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geldvermehrer

Ist der Aktienmarkt phasenweise irrational?

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Glory_Days
· bearbeitet von Glory_Days
vor 3 Stunden von etherial:

Und das abstrakte Gedächtnis ist sehr einfach erklärt.

 

Rendite(t) = d(Rendite(t-1))+Zufall

Dann reden wir von unterschiedlichen Dingen. In der Mathematik bezeichnet man deterministische Gleichungen ohne Gedächtnis als solche, bei denen der zukünftige Zustand einer Variablen alleine durch den aktuellen Zustand bestimmt ist. Bei deterministischen Gleichungen mit Gedächtnis hängt der zukünftige Zustand der Variablen wiederum auch von vorherigen Zuständen ab und nicht nur vom aktuellen.

Wenn man das ganze auf eine stochastische Beschreibung überträgt, wäre das in deiner Notation:

Zitat

Ohne Gedächtnis: Rendite(t+1) = d(Rendite(t)) + Zufall

Mit Gedächtnis: Rendite(t+1) = d(f(Rendite(t), Rendite(t-1), ..., Rendite(t-n)) + Zufall

Zitat

Vielmehr davon, dass Beck (nicht ich) eine deterministische Komponente erwartet und dass diese nicht ein simpler Erwartungswert ist (um die sich die Renditen gruppieren) sondern dass diese wo anders liegt, als beim Erwartungswert.

Das ist deine Interpretation des von Beck Gesagten. Aus meiner Sicht sagt er im Video nur, dass aus seiner Sicht keine Unabhängigkeit zwischen Renditen verschiedener Perioden vorliegt. Auch ohne Gedächtnis könnte es in einer mathematischen Beschreibung deterministische Terme geben (z.B. Potenzial oder Drift-Term), von daher sehe ich den von dir hergestellten Zusammenhang nicht.

vor 3 Stunden von etherial:

Sie hat aber nichts mit dem Gedächtnis der Marktteilnehmer zu tun.

Aus meiner Sicht schon, da die einzige praktische Erklärung, die einen Zusammenhang mit vergangenen Renditen in der mathematischen Gleichung rechtfertigen würde, das Wissen der Marktteilnehmer über vergangene Renditen ist. Ansonsten würe im realen System kein Zusammenhang zwischen Vergangenheit und Zukunft bestehen und das System wäre immer Gedächtnis-frei.

vor 3 Stunden von etherial:

Wenn es in Zukunft eine Krise (Schwarzer Freitag, Dotcom, Finanz, Corona), dann werden sich die Marktteilnehmer die Folgen der letzten Vergleichbaren Krisen im Kopf behalten. Wenn irgendwelche Ineffizienzen entstanden sind, weil die Krise zum Zeitpunkt des Eintretens neu (und vorher ungewiss war), dann sind diese Ineffizienzen bei einer Vergleichbaren Krise heute nicht mehr vorhanden. Und zwar weil die rationalen Teilnehmer schon viel früher auf die Warnzeichen achten und die Kurse schon viel früher antizipieren. Die Krise wird dann womöglich immer noch da sein, aber die Ineffizienzen nicht.

Genau dieser Punkt wäre aus meiner Sicht die implizite Rechtfertigung für die Annahme von Memory in der mathematischen Modellierung (die nur dann einsichtsreich wäre, wenn wir die Ungewissheit ausschalten könnten).

vor 3 Stunden von etherial:

Im Übrigen ist die schwache Markteffizienz "Die schwache Form der EMH nimmt an, dass alle historischen Preisverläufe eingepreist sind" (Wikipedia) nichts anderes als die Aussage, dass der Markt ein Gedächtnis hat. Ohne könnte er die Vergangenheits nicht einpreisen.

Ich denke auch, dass sich die Art wie der Markt Informationen bewertet vor dem Hintergrund der Vergangenheit gesehen werden muss und es damit mit zunehmender Zeit zu einer Steigerung der Effizienz kommt.

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geldvermehrer
Am 13.7.2024 um 23:27 von Glory_Days:

Aber natürlich meint er implizit damit schon das Gedächtnis der Marktteilnehmer, die die vergangenen Marktzustände in ihre Entscheidungen einfließen lassen. Das hilft uns alles aber wenig, da wir nicht wissen, wie diese Form von Memory auf die heute noch ungewissen zukünftigen Informationen wirken bzw. angewendet wird. Es ist nur eine formal-mathematische Form der Beschreibung ohne tiefere Einsicht. Niemand würde diese qualitative Form der Beschreibung in Abrede stellen - aber dadurch, dass es keine explizite Beschreibung gibt, hilft uns das für Anlageentscheidungen unter Ungewissheit wenig.

Andreas Beck unterscheidet das Risiko bzw. die Chance nach stärkeren Einbrüchen bei Einzelwerten (hier nimmt das Risko zu) und einem weltweit diversifizierten Aktien-ETF (hier nimmt das Risiko ab). Mehr Rendite ist nur mit mehr Risiko erwartbar, gilt im letzteren Fall also nicht, wenn ich ihn richtig verstanden habe. Aber von einer Verteilungsfunktion etc. hat Andreas Beck nichts gesagt, vielleicht können wir die weg lassen, wird sonst für einige glaube ich zu kompliziert:wacko:

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Glory_Days
· bearbeitet von Glory_Days
vor einer Stunde von geldvermehrer:

Andreas Beck unterscheidet das Risiko bzw. die Chance nach stärkeren Einbrüchen bei Einzelwerten (hier nimmt das Risko zu) und einem weltweit diversifizierten Aktien-ETF (hier nimmt das Risiko ab). Mehr Rendite ist nur mit mehr Risiko erwartbar, gilt im letzteren Fall also nicht, wenn ich ihn richtig verstanden habe.

Stärkere Einbrüche kommen durch neue Informationen und eine veränderte Einschätzung des Marktes zu Stande. In diesen Phasen besteht typischerweise eine erhöhte Ungewissheit und das Risiko nimmt demzufolge zu (bzw. die Marktteilnehmer verlangen höhere Risikoprämien für die Übernahme des gestiegenen Risikos der Ungewissheit). Das trifft sowohl für Einzelwerte als auch breit diversifizierte Aktien-ETFs zu - allerdings ist das absolute Risikoniveau natürlich von vornherein nicht das gleiche. Mehr Risiko sorgt nicht notwendigerweise für eine höhere Renditeerwartung.

vor einer Stunde von geldvermehrer:

Aber von einer Verteilungsfunktion etc. hat Andreas Beck nichts gesagt, vielleicht können wir die weg lassen, wird sonst für einige glaube ich zu kompliziert:wacko:

Vielleicht muss man diesen abstrakten Begriff einmal anschaulich machen. Die aus meiner Sicht für einzelne Anleger relevante Verteilung von Renditen wird z.B. bei backtest.curvo angezeigt (siehe den Abschnitt "Histogramm der monatlichen Renditen"). Anstatt die Anzahl der Monate für ein bestimmtes Rendite-Intervall könnte man in diesen Diagrammen auch die relativen Häufigkeiten (=Anzahl der Monate / Gesamtzahl aller Monate) auf der Y-Achse auftragen. In stationären Systemen (=zeitunabhängige Wahrscheinlichkeitsverteilung) würden diese relativen Häufigkeiten gemäß dem Gesetz großer Zahlen für eine hinreichende Anzahl an Monaten gegen die Wahrscheinlichkeiten konvergieren. Der funktionale Zusammenhang, der diese Wahrscheinlichkeiten wiedergibt, wird als Verteilungsfunktion bezeichnet.

 

grafik.png.cb3b0d7745fcc2d1ebaffe4f1f8449ca.png

 

Wie man hier sieht, sieht alles auf den ersten Blick sehr ähnlich aus. Der entscheidende Unterschied ist an den Rändern zu suchen. Die Tail Risks (und Chancen) sind sehr wichtig für das Ergebnis.

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etherial
vor 17 Stunden von Glory_Days:

Das ist deine Interpretation des von Beck Gesagten.

Leider ist es meine Interpretation von @geldvermehrers Gesagtem. Zumindest ich habe das Zitat "Die Börse hätte im Gegensatz zum Würfel ein Gedächtnis" nie gehört. Mea culpa.

 

Dass eine Renditefunktion mit (matheamtischem) Gedächtnis nichts mit dem (biologischen/psychologischen) Gedächtnis der Marktteilnehmer zu tun haben muss stimmt trotzdem. Es gilt nicht "Je besser der Markt sich erinnern kann, desto weniger zufällig ist die Rendite" sondern "Je besser der Markt sich erinnern kann, desto zufälliger ist die Rendite".

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geldvermehrer

Danke euch, mit der Verteilungsfunktion ist interessant:thumbsup:

.....Natürlich hat die Börse ein Gedächtnis und Shiller hat den Nobelpreis dafür bekommen, dass er das gezeigt hat... war die Aussage von Andreas Beck in dem Video (für alle die das Video nicht ansehen möchten).

Seiner Meinung nach ist das Risiko, dass es nochmal 20% nach unten geht, nachdem die "Welt-AG" bereits um 20% gefallen ist, NICHT identisch wie vor dem Einbruch...

 

Das ist schon eine starke Ansage von Andreas Beck und steht aus meiner Sicht NICHT im Einklang mit der herrschenden Meinung im WPF.

(Im Casino beim Würfeln bleibt die Wahrscheinlichkeit für Rot bzw. Schwarz IMMER gleich, auch nach 10 mal hintereinander Rot bzw. Schwarz, das dürfte ich denke ich unzweifelhaft sein, dass der Würfel KEIN Gedächtnis hat).

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Glory_Days
· bearbeitet von Glory_Days
vor 5 Stunden von etherial:

Leider ist es meine Interpretation von @geldvermehrers Gesagtem. Zumindest ich habe das Zitat "Die Börse hätte im Gegensatz zum Würfel ein Gedächtnis" nie gehört. Mea culpa.

Achso verstehe, kein Thema. Das war mein Problem, dass ich das nicht zuordnen konnte. War dieses Zitat hier dann:

Am 13.7.2024 um 16:57 von geldvermehrer:

Im Gegensatz zum Würfel hat die Börse natürlich ein Gedächtnis, zumindest laut Andreas Beck (Zeitstempel bei ca. 2 Stunden und 21 Minuten)

vor 5 Stunden von etherial:

Dass eine Renditefunktion mit (matheamtischem) Gedächtnis nichts mit dem (biologischen/psychologischen) Gedächtnis der Marktteilnehmer zu tun haben muss stimmt trotzdem. Es gilt nicht "Je besser der Markt sich erinnern kann, desto weniger zufällig ist die Rendite" sondern "Je besser der Markt sich erinnern kann, desto zufälliger ist die Rendite".

Ich sehe die Tatsache, dass sich Marktteilnehmer an die Vergangenheit erinnern können, eben als das Bindeglied an, das den mathematischen Term in seiner Existenz rechtfertigt. Das ist eine deutlich schwächere Aussage, als zu behaupten, man könne aufgrunddessen die genaue Form des mathematischen Gedächtnis vorhersagen. Dem würde ich deutlichst widersprechen. Ich stimme zu, dass eine bessere Einordnung neuer Informationen ob der Vergangenheit für eine Veränderung der Art der Informationsverarbeitung sorgt. Wenn man sich aus der von dir genannten Fehler-Perspektive nähert, würde man von einer höheren Effizienz (im Sinne einer besseren Informationsverarbeitung) ausgehen. Ob das die zukünftige Rendite dann wirklich "zufälliger" macht (seltsames Wort - entweder ist etwas zufällig oder nicht), weiß ich nicht, da auch so die Art der Informationsverarbeitung unbekannt wäre und zukünftige Renditen damit aus ex-ante Sicht als zufällig erschienen.

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Glory_Days
· bearbeitet von Glory_Days
vor 2 Stunden von geldvermehrer:

Danke euch, mit der Verteilungsfunktion ist interessant:thumbsup:

Zitat

In return space, the most important thing in returns is the tails of the distribution of returns. The Idea that you could lose a lot of money, or you can miss an opportunity to make a lot of money in your performance of your portfolio and how that compounds over time.

— Myron S. Scholes: In Pursuit of the Perfect Portfolio

vor 2 Stunden von geldvermehrer:

Natürlich hat die Börse ein Gedächtnis und Shiller hat den Nobelpreis dafür bekommen, dass er das gezeigt hat... war die Aussage von Andreas Beck in dem Video (für alle die das Video nicht ansehen möchten).

Zitat

Robert Shiller shows that Cyclically Adjusted Price to Earnings Ratio (CAPE) is strongly associated with future long‐term stock returns.

vor 2 Stunden von geldvermehrer:

Seiner Meinung nach ist das Risiko, dass es nochmal 20% nach unten geht, nachdem die "Welt-AG" bereits um 20% gefallen ist, NICHT identisch wie vor dem Einbruch...

Das ist eine Behauptung ohne Beweis. Übrigens ist ein 20% Drawdown nach einem 20% Drawdown ohnehin etwas anderes als der erste 20% Drawdown. Vom ursprünglichen Ausgangsniveau her gesehen ist der zweite 20% Drawdown nur noch ein 16% Drawdown.

vor 2 Stunden von geldvermehrer:

Das ist schon eine starke Ansage von Andreas Beck und steht aus meiner Sicht NICHT im Einklang mit der herrschenden Meinung im WPF.

(Im Casino beim Würfeln bleibt die Wahrscheinlichkeit für Rot bzw. Schwarz IMMER gleich, auch nach 10 mal hintereinander Rot bzw. Schwarz, das dürfte ich denke ich unzweifelhaft sein, dass der Würfel KEIN Gedächtnis hat).

Nach der Logik dürfte es irgendwann de facto keine Einbrüche mehr geben, da der Markt in der Vergangenheit gelernt haben müsste, dass Einbrüche immer nur rein temporär waren, ehe sich der Markt dann wieder zu neuen Höchsständen aufgeschwungen hat. Eine solche Sichtweise halte ich für riskant, und sie ist auch nicht beweisbar. Berechnungen wie meine oben präsentierte für die Kovarianz direkt aufeinander folgender Jahresrenditen sind zwar ebenfalls kein Beweis, deuten aber zumindest in die Richtung, dass dem nicht der Fall ist.

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