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wertomat

Das Buch "Der Bitcoin-Standard", Zentralbankpolitik und Keynesianismus.

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wertomat

 

Hallo, 

ich höre gerade das Buch „Der Bitcoin Standard“.

Dieses Buch wurde mir mehrfach als eines der besten Krypto-Bücher empfohlen, gerade auch mit dem Argument, dass es über BTC hinaus einen Einblick in die Geschichte des Geldes liefert.

Ich habe jetzt erst den ersten Teil durchgehört, aber habe mal ein paar Fragen:

 

Vorweg:

Ich selbst habe keine feste Meinung zu Währungspolitik, bin aber recht interessiert. Ich sehe die Steuerung der Wirtschaft durch Kreditvergabe nicht nur negativ - und habe den Eindruck, dass wir jetzt gerade im Zuge von Corona eine wirtschaftliche Entwicklung haben, die noch nicht zu Ende geschrieben ist - aber die deutlich positiver ausgehen könnte, als es ohne Interventionen passiert wäre 

Ich habe könnte geschrieben, weil es in meinen Augen noch offen ist - es kann auch noch ne riesen Inflation oder sonstwas kommen).

Ich habe keine feste Position, und möchte verstehen.

 

An diejenigen, die das Buch kennen:

Findet ihr auch, dass das Bashing gegen den Keynesianismus in diesem Buch recht plump daherkommt? 

Ist die Auseinandersetzung mit bzw. das Bashing gegen den Keynesianismus in dem Buch so plump wie es wahrnehme, oder habe ich da einfach nicht gut genug hingehört?

 

Und jetzt eine Frage bzw. Diskussion auch an die, die das Buch nicht gelesen oder gehört haben?

Einige Bitcoin Maximalisten haben ja die Vision, dass Zentralbankwährungen langfristig von Bitcoin ersetzt werden können, begründet mit dem in dem Buch genannten Bashing gegen den Keynesianismus und ihrer positiven Vision, dass dass dann Inflation und eingriffe des Staates in die Wirtschaft nicht mehr möglich wären.

 

Welche Möglichkeiten hätten Währungspolitik denn noch, wenn Zentralbank-Währungen durch BTC ersetzt würden?

Ist die Vision einer Bitcoin-Dominanz eine politsch ich sag mal „neoliberale“, im Gegensatz zur eher sozialdemokratischen keynesianistischen Idee?

 

Wäre Finanzpolitik wirklich so eingeschränkt? Okay, Sie könnten keine Geld mehr drucken.

Aber Sie könnten weiterhin in guten Zeiten BTC durch Steuern sammeln, und in schlechten Zeiten mit diesen die Wirtschaft ankurbeln, was meines Wissens nach Kern der keynesianischen Idee ist?

 

In manchen möglichen Entwicklungen könnten Zentralbanken sogar doch Geld bzw. „Bitcoins drucken“. z.B. wenn sie  die Rolle der wichtigsten Exchanges mittels Verbot anderer Exchanges übernehmen würden. 

Klar wissen wir (not your key not your Coins), aber viele Leute lassen ja heute schon große Werte auf Exchanges (und wir wissen nicht ob Exchanges nicht doch einges an „Coins selber drucken“, die eh bei ihnen liegen bleiben.)

Könnten Layer 2 Lösungen diese Möglichkeiten  noch weiter verstärken, wenn die Coins nicht permanent in Layer 1 rück-gespeichert werden???

 

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The Statistician
vor 14 Minuten von wertomat:

Welche Möglichkeiten hätten Währungspolitik denn noch, wenn Zentralbank-Währungen durch BTC ersetzt würden?

In dem von dir angesprochenen Buch wird die Intervention von Zentralbanken grundlegend kritisiert. Hier liegt die Meinung vor, dass Zentralbanken keinen Einfluss auf die Geldmenge und den Zins nehmen sollten. Der Zins soll sich ausgehend des Marktes entwickeln, nicht durch Zentralbanken in eine für richtig empfundene Richtung gelenkt werden. Daher stellt sich die Frage überhaupt nicht. Diese Argumentation passt ja auch ganz gut in die aktuelle Zeit, wo u.a. die EZB über 50% der emittierten Anleihen mancher Staaten hält und im Schnitt man insgesamt bei über 40% ist. 

vor 19 Minuten von wertomat:

In manchen möglichen Entwicklungen könnten Zentralbanken sogar doch Geld bzw. „Bitcoins drucken“. z.B. wenn sie  die Rolle der wichtigsten Exchanges mittels Verbot anderer Exchanges übernehmen würden. 

Nur wenn man lediglich einen Anspruch auf Bitcoins erhält und die Private Keys der betroffenen Bitcoins eine andere Person hat. Solange man die Private Keys besitzt, hat man stets die Kontrolle über die entsprechenden Bitcoins. Hat man diese nicht, sprich nur einen vermeintlich rechtlichen Anspruch auf Auszahlung o.Ä., kann man sich nie sicher sein. Aber klar kann man auch im Bitcoin-Kontext die Geldmenge beliebig erhöhen. Nur würde es die Verwendung von Bitcoin in einem solchen Szenario vollkommen redundant erscheinen lassen. 

vor 26 Minuten von wertomat:

An diejenigen, die das Buch kennen:

Findet ihr auch, dass das Bashing gegen den Keynesianismus in diesem Buch recht plump daherkommt?

Als plump würde ich es jetzt nicht bezeichnen. Es ist aber sehr kontrovers, da hier ein Standpunkt vertreten wird, der sich gegen den allgemein bekannten Konsens richtet. Man befindet sich hier ohnehin stets auf einer theoretischen Ebene, da es bis dato noch nie ein längerfristig deflationäres Währungssystem gab, in welchem die Währungshoheit zudem noch dezentral organisiert war.   

 

Für mich wäre bei dem Thema aber ohnehin die Art und Weise des Übergangs am interessantesten zu diskutieren. Denn die Währungshoheit wird man nicht freiwillig aus der Hand geben und erst bei einem massiven Vertrauensverlust dürften entsprechend starke Veränderungen wahrscheinlicher ausfallen. Teils kommen mir manche Gruppen bei diesem Thema sehr dogmatisch rüber und wenn ich mir manche Leute so anschaue, beschleicht mich das Gefühl, dass das ganze Thema das dotcom der heutigen Generation werden könnte. 

 

Abseits dessen fände ich es übrigens sehr ansprechend, wenn es einen separaten Thread zu der längerfristigen “Bitcoin-Vision” gäbe, sprich zum Bullencase vieler Bitcoin-Maximalisten mit Pro und Contra. Das Thema wird bereits in verschiedenen Threads immer wieder mal diskutiert und wäre daher etwas übersichtlicher, wenn es in einem Thread gebündelt wäre. Eigentlich wollte ich dazu mal in den kommenden Tagen einen Thread starten, aber jetzt könnte man auch diesen als Grundlage nutzen (ggf. Titel und initialen Post mit Infos ergänzen).

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wertomat
· bearbeitet von wertomat

Danke für Deine Anmerkungen:
Ich war gar nicht so sehr von der Position an sich überrascht, sondern davon, dass diese in meinen Augen in dem Buch recht polemisch vorgetragen wird (ich höre gerade weiter im Buch und hier wird ja selbst über Popmusik abgelästert weil die mit weichem Geld gemacht wurde anstatt mit hartem Geld wie die Musik von Bach) - und dass einige Leute, die ich eigentlich als "eher links" wahrnehme (wenn man mit traditionellen politischen Kategorien an dieser Stelle überhaupt was anfangen kann) das Buch empfehlen.

Dadurch kam bei mir die Frage, ob "Bitcoin Maximalismus" in der absoluten Konsequent immer auf eine anti-keynesianische Politik hinausläuft.

 

Ich für mich persönlich finde die Idee einer "Währung", auf die der Staat keinen Einfluss hat, super, da der Staat so weniger Einfluss auf mich als Individuum hat.
Allerdings hatte ich nie reflektiert, was das  über mich hinaus evt. für eine gesellschaftliche Bedeutung haben könnte.
Eine "Bitcoin-Vision" hatte ich nie.

Frohe Weihnachten übrigens.

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PKW
vor einer Stunde von wertomat:

Einige Bitcoin Maximalisten haben ja die Vision, dass Zentralbankwährungen langfristig von Bitcoin ersetzt werden können, begründet mit dem in dem Buch genannten Bashing gegen den Keynesianismus und ihrer positiven Vision, dass dass dann Inflation und eingriffe des Staates in die Wirtschaft nicht mehr möglich wären.

Welche Möglichkeiten hätten Währungspolitik denn noch, wenn Zentralbank-Währungen durch BTC ersetzt würden?

Eben deshalb werden mündige Staaten das nicht machen. Ich erinnere an die volkswirtschaftiche Definition der Inflation als Veränderung des Verhältnis von Geldmenge und BIP. Ziel der Notenbank sollte sein, die Geldmenge so zu steuern, dass es zum BIP "passt".
Selbst ich als privater Bitcoinhalter wollte BTC nicht als Zentralbankwährung, denn dann ist Bitcoin viel politischer und es wird passieren was 1933-74 mit dem Gold in den USA geworden ist. Nein kein Interesse meinerseits auf BTC-Verbot und co.
El Salvador ist kein Gegenbeispiel. El Salvador hat in den Nullerjahren bereits die eigene Währung aufgegeben und ist Sklave des Dollar geworden. Jetzt haben sie sich einen anderen/weiteren Herren gesucht. Die eigene Währung aufzugeben ist wie das Unterwerfungsverhalten eines rangniederen Wolfes, der sich vor seinem Anführer auf den Rücken wirft und die ungeschützte Kehle präsentiert. Sollte El Salvador funktionieren, dann werden vielleicht einige bankrotte Bananenrepubliken den BTC als letzten Strohhalm zu ergreifen versuchen. Solange das nur wenige Bananenrepubliken sind, werden die "Großen" das oberflächlich tolerieren, aber wenn es ans Eingemachte gehen sollte, dann wird man sehen, dass Flugzeugträger den Dollar schützen.

 

vor einer Stunde von wertomat:

Wäre Finanzpolitik wirklich so eingeschränkt? Okay, Sie könnten keine Geld mehr drucken.

Aber Sie könnten weiterhin in guten Zeiten BTC durch Steuern sammeln, und in schlechten Zeiten mit diesen die Wirtschaft ankurbeln, was meines Wissens nach Kern der keynesianischen Idee ist?

Du glaubst tatsächlich dass sich der Hund einen Wurstvorrat anlegt?
Das mag gut gemeint sein von dem Herrn Keynes, es funktioniert in der Praxis aber nicht. Ist wo ähnlich wie der Sozialismus, der ist theoretisch auch überlegen und hat praktisch noch noch in keinem Staat funktioniert.

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Chips
vor 3 Stunden von PKW:

Eben deshalb werden mündige Staaten das nicht machen. 

(Unsere)Staaten sind ja demokratisch legitimiert. Ich denke, wenn die breite Bevölkerung es bevorzugt, dass Bitcoin Währung würde, würde das auch kommen. Ich glaube und hoffe aber, dass dann Bitcoin auch in der Wissenschaft gut ankommen müsste. Davon sind wir noch weit weg. Das Mantra von “Deflation ist sehr schlimm“ müsste verschwinden. 

 

Ich denke, es hängt primär davon ab, wie sich Euro und Dollar in der Zukunft so schlagen (und das Finanzsystem wie zb. die Zinshöhe). Solange da nicht mächtig was schief geht, wird es Bitcoin schwer haben über den Status von einem Gold (Wertaufbewahrungsmittel) zu kommen. 

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The Statistician
vor 16 Stunden von Chips:

Solange da nicht mächtig was schief geht, wird es Bitcoin schwer haben über den Status von einem Gold (Wertaufbewahrungsmittel) zu kommen. 

Würde ich nicht einmal so sehen. Bei Bitcoin fehlt einfach noch eine längere Historie. Sollte sich Bitcoin über weitere Dekaden als werterhaltend beweisen, bräuchte es keinerlei extreme Probleme bei der Geldpolitik. Aber Bitcoin müsste sich aus meiner Sicht erst einmal in einem Szenario beweisen, wo Sicherheit längere Zeit gefragt ist. Wobei in manchen Ländern Bitcoin schon deutlich “akzeptierter” ist und verstärkt genutzt wird (z.B. Venezuela). Aber das wären dann auch Länder mit miserabler Währung. In den USA oder auch in der EU sind solche Situationen nach wie vor unwahrscheinlich. Und wenn es Richtung Geldpolitik geht, müsste es erst einmal wirklich eine Form der Krise geben, die das Vertrauen in die Zentralbanken nachhaltig schädigt.

vor 19 Stunden von PKW:

Ich erinnere an die volkswirtschaftiche Definition der Inflation als Veränderung des Verhältnis von Geldmenge und BIP.

Diese Definition von Inflation wird weder von der FED noch anderen Zentralbanken genutzt und kann schon lange als historisches Fragment angesehen werden.

Am 24.12.2021 um 13:27 von wertomat:

dass diese in meinen Augen in dem Buch recht polemisch vorgetragen wird (ich höre gerade weiter im Buch und hier wird ja selbst über Popmusik abgelästert weil die mit weichem Geld gemacht wurde anstatt mit hartem Geld wie die Musik von Bach)

Ja, in der Hinsicht gibt es an einigen Stellen deutliche Überspitzungen. Aber damit erreicht man eben viele Leute und bringt den Standpunkt deutlich rüber, ggf. ein Aspekt der zum Erfolg des Buches beigetragen hat.

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