Umwandlung AG & Co KGaA in echte AG

[ImperatoM]

Hier mal eine echte Expertenfrage anlässlich folgender Meldung:

 

https://www.finanznachrichten.de/nachrichten-2022-10/57307298-eqs-news-procredit-holding-ag-co-kgaa-procredit-holding-strebt-umwandlung-in-aktiengesellschaft-an-022.htm

 

Hat jemand Erfahrung mit einer solchen Umwandlung oder kennt theoretische Hintergründe? Mich würden mögliche Motive und Konsequenzen interessieren. Zunächst einmal wirkt eine solche Umwandlung ja rein nachteilig für die Komplementärin (Verlust ihrer Sonderrechte) und vorteilhaft für die Aktionäre, insbesondere auch weil die Haftung der Komplementärin in diesem Fall wegen ihres geringen Eigenkapitals bislang keinen echten Gegenwert für die Aktionäre dargestellt hat und man daher eigentlich nur die Nachteile der KGaA-Konstruktion hatte.

 

Die Begründung in der Meldung liest sich erstmal schwammig:

Man wolle "die Unternehmensstruktur und die Kapitalmarktpräsenz der Gruppe kontinuierlich weiter stärken und gleichzeitig ihren Entwicklungsauftrag und die einzigartigen langfristigen Partnerschaften mit internationalen Finanzinstituten aufrechterhalten".

 

Ist das eine Umschreibung einer geplanten Kapitalerhöhung, für die es ohne die Umwandlung nicht genügend Bereitschaft bei den Großaktionären gäbe? Oder könnten gerade die internationalen, teils politisch getriebenen, Großaktionäre auch ohne KE erfolgreich darauf drängen, eine Umwandlung zu vollziehen? Und vor allem: Welches Interesse hat die Komplementärin, diese Umwandlung mitzutragen?

[Dudelinode]

vor 19 Stunden von ImperatoM:

...

 

Die Begründung in der Meldung liest sich erstmal schwammig:

Man wolle "die Unternehmensstruktur und die Kapitalmarktpräsenz der Gruppe kontinuierlich weiter stärken und gleichzeitig ihren Entwicklungsauftrag und die einzigartigen langfristigen Partnerschaften mit internationalen Finanzinstituten aufrechterhalten".

 

Ist das eine Umschreibung einer geplanten Kapitalerhöhung, für die es ohne die Umwandlung nicht genügend Bereitschaft bei den Großaktionären gäbe? Oder könnten gerade die internationalen, teils politisch getriebenen, Großaktionäre auch ohne KE erfolgreich darauf drängen, eine Umwandlung zu vollziehen? Und vor allem: Welches Interesse hat die Komplementärin, diese Umwandlung mitzutragen?

Vorab, ich kenne des Unternehmen und die Strukturen nicht. 

 

1. Ist das eine Umschreibung einer geplanten Kapitalerhöhung, für die es ohne die Umwandlung nicht genügend Bereitschaft bei den Großaktionären gäbe? 

Ja, das liest sich so. Kapitalmarkt könne natürlich auch Bond etc. bedeuten. Bedenke auch, dass es hier Vorstufen sowohl auf EK und FK-Seite geben könnte im Rahmen von größeren Privat Placements.

2. Oder könnten gerade die internationalen, teils politisch getriebenen, Großaktionäre auch ohne KE erfolgreich darauf drängen, eine Umwandlung zu vollziehen?

Es ist keine Standardstruktur aktuell, daher könnte das Unternehmen als auch Bestandsaktionäre hier auch Eigenintereses haben dies zu vereinfachen. Was nicht plain vanilla ist kann immer ein Grund für ein "Nein" sein und mit einem Discount belegt werden. Doof, gerade im aktuellen Marktumfeld falls man Kapital sucht oder einen Exit oder Teilexit anstrebt.

 

3. Und vor allem: Welches Interesse hat die Komplementärin, diese Umwandlung mitzutragen?

Kenne die Struktur nicht, aber hat die Komplementärin hier wirklich eine Wahl? Wie sind die Entscheider in dieser strukturiert und vor allem insentiviert? Wer entscheidet über die Besetzung der jeweiligen Legal Entity Gremien?

 

 

Ich interpretiere frei:

a) neue, externe (internationale) Gelder sollen her

b) die aktuelle Struktur ist hierfür eine Nachteil da kein Standard

c) dieses Strukturthema soll gelöst werden (weil eine Bank, Advisor oder das Management die Zielerreichung von "a)" dann als wahrscheinlicher einstufen)

 

 

[Ramstein]

KG aA: Aktionäre der KG haben kein Mitspracherecht, keinen Hoffnung auf Gewinn durch Übernahme,  und anders als bei den Preferred Shares keine garantierte Rendite. Ich kaufe sowas nicht (auch nicht Merck KG aA).

 

PS:  Die neue Dr. Ing. h.c. F. Porsche AG Aktie ist ein ähnlich aktionärsfeindliches Konstrukt.

[chirlu]

vor 28 Minuten von Ramstein:

Aktionäre der KG haben kein Mitspracherecht, keinen Hoffnung auf Gewinn durch Übernahme

 

Auch nicht weniger als bei einer AG mit Mehrheitsaktionär.

[ImperatoM]

Danke für die Einschätzung, vor allem @Dudelinode. Die Gedanken passen ja ganz gut zu meinen Überlegungen. Ich bin gespannt, was die nächsten Monate da bewegen werden. Grundsätzlich scheint die Umwandlung für sich betrachtet ja erstmal eine gute Sache für die Aktionäre zu sein, nun schauen wir mal, von welchen Kapitalmaßnahmen oder Emissionen sie begleitet werden wird.

[Laser12]

Moin,

 

es gibt einmal das Problem der Beschneidung von Aktionsrechten.

 

Viel schlimmer ist: Internationale Investoren verstehen deutsche Sonderlocken häufig nicht. Daher fallen sie als Geldgeber faktisch aus.

 

Das "beste", was mir mal begegnet ist, war eine börsennotierte Stifung und Co. oHG von Cewe Color.

[Big Harry]

Am 22.10.2022 um 11:08 von Dudelinode:

3. Und vor allem: Welches Interesse hat die Komplementärin, diese Umwandlung mitzutragen?

Wenn ich es richtig gesehen habe, sind die Hauptaktionäre auch gleichzeitig die Gesellschafter der Komplementärin.

 

Eine andere Argumentationsweise, die aber aufs selbe hinausläuft:

Wenn ich den Schuh umdrehe und mich frage, warum man umgekehrt aus einer AG eine KGaA macht, dann so gut wie immer, damit die Hauptaktionäre einen stärkeren Einfluss auf die Geschäftsentwicklung nehmen können. Offenbar ist dies bei Procredit nicht mehr nötig.

Aus diesem Zusammenhang heraus, ist es vielleicht auch denkbar, dass einer der "politischen" Aktionäre (IWF, KfW) einen (Teil-) Ausstieg plant und sich bei einer AG aus bereits genannten Gründen leichter Investoren finden lassen?

[bondholder]

Am 25.10.2022 um 08:00 von Big Harry:

Aus diesem Zusammenhang heraus, ist es vielleicht auch denkbar, dass einer der "politischen" Aktionäre (IWF, KfW) einen (Teil-) Ausstieg plant und sich bei einer AG aus bereits genannten Gründen leichter Investoren finden lassen?

Ich vermute eher, dass in Folge des Ukrainekriegs eine Kapitalerhöhung notwendig ist.

 

Die Bedingungen der betreffenden Schuldtitel der Gesellschaft geben den jeweiligen Gläubigern u.a. das Recht, (i) bei Zahlungsverzug der Joint Stock Company “ProCredit Bank”, Ukraine (“ProCredit Bank Ukraine”), einer Tochtergesellschaft der Gesellschaft, mit Verbindlichkeiten oberhalb bestimmter Schwellenwerte, oder (ii) in der Insolvenz oder ähnlicher Ereignisse in Bezug auf ProCredit Ukraine die vorzeitige Rückzahlung der jeweiligen Finanzierungen zu verlangen.

Fremdkapitalgeber der ProCredit Holding AG & Co. KGaA stimmen Änderungen an den Bedingungen von Schuldtiteln zu

[ImperatoM]

Danke auch für die weiteren Antworten und die zusätzlichen möglichen Motive!

 

Offenbar seht ihr es auch so, dass für die (einfachen) Aktionäre eigentlich nur Vorteile entstehen durch die Umwandlung (abgesehen von möglichen Nachteilen durch die Motive, wie bspw einer KE)?

[bondholder]

vor 2 Stunden von ImperatoM:

Offenbar seht ihr es auch so, dass für die (einfachen) Aktionäre eigentlich nur Vorteile entstehen durch die Umwandlung

Ja – die aktuelle Konstruktion AG & Co KGaA wurde gerade gewählt, um die Machtposition der normalen Aktionäre einzuschränken.

[bondholder]

Frankfurt am Main, 27. September 2023
ProCredit Holding AG: Umwandlung der Gesellschaftsform in eine Aktiengesellschaft erfolgreich abgeschlossen