Führen diese Einschränkungen dazu, dass man seinen zuletzt ausgeübten Beruf zu mindestens 50% nicht mehr so ausüben kann, wie zu dem Zeitpunkt, als die Einschränkungen noch nicht bestanden?

Alles sehr verkürzt, aber darum geht es im Kern. Und nicht vergessen: Der Versicherte muss die entsprechenden Nachweise bringen.

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