mmusterm August 11, 2023 Im Jahr 2022 wurden im Einkommensteuerbescheid sowohl Einkünfte aus Kapitalvermögen § 32d Abs.1 als auch nicht ausgleichsfähige Verluste aus der Veräußerung von Aktien bescheinigt und - laut aktueller Gesetzeslage - nicht verrechnet. Dafür wurde aber ein Feststellungsbescheid des verbleibenden Verlustvortrags erteilt. Im ESt-Bescheid steht: Die Festsetzung ... ist gem. §165 Abs.1 Satz2 Nr 3 AO vorläufig hinsichtlich ... - der Verlustverrechnungsbeschränkung für Aktienveräußerungsverluste nach §20 Abs.6 Satz 4 EStG. Ich vermute, dass die Vorläufigkeit von der beim BVerfG anhängigen Klage vom 17.11.2020 kommt. Meine Fragen: a) Muss ich noch irgendetwas tun, um im Falle einer positiven Entscheidung des BVerfG davon zu "profitieren"? b) Wird das FA bei einer positiven Entscheidung den Bescheid "automatisch" abändern? c) Wann ist denn - Blick in die Kristallkugel - erfährungsgemäß mit einer Entscheidung zu rechnen? Max. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
MeinNameIstHase August 13, 2023 · bearbeitet August 13, 2023 von MeinNameIstHase Max, zu a) du brauchst nichts tun. In einem BMF-Schreiben wurde geregelt, dass alle Fälle wegen der Gerichtsvorlage "vorläufig" zu bescheiden sind. zu b) ja, wenn das Urteil die Nichtigkeit feststellt, weil "vorläufig" = "offen und von Amts wegen dann zu ändern" ist. Ansonsten wird die Vorläufigkeit aufgehoben. zu c) Bis 3 Jahre nach Gerichtsvorlage ist normal, auch 4 Jahre ... Es besteht da keine Eilbedürftigkeit. Der Paragraf existiert seit 2009 und bis zum BFH hat es schon 11 Jahre gedauert. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Hamster92 August 13, 2023 Mir wäre eigentlich ganz recht, wenn die alten Steuerbescheide nicht geändert werden. Ansonsten wäre es für mich steuernachteilig. Ich hatte jahrelanfg einen größeren Aktienverlustvortrag (beim Finanzamt), den ich letztes Jahr durch Veräußerung eines größeren Gewinns komplett auflösen konnte. Wenn die jetzt sozusagen den Verlustvortrag mit meinen ganzen Gewinnen der letzten Jahre neu verrechnen, ist nicht nur der Freibetrag aus diesen Jahren futsch, sondern ich müsste den Aktiengewinn von letztem Jahr sogar noch nachträglich versteuern. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
MeinNameIstHase August 14, 2023 · bearbeitet August 14, 2023 von MeinNameIstHase vor 14 Stunden von Hamster92: Mir wäre eigentlich ganz recht, wenn die alten Steuerbescheide nicht geändert werden. Ansonsten wäre es für mich steuernachteilig. Dann lege Einspruch ein und beantrage die Aufhebung der Vorläufigkeit. Deine "Beschwer" musst du aber begründen, dass du Steuern sparen kannst, wenn der Verlust nicht verrechnet wird (falls das BVerfG die Nichtigkeit der Verrechnungsbeschränkung feststellt). Selbst wenn die Einspruchsfrist abgelaufen ist, kannst du immer noch einen Antrag nach § 165 Absatz 2 Satz AO stellen: In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 muss eine vorläufige Steuerfestsetzung nach Satz 2 nur auf Antrag des Steuerpflichtigen für endgültig erklärt werden, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist. Geht aber nur solange, solange das Verrechnungsverbot "gültiges" Recht ist. Also solange das BVerfG das noch nicht für nichtig erklärt hat. Ansonsten würdest du eine Steuerfestsetzung beantragen, die gerade nicht gültiges Recht ist, was dann abgelehnt würde, weil materiell falsch. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Hamster92 August 17, 2023 Am 14.8.2023 um 13:04 von MeinNameIstHase: In den Fällen des Absatzes 1 Satz 2 muss eine vorläufige Steuerfestsetzung nach Satz 2 nur auf Antrag des Steuerpflichtigen für endgültig erklärt werden, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist. So richtig verstehe ich den Satz nicht. Was bedeutet wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist? Und was ist mit den Steuerbescheiden von vor 2022, in denen der Vermerk der Vorläufigkeit fehlt? Darf das Finanzamt die anfassen oder sind die, egal wie das BVerfG urteilt, nun endgültig? Okay, in dem BMF-Schreiben hier steht Folgendes: „Der Vorläufigkeitsvermerk gemäß Nummer 4 ist sämtlichen Einkommensteuerfestsetzungen für Veranlagungszeiträume ab 2009 beizufügen, zu denen ein Verlust aus Kapitalvermögen im Sinne des § 20 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 Satz 1 EStG, der aus der Veräußerung von Aktien entstanden ist, nach § 20 Absatz 6 Satz 3 i. V. m. § 10d Absatz 4 EStG festgestellt wird, weil ein Ausgleich mit anderen Einkünften aus Kapitalvermögen nach § 20 Absatz 6 Satz 4 EStG (§ 20 Absatz 6 Satz 5 EStG a.F.) nicht möglich ist.“ Das heißt dann wohl, dass er auf alle Steuerbescheide seit 2009 angewendet wird, auch wenn es nicht explizit drauf steht? Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
fgk August 17, 2023 Am 13.8.2023 um 23:15 von Hamster92: Mir wäre eigentlich ganz recht, wenn die alten Steuerbescheide nicht geändert werden. Ansonsten wäre es für mich steuernachteilig. Wie kann denn das sein? Wenn aktuell kein Verlustvortrag besteht, ändert sich das durch die dann korrigierte Berechnung doch nicht? Dadurch, daß die Verluste früher verrechnet werden, fällt der Verlustvortrag ja nicht weg, sondern verschiebt sich nur nach vorne. Ist der Verlustvortrag in beiden Fällen vollständig verbraucht, gleicht sich das bei gleichbleibendem Steuersatz doch aus. Tendenziell wäre es sogar leicht vorteilhaft, wenn der Verlust schneller abgetragen werden kann, da dann möglicherweise weniger Sparerpauschbetrag verfällt. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Hamster92 August 17, 2023 · bearbeitet August 17, 2023 von Hamster92 vor 40 Minuten von fgk: Wie kann denn das sein? Wenn aktuell kein Verlustvortrag besteht, ändert sich das durch die dann korrigierte Berechnung doch nicht? Beispiel: - Aktienverlustvortrag (beim Finanzamt) besteht seit 2017 in Höhe von 900 Euro. Aus Unwissenheit wurde damals eine Verlustbescheinigung beantragt. - 2018-2021 wurde jeweils eine Anlage KAP abgegeben, da sonstige Kapitalerträge im Ausland erzielt wurden. Die Kapitalerträge betrugen pro Jahr weniger als 801 Euro, aber im Durchschnitt 300 Euro. Diese durften ja nicht mit Aktienverlusten verrechnet werden, also wurde der Pauschbetrag genutzt, also keine Steuerlast in diesen Jahren. - 2022 wurde ein großer Aktiengewinn realisiert (mehr als 900 Euro), zusätzlich wurden sonstige Kapitalerträge realisiert in Höhe von 501 Euro. Unterjährig wurden also Steuern in Höhe von (1401-801 * 0,25) 150 Euro bezahlt. (Im Beispiel lasse ich mal den Soli weg). - In der Steuererklärung für 2022 gebe ich den Aktiengewinn in Höhe von 900 Euro an, das Finanzamt verrechnet die mit dem bestehenden Verlustvortrag und ich erhalte eine Steuererstattung. Wenn jetzt die Aktienverluste aber rückwirkend mit den sonstigen Kapitalerträgen von 2018-2021 verrechnet werden, dann zehren diese den Verlustvortrag komplett auf. Dann bezahle ich 2018-2021 zwar immer noch keine Steuern, aber der Pauschbetrag verfällt für diese Jahre ungenutzt und vor allem bekomme ich 2022 nicht die Rückerstattung für den Aktiengewinn (weil ja der Verlustvortrag dann weg ist). Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
MeinNameIstHase August 20, 2023 Am 17.8.2023 um 21:06 von Hamster92: So richtig verstehe ich den Satz nicht. Was bedeutet wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist? Die Vorläufigkeit ist z.B. aufzuheben, wenn das Gericht im Urteil die Rechtslage bestätigt und sich nichts ändert. Von Amts wegen ist zu ändern, wenn das Gericht die Rechtslage ändert. Dann kann das FA nicht mehr "unverändert" auf Antrag alles beim Alten lassen. Kurz: Nach dem Urteil kommt der Antrag zu spät. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Hamster92 August 20, 2023 vor 7 Minuten von MeinNameIstHase: Die Vorläufigkeit ist z.B. aufzuheben, wenn das Gericht im Urteil die Rechtslage bestätigt und sich nichts ändert. Von Amts wegen ist zu ändern, wenn das Gericht die Rechtslage ändert. Dann kann das FA nicht mehr "unverändert" auf Antrag alles beim Alten lassen. Kurz: Nach dem Urteil kommt der Antrag zu spät. Danke, ich glaube jetzt verstehe ich es. Steuergesetze sind doch echt so kompliziert wie möglich geschrieben. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag