Zum Inhalt springen
tanker

Mögliche Abschaffung der Kapitalertragssteuer- wie reagieren?

Empfohlene Beiträge

kleinerfisch
vor 11 Stunden von Dandy:

Kein Wunder, dass sich bei uns immer mehr Menschen mit gutem Gehalt dazu entscheiden weniger zu arbeiten, einfach, weil es sich für sie nicht rechnet sich von der restlichen Gesellschaft melken zu lassen.

Wie viele davon kennst Du selbst?

 

Ich kenne in meinen Kreisen zwei Sorten von Gutverdienern.

Die einen leben für die Arbeit, sie macht ihnen schlicht Spass. Und sie sind aus genau diesen Gründen auch gut in dem, was sie tun. Das sind die Leistungsträger.

Manche wolle inzwischen aufhören, weil sie merken, dass der Körper nicht mehr so mitmacht, denn weniger als 150% können sie gar nicht (und geht in den Jobs meist auch nicht). Über zu hohe Steuern beklagt sich diese Gruppe nie, höchstens über zu hohe Belastung.

Die anderen haben irgendeinen Führungsposten im öffentlichen oder privaten Verwaltungsbereich. Wenn die überhaupt mal über die Arbeit reden, dann über Möglichkeiten der Frühverrentung oder Erwerbsminderungsrenten. Sie verdienen ähnlich gut wie die erste Gruppe, sind aber wahrhaftig keine Leistungsträger.

Wenn die weniger arbeiten würden, wäre die Gesellschaft besser dran.

 

M.a.W. ich kenne dieses Argument, aber mir fehlt der empirische Nachweis in meiner zugegeben statistisch unbedeutenden Peergroup.

Es kommt aus der Mikroökonomie, die Arbeit als Leid und das Geld dafür als Kompensation für dieses Leid begreift. Dann folgt natürlich logisch, dass viel Arbeit auch viel Leid erzeugt und mit viel Geld kompensiert werden muss. Da "Geld" aus der Sicht der Arbeitenden das Nettoeinkommen ist, sind höhere Steuern dann natürlich schädlich.

Das Problem an dem Argument ist, dass schon die Grundprämisse an der Lebenswirklichkeit vorbeigeht, da Arbeit für sehr viele, wenn nicht die meisten Menschen viel mehr ist als reines Geldverdienen. Es geht auch um soziale Einbettung, Struktur im Leben, Anerkennung, Selbstwertgefühl.

 

Was meine Polemik oben zeigen sollte, ist dass das "Wirtschaftswunder", eine Zeit größter Leistungsbereitschaft auch die Zeit höchster Steuersätze war. Das hat die Menschen nicht daran gehindert, das Land nach dem Krieg wieder aufzubauen und zwar weit über das Lebensnotwendige hinaus.

Es hat auch den Auf- oder Ausbau vieler großer Vermögen nicht verhindert, z.B. die Albrecht Brüder, die Flicks, die Quandts, Neckermann etc.

 

Die einzigen Leute, die mir gegenüber jemals offen gesagt haben, dass sie nicht arbeiten, weil es sich nicht lohne, gehören zu zwei Gruppen:

- Bezieher von Transferleistungen, die durch (un)günstige Kombination verschiedener Sozialleistungen nur wenig mehr oder im Extremfall gar kein Netto mehr durch Arbeit erwarteten und

- Frauen um die vierzig, die nach der Kinderpause wenig Chancen auf dem Arbeitsmarkt hatten und durch schon minimales selbständiges Einkommen aus der Familienversicherung zu rutschen drohten. Eine eigene Krankenversicherung war aber zu teuer für die anfangs natürlich spärlichen Zusatzverdienste, in der PKV wegen des zu hohen Einstiegsalters und in der GKV wegen hoher Mindestbeiträge (das wurde vor ein paar Jahren stark abgemildert).

 

vor 12 Stunden von Dandy:

Was du in deiner Polemik aber nicht erwähnst

Eine Polemik muss nicht alles erwähnen.

 

vor 12 Stunden von Dandy:

...ist die Frage, ab wann der Spitzensteuersatz Ende der 1950iger (und danach) einsetzte (Y-Achse ist Vielfaches des durchschnittlichen Bruttoeinkommens):

Das ist ja hochüberraschend, dass ein früherer Spitzensatz von 53% bei höheren Einkommen erreicht wird als ein heutiger von 42%.

Die autoren haben das auch erkannt und im selben Artikel auch diese Grafik abgebildet, die zeigt wann ein Grenzsatz von 42% erreicht wird:

grafik.png.6ea01b74adbee004fdcaff97cf4d5609.png

Das sieht dann schon anders aus.

Eigentlich bräuchte man aber eine Grafik, die die Durchschnittsbelastung mit ESt misst, denn es spielt ja auch eine Rolle, wie hoch das Einkommen bis zum Erreichen des Spitzensatzes besteuert wird. Ganz zu schweigen von der Frage, welcher Teil des Einkommens überhaupt besteuert wird, also wie der Unterschied vom Bruttoeinkommen zum zu versteuernden Einkommen definiert ist. Auch das hat sich ja über die Jahre geändert.

Haben wir leider nicht.

 

Wie wissen aber, was mittlerweile ja auch breit diskutiert wird, dass die Einkommens- und insbesondere auch die Vermögensunterschiede in Deutschland sowohl im historischen als auch im internationalen Vergleich hoch sind und weiter anwachsen.

Das ist weder gut für die Demokratie noch für den sozialen Frieden und weist auch nicht darauf hin, dass irgendwelche Steuern zu progressiv gestaltet wären.

 

@BassinusDanke für die Info. Wenn es auch "die anderen Parteien" wollen, scheint diesbezüglich ja egal, wen man wählt.

 

@MeinNameIstHase Sag ich doch: Die Statistiken sind nicht vergleichbar. Eben deshalb ist Deine Aussage objektiv so nicht haltbar (neben der vergessenen Teilfreistellung). Sie mag stimmen oder auch nicht. Nichts Genaues weiß man nicht.

 

 

Was die Beamten betrifft, ist das Problem, bereits bestehende Rechtsansprüche (zB höhere Gehälter wegen der nur 50%igen Beihilfe, höhere Pensionen wegen der bisher ungünstigeren Besteuerung) bei einer Überführung der Beamten in die "normalen" Systeme zu entziehen.

Ein Prof hat mir mal erzählt, dass er die Wahl zwischen Emeritierung (d.h. volles Gehalt bis Lebensende und noch ein paar andere Privilegien) und Pensionierung habe. Die Emeritierung war zwar zu dem Zeitpunkt schon 25 Jahre abgeschafft, aber da war er schon Prof und hatte so noch den Anspruch darauf erworben. Den konnte man ihm nicht wegnehmen.

Und wenn der Staat eine pauschale Regelung trifft, gibt es immer "Geschädigte", die klagen (siehe letztens bei der nachgelagerten Rentenbesteuerung) und Recht bekommen. Das kostet den Staat Geld und treibt die Steuern nach oben.

Letztlich kann man eigentlich nur aufhören, Beamte einzustellen, womit das Problem dann etwa 40 Jahre später gelöst wäre. Wo das grundgesetzlich möglich ist (keine hoheitlichen Aufgaben) hat man damit ja auch schon angefangen.

 

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
Bassinus
vor 2 Minuten von kleinerfisch:

Letztlich kann man eigentlich nur aufhören, Beamte einzustellen, womit das Problem dann etwa 40 Jahre später gelöst wäre. Wo das grundgesetzlich möglich ist (keine hoheitlichen Aufgaben) hat man damit ja auch schon angefangen.

Was ich, auch als Beamter, absolut befürworte. Im nicht hoheitlichen Bereich war und ist es einfach nur ein probates mittel um Personalausgaben in der laufenden Legislaturperiode niedrig zu halten. Sollen sich die anderen später darum kümmern. Lösbar ist es nur durch Stärkung der hoheitlichen Struktur und "Verbot" zukünftiger Verbeamtung im nicht hoheitlichen Bereich. Und schon wäre man das Problem in 45 Jahren definitiv los. Will man aber anscheinend nicht. Aus Gründen. Wichtiger ist das man pünktlich jedes Jahr in das selbe Horn bläst um Beamtenbashing zu betreiben (Pension höher als Rente etc.).

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
Der Horst
· bearbeitet von Der Horst
1 hour ago, kleinerfisch said:
On 9/18/2021 at 11:36 AM, Dandy said:

Kein Wunder, dass sich bei uns immer mehr Menschen mit gutem Gehalt dazu entscheiden weniger zu arbeiten, einfach, weil es sich für sie nicht rechnet sich von der restlichen Gesellschaft melken zu lassen.

Wie viele davon kennst Du selbst?

Ich kenne einige, auch bei meinen eigenen Mitarbeitern. Work-Life-Balance durch z.B. 35 statt 40 Wochenstunden bekommt nochmal einen anderen Charme, wenn von den 13,5% weniger Einkommen nur weit weniger Gehaltsverlust auf dem Konto ankommen.

 

Beliebt sind auch immer mehr Auszeit/Sabatical-Modelle, bei denen man z.B. über 3 Jahre nur 2/3 des Einkommens bezieht um dann nach 2 Jahren ein Jahr zu reisen. Steuerlich ist das genial, man verliert weit weniger als 1/3 des Nettos durch die Progressionen bei Sozialabgaben und Steuern. Dieses Modell beobachte ich im eigenen Umfeld und habe auf Reisen mittlerweile diverse deutsche getroffen, die gerade ihr steueroptimiertes halbes oder ganzes Jahr genießen. Zu meiner Überraschung sogar einen Beamten.

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
hund555
· bearbeitet von hund555
vor 1 Stunde von kleinerfisch:

Wie viele davon kennst Du selbst?

Ich könnte Unternehmen wechseln und mehr verdienen, aber da mir hier sehr gut geht und vom Brutto gar nicht so viel mehr Netto übrig bleibt, verzichte ich auf den Stress.

Kenne auch genug die auf 80% oder 60% runtergegangen sind, Netto bleibt aber mehr in der Tasche (Nettogehalt/Arbeit), weshalb es einfach für diejenigen lukrativ ist weniger zu arbeiten aber prozentual nicht so viel weniger zu bekommen.

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
kleinerfisch

Klar gehen Leute in Teilzeit. Und wegen des progressiven Tarifs steigt dabei der Nettostundenlohn.

Das Gleiche gilt für geschickt gelegte Sabbaticals.

Das ist aber bei einem solchen Tarif immer so und unabhängig von der Höhe des Spitzensteuersatzes.

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
Der Horst
· bearbeitet von Der Horst
15 minutes ago, kleinerfisch said:

Das ist aber bei einem solchen Tarif immer so und unabhängig von der Höhe des Spitzensteuersatzes.

Korrekt. Nur ist es eben meiner Erfahrung nach nicht so, dass es nur die 150%-Fraktion und die FK-Verwalter gibt, die mit Frührente liebäugeln. Dazwischen liegen gute Arbeitnehmer, die ihre Arbeit gut und gerne leisten, aber das eben auch mit Zeit für Familie und Hobbies abwägen. 

 

Bei dieser Abwägung spielt der individuelle Grenzsteuersatz durchaus eine Rolle.

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
pete1
vor 2 Stunden von kleinerfisch:

Wie viele davon kennst Du selbst?

ohje. Sehr sehr viele. 

 

Überleg mal wie schnell man bei den 42% Sozialabgaben landet. Das sind gerade mal 56.000€ Einkommen im Jahr. Wenn du etwas studierst, das nachgefragt wird oder viele Jahre Berufserfahrung hast, sind die 56.000€ gar kein Thema. Bzw. sollten es nicht sein.

 

Bei nahezu sämtlichen Banken in Frankfurt (40h/Woche), steigst du nach dem Bachelor mit 50.000-55.000€ ein. Und das ist das Einstiegsgehalt. 

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
pete1
· bearbeitet von pete1
vor 2 Stunden von kleinerfisch:

Die Statistiken sind nicht vergleichbar.

Statistiken können und werden auch teilweise gefälscht. Selbst die von Statista. Schau immer ganz genau die Primärquelle an. Häufig sind das auch mal Tertiärquellen, in denen sich die Verfälschungen verlaufen.

 

 

Vor wenigen Tagen (16.09.) hatte ich mir die Talksendung von Markus Lanz angesehen. 

 

Edmund Stäuber hat den Punkt getroffen. Laut seinen Aussagen wollen 40% aller Studienabgänger in den öffentlichen Dienst. Das hat mich von den Socken gehauen.

 

Und das machen viele der Beamten für 3200€ brutto im Monat, miserable Gehaltssteigerungen für 95% selbiger und das alles nur für eine sehr gute Pension. Würde ich in 100 Lichtjahren nicht tun.

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
CorMaguire
vor 12 Minuten von pete1:

... Selbst die von Statista. ...

Statista ist auch nur irgendso ein Unternehmen. Warum "Selbst"?

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
Dandy
· bearbeitet von Dandy
vor 2 Stunden von kleinerfisch:

Klar gehen Leute in Teilzeit. Und wegen des progressiven Tarifs steigt dabei der Nettostundenlohn.

Das Gleiche gilt für geschickt gelegte Sabbaticals.

Das ist aber bei einem solchen Tarif immer so und unabhängig von der Höhe des Spitzensteuersatzes.

Das glaubst du wirklich? Die Höhe des Spitzensteuersatzes und wann dieser einsetzt spielen selbstverständlich eine Rolle bei solchen Überlegungen. Arbeite weniger und bekomme kaum weniger Netto. Nicht alle sind zu blöd für eine solche Rechnung.

 

Ich kann das auch nur anekdotisch bewerten, aber wir haben bei uns in der Abteilung immer weniger Leute, die 40 Stunden Verträge anstreben. Als ich vor gut 15 Jahren in der Firma angefangen hatte, war es noch ein Privileg, einen 40 Stunden Vertrag zu bekommen (der Betriebsrat hat sich da über einem gewissen Kontingent quer gestellt). Davon höre ich heute bei uns nichts mehr. Auch sind Positionen und Funktionen mit Aussicht auf einen Gehaltssprung bzw. außertariflicher Vergütung, wie Projektleitung, Abteilungsleitung etc. immer mehr eine heiße Kartoffel die sich kaum einer mehr antun will. Als Gründe werden dann, neben Life-Work Balance eben auch genannt, dass es sich schlicht nicht lohnen würde. Das mehr an Lohn wird zu einem guten Teil für Lohnnebenkosten aufgefressen. Traurig aber wahr. Ich selbst habe einen außertariflichen Vertrag abgelehnt, da er mit 40 Stunden statt 35 Stunden gekoppelt gewesen wäre und sich das für mich Netto, auf die gleiche Stundenzahl bezogen, mit wenigen hundert Euro Differenz (glaube es waren 300 oder so) netto ausgezahlt hätte. Dafür hätte ich einen 40 Stunden Vertrag akzeptieren müssen und Überstunden wären mir nicht mehr vergütet worden.

 

Natürlich ändert sich auch der Zeitgeist etwas. Die Menschen suchen stärker nach der Vereinbarkeit von Arbeit und Privatleben, Beruf und Familie etc. Da geht es nicht nur um Geld. Unser Steuersystem befeuert das aber derzeit massiv und das wird ganz sicher üble volkswirtschaftliche Spuren hinterlassen, wenn viele Menschen mit Potenzial führende Tätigkeiten ablehnen, weil es sich für sie finanziell nicht rechnet.

 

Zitat

Das sieht dann schon anders aus.

Ich wollte damit erstmal vor allem auf die von dir angeführte Spitzensteuer in den Nachkriegsjahren hinweisen, denn damals griff auch der heutige Spitzensteuersatz wesentlich später, in Relation zum Durchschnittseinkommen, als heute. Natürlich kann man die Zeiten schlecht vergleichen, schon weil wir heute einen ganz anderen Wohlstand haben und der Krieg mit Glück für manche zu wenig Besitzverlusten und bei anderen zu großen Besitzverlusten geführt hatte, meist ohne deren zutun. Damit war die Frage nach sozialem Ausgleich damals eine ganz ander als es sie heute ist. Aber ich habe ja diesen Vergleich auch nicht angefangen, also lassen wir das mit den Nachkriegsäpfeln und Gegenwartsbirnen lieber sein.

 

Die von dir gezeigte Grafik suggeriert, dass das Verhältnis aus Durschnittslohn und Schwelle zum Spitzensteuersatz sich seit den Siebzigern kaum geändert hätte. Das liegt aber an der Skalierung der Achse, die eben wegen besagten 50iger Jahren gestaucht ist. In Wirklichkeit ist das Verhältnis von knapp 2, bei dem der heutige Spitzensteuersatz von 42% griff, auf gegenwärtig 1,2 gesunken! Auf die heutige Zeit bezogen hieße das, dass man statt bei rund 50k den Spitzensteuersatz in den vergangenen 60 Jahren eher so im Bereich von 80-90k entrichtet hätte. Ein gewaltiger Unterschied, wenn man sich ansieht, wie viele Menschen ein solches Gehalt (bei Familien dann das Doppelte davon) tatsächlich bekommen. Da kann man langsam wirklich von Spitzenverdienern sprechen. Dazu kommt, dass eine solche Schwelle über der Beitragsbemessungsgrenze läge. Das ist heute eben nicht der Fall. Man zahlt faktisch als gerade mal minimal besser verdienender die maximalen Abgaben und damit, wenn man die horrenden versicherungsfremden Leistungen mit in den sogenannten Sozial"versicherungen" berücksichtigt (deren sogenannter Steuercharakter bei diese Kohorte tatsächlich die höchsten Einkommensteuerabgaben im Land bewirkt). Das sind also die Menschen, bei denen der Spitzensteuersatz greift, aber die Beitragsbemessungrenzen (85k€ bei der Rentenversicherung) noch nicht überschritten ist. Wenn das nicht leistungsfeindlich ist, dann weiß ich es auch nicht. Alle husch zurück zum Durchschnitt, sonst wird gemelkt.

 

Aus dem zuvor von mir verlinkten Artikel:

 

Zitat

Sofern statt des Jahresbruttogehalts aller Arbeitnehmer nur das Gehalt von in Vollzeit tätigen Arbeitnehmern herangezogen wird, das 2017 bei durchschnittlich gut 45 000 Euro lag, beträgt die Relation heute rund 1,2. Im Jahr 1991 griff der Spitzensteuersatz erst bei mehr als dem Fünffachen des Durchschnittsverdienstes eines Arbeitnehmers in Vollzeit.

xHentze-abb.6.png.pagespeed.ic.5rKSLYFyfd

xHentze-abb.7.png.pagespeed.ic.IFKAAONEI

 

Der Grund dafür ist ja bekannt, nämlich die kalte Progression. Aus meiner Sicht ein Unding, dass die Progressionsschwellen der Einkommensteuer nicht an die Inflation gekoppelt sind. Mehr als ein wachsweiches Vorhaben, die kalte Progression auch in Zukunft auszugleichen, kam von der Politik nicht. Mal sehen, ob die hohe Inflation dieses Jahr ausgeglichen wird. Der Staat hat ja gerade nicht soviel übrig.

 

Wenn man sich nun ansieht, wie wichtig inzwischen der Anteil der Einkommensteuer am gesamten Steueraufkommen hierzulande ist, wird einem auch klar, warum die Politik sich so schwer tut das zu ändern. Die obere Mittelschicht ist halt steuerlich nicht so flexibel wie die wirklich Reichen. Statt Steuern zu erhöhen, sollte man daher meiner Meinung nach lieber mal schauen, welche Steuern überhaupt sinnvoll anwendbar sind und von der "Zielgruppe" auch tatsächlich nicht umgangen werden kann, um die immer wieder genannte "Schere" zwischen Arm und Reich hierzulande (die sicherlich auch viel mit Zuwanderung und Arbeiterfreizügigkeit in der EU zu tun hat) nicht noch  größer werden zu lassen. Der Spitzensteuersatz, und generell die Einkommensteuer, halte ich dafür derzeit für das falsche Instrument. Im Gegenteil halte ich den volkswirtschaftlichen Nachteil dadurch, wegen geringerer Leistungsbereitschaft von Angestellten mit Potenzial, sogar für steuerlich kontraproduktiv. Meiner Meinung nach dürfte der Spitzensteuersatz erst über der Beitragsbemessungsgrenze greifen und müsste an die Inflation (und an die Beitragsbemessungsgrenzen) gekoppelt werden.

 

Zu einem ähnlichen Schluss kommt dann auch der Wirtschaftsdienst:

Zitat

Damit treiben die Einnahmen aus der Lohn- und Einkommensteuer auch die gesamtwirtschaftliche Steuerquote nach oben, die ebenfalls in den vergangenen 15 Jahren deutlich gestiegen ist. Durch die Progression profitiert der Staat überproportional von Lohnerhöhungen, sofern es zu keinen oder nur geringfügigen Tarifanpassungen kommt. Dies verdeutlicht ein Vergleich von Lohnsteuer und Lohnsumme. Ausgehend vom Jahr 2005 sind die Einnahmen aus der Lohnsteuer um drei Viertel gestiegen, während sich die Lohnsumme lediglich um gut die Hälfte erhöht hat (vgl. Abbildung 7).

Vor diesem Hintergrund ist es bedauerlich, dass die neue Große Koalition eine Reform der Lohn- und Einkommensteuer nicht auf ihre Agenda gesetzt hat. Der Blick auf die historische Entwicklung zeigt, dass es einer substanziellen Erhöhung der Tarifgrenzen bedürfte, um die impliziten Steuererhöhungen der letzten 15 Jahre ganz oder zumindest teilweise zurückzunehmen. Dadurch würden auch wieder weniger Personen mit einem Teil ihres Einkommens dem Spitzensteuersatz unterliegen oder in den kommenden Jahren in den Spitzensteuersatz rutschen. Immerhin haben sich die Koalitionspartner darauf verständigt, die kalte Progression stets auszugleichen, um schleichende Steuererhöhungen zu verhindern. Es bleibt allerdings abzuwarten, ob dieses unter Finanzierungsvorbehalten stehende Vorhaben konsequent umgesetzt wird. Für die Jahre 2019 und 2020 hat die Regierung einen entsprechenden Ausgleich bereits beschlossen.

Bei der Wahl der Höhe der Steuersätze gilt es stets zu bedenken, dass der Einkommensteuertarif für mehr als 90 % der Unternehmen gilt. Zum einen sollte daher die maximale Belastung immer auch zur Belastung von Kapitalgesellschaften ins Verhältnis gesetzt werden. Zum anderen geht der Trend in der Unternehmensbesteuerung weltweit eher zu geringeren Steuersätzen. Vor diesem Hintergrund sollte die deutsche Politik die Höhe der Steuersätze mit Bedacht wählen und die Symbolkraft des Spitzensteuersatzes in der Einkommensteuer nicht unterschätzen.

Eine strukturelle Einkommensteuerreform bietet die Chance, die Arbeitsanreize aufgrund geringerer Grenzsteuersätze zu verbessern. Dies gilt aufgrund der erfolgten Stauchung des Tarifverlaufs und der deshalb schnell steigenden Steuersätze bereits für eher geringe und mittlere Einkommen. Insbesondere mit Blick auf den demografischen Wandel und den aufkommenden Fachkräfteengpass in einigen Branchen wäre dies ein lohnenswerter Weg.

 

Übrigens das Ganze mal jenseits aller Parteipolitik. Das haben schließlich die Parteien zu verantworten, die über die vergangenen Dekade die Regierung gestellt haben. Die Frage ist halt, was die kommende Regierung daraus machen wird und in welches Horn die Kandidaten dafür jetzt schon blasen.

 

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
dev
· bearbeitet von dev
vor 35 Minuten von Maikel:

Fragt mich jetzt nicht, wieso die SDP ihre Meinung geändert hat, gegenüber GroKo-Koalitionsvertrag.

 

Deshalb orientiert euch an den Taten, nicht an den Versprechern.

( Aktuell werden eine ganze Menge Taten von Rezo erläutert - 1, 2 & 3 )

 

Gebrochene Versprechen Die berühmtesten Wahllügen

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
Dandy

Schon interessant, wie plötzlich ein kapitalgedeckter Anteil der Rentenversicherung ohne das Umlagesystem kommen soll. Eine Erkenntnis, die vor 20 Jahren hätte kommen müssen. Jetzt ist es reichlich spät dafür, um dem demographischen Problem damit zu begegnen. Bekannt ist das alles schon seit Urzeiten.

 

Ich hoffe ja insgeheim, dass man sich das amerikanische System des 401k zum Beispiel nimmt. Ich vermute aber, dass soviel Eigenverantwortung in Deutschland nicht zu unserer Vorstellung von staatlicher Bemutterung passt (schließlich muss ja jemand anderes Schuld sein, wenn es mal schlecht läuft). Ein Staatsfonds, der "riskante", besser: volatile, (Aktien-) Geschäfte mit den Renten der Anleger durchführt, kann ich mir in Deutschland auch schwer vorstellen. Da würde zu viel von der Politik reingeredet, spätestens wenn es mal nicht gut läuft oder irgendwelche unerwünschten Investments drin stecken. Am Ende würde da wahrscheinlich der DAX und deutsche Staatsanleihen als vermeintlich risikolose und ehtisch korrekte Investition drin landen - Prost Mahlzeit.

 

Zu hoffen wäre ein Mischmodell: Jeder kann, in gewissem Rahmen, selbst entscheiden wie dieser kapitalgestützte Teil angelegt wird, ähnlich wie bei einem separaten Depot bei einem Broker. Wer das nicht will, bekommt verschiedene Optionen, wie klassische Rentenversicherungen oder halt einen "Staatsfonds". Dann kann jeder selbst entscheiden, was er mit dem Geld tun will.

 

Vermutlich wird das aber kulturell wieder nix bei uns. Der Bürger mus ja unbedingt vor den eigenen Fehlern beschützt werden und der Staat weiß viel besser, was eine solide und nachhaltige Geldanlage für ihn ist :'(. Selbst wenn es so käme, würden wahrscheinlich irgendwann Begehrlichkeiten geweckt werden, sollten manche Bürger doch die Unverfrorenheit besitzen, auf diese Weise richtig viel Geld zu machen. Geht gar nicht und da muss man dann deckeln und so ...

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
chirlu
vor 23 Minuten von Dandy:

Schon interessant, wie plötzlich ein kapitalgedeckter Anteil der Rentenversicherung ohne das Umlagesystem kommen soll. Eine Erkenntnis, die vor 20 Jahren hätte kommen müssen.

 

Kam sie; daher wurde 2002 die Riester-Rente eingeführt.

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
Dandy
· bearbeitet von Dandy

Du irrst. Die Riesterrente, die für den Zweck viel zu niedrig ist, wurde eingeführt, um die damalige Absenkung des Rentenniveaus "auszugleichen". Um den demographischen Wandel im Umlagesystem auszugleichen benötigt es deutlich mehr. Das war meines Wissens nie erklärtes Ziel der Riesterrente.

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
chirlu
· bearbeitet von chirlu
vor 15 Minuten von Dandy:

Das war meines Wissens nie erklärtes Ziel der Riesterrente.

 

Es war gemischt, und eigentlich hätte Riester nur ein Einstieg sein sollen. Aus der Begründung (BT-Drucks. 14/4595):

Zitat

Die Geburtenzahl ist in Deutschland – vergleichbar mit der Entwicklung in anderen Industrieländern – seit drei Jahrzehnten rückläufig. Hinzu kommen die stete Steigerung der Lebenserwartung und damit eine Verlängerung der Rentenlaufzeiten. Ohne eine langfristig tragende und zukunftsweisende Reform der Alterssicherung würde der Beitragssatz zur Rentenversicherung daher auf 24 bis 26 % steigen. Bei einer Begrenzung des demografisch bedingten Anstiegs des Beitragssatzes zur gesetzlichen Rentenversicherung ist zudem der eigenverantwortliche Aufbau einer kapitalgedeckten Altersvorsorge zur Sicherung des Lebensstandards im Alter unerlässlich.

 

(…)

 

Mit dem Aufbau einer zusätzlichen kapitalgedeckten Altersvorsorge wird die Alterssicherung auf eine breitere finanzielle Grundlage gestellt, die es ermöglicht, die Sicherung des im Erwerbsleben erreichten Lebensstandards im Alter zu gewährleisten.

 

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
stolper
· bearbeitet von stolper
vor 2 Stunden von Maikel:

Heute in der FAZ: Die SPD will an der Abgeltungssteuer nicht rütteln.

https://www.faz.net/aktuell/finanzen/die-rolle-der-aktien-nach-der-bundestagswahl-17539906.html

...das steht so nirgends im Artikel. Im Artikel steht: "Die SPD will an diesem System nicht rütteln" => das bedeutet nicht, dass sich die dem System zugrundeliegenden Parameter (z.B. Steuersätze) nicht (nach oben) verändern könnten. Man erhöht z.B. die Abgeltungssteuer von 25% auf 35% Prozent, das System an sich hat man dann ja nicht angetastet. Der SPD ist hier sicherlich vieles zuzutrauen.

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
kleinerfisch
vor 17 Stunden von Dandy:

Das liegt aber an der Skalierung der Achse, die eben wegen besagten 50iger Jahren gestaucht ist. In Wirklichkeit ist das Verhältnis von knapp 2, bei dem der heutige Spitzensteuersatz von 42% griff, auf gegenwärtig 1,2 gesunken! Auf die heutige Zeit bezogen hieße das, dass man statt bei rund 50k den Spitzensteuersatz in den vergangenen 60 Jahren eher so im Bereich von 80-90k entrichtet hätte.

Die Achse ist nicht gestaucht, wie man leicht sehen kann.

Von "den vergangenen 60 Jahren" gilt das Verhältnis von knapp 2 in der Grafik nur 1965. Seit 1975 ist das Verhältnis nahezu stabil.

Richtig ist also, dass in den vergangenen 50 Jahren das Verhältnis stabil geblieben bzw. sogar leicht gesunken ist.

 

Du implizierst, dass der Spitzensteuersatz erst oberhalb der BMG greifen sollte. In einem System ohne BMG (ich glaube, in der Schweiz ist das so), dürfte es dann gar keinen Spitzensteuersatz geben? Wenn die BMG gesenkt werden sollte, müsste auch der Steuertarif geändert werden?

Ich sehe da keinen zwingenden Zusammenhang.

 

vor 17 Stunden von Dandy:
Zitat

Sofern statt des Jahresbruttogehalts aller Arbeitnehmer nur das Gehalt von in Vollzeit tätigen Arbeitnehmern herangezogen wird, das 2017 bei durchschnittlich gut 45 000 Euro lag, beträgt die Relation heute rund 1,2. Im Jahr 1991 griff der Spitzensteuersatz erst bei mehr als dem Fünffachen des Durchschnittsverdienstes eines Arbeitnehmers in Vollzeit.

Da fehlt jetzt aber der entscheidende nächste Satz:

Zitat

Diese Verhältniszahlen beziehen sich auf den jeweiligen Spitzensteuersatz eines Jahres unabhängig von seiner Höhe.

Die Passage bezieht sich also auf die von Dir verlinkte Grafik. Die von mir verlinkte, m.E. wesentlich aussagekräftigere stellt das Verhältnis bei 42% Steuersatz dar.

Dazu schreiben die Autoren

Zitat

Seit 2005 ist das Verhältnis allerdings um immerhin rund 20 % zurückgegangen.

Das wären dann die 15 Jahre, die Du das Verhalten Deiner Kollegen beobachtet hast.

Also der Zeitraum, in dem nach Deiner Aussage "immer weniger Leute ... 40 Stunden Verträge anstreben".

Ich denke tatsächlich, dass dies eher an der zunehmenden Freizeitorientierung der Gesellschaft liegt, evt. auch an sich ändernder Arbeitsteilung in Familien. Aber das kann ich genausowenig mit Zahlen untermauern, wie es für die Gegenthese "Menschen arbeiten weniger bei hohen Steuern" Belege gibt (falls doch, würde ich sie gerne sehen).

Man könnte genauso argumentieren, dass offenbar die Löhne zu hoch oder die Abgaben zu niedrig sind, wenn sich so viele Leute Teilzeit leisten können.

 

Im Artikel steht auch

Zitat

Der Spitzensteuersatz von 42 % trifft damit rund 4 Mio. Personen oder jeden elften Steuerzahler.

... oder die oberen 9%. Dabei ist offenbar noch nicht berücksichtigt, dass, wie Du selber sagst, viele Menschen Teilzeit arbeiten. Es ist aber anzunehmen, dass deren Anteil an den oberen 9% deutlich geringer ist, als an den unteren 91%.

Aber sei's drum: Wenn ganze 9% aller Steuerzahler den Spitzensatz bezahlen, ist das kaum die Mitte der Gesellschaft oder der gern zitierte Facharbeiter.

Wie viele dürfen es denn sein?

 

Auf Dein langes Zitat will ich gar nicht weiter eingehen. Das würde zu weit vom Thema wegführen.

 

Interessant fand ich den FAZ-Artikel. 401k fände ich persönlich tatsächlich auch eine gute Lösung. Das Problem wird aber das hohe Sicherheitsbedürfnis in der Bevölkerung sein. Bis zu einer Aktienkultur und auch einer persönlichen Risikobereitschaft wie in den USA ist es ein langer Weg. Zum Glück aber auch bis zu einer Unsolidarität der Gesellschaft wie dort.

Was die kapitalgedeckte Lösung betrifft, ist das auch nicht so golden wie es glänzt. Meine Mutter hat in der Schweiz gearbeitet und bekommt von dort ihre Rente. Im Schweizer System kommt die Hauptrente aus einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung. Seit 2002, als sie in Rente ging, wurde dieser Teil nicht einmal erhöht! Das liegt laut den Jahresberichten des Rententrägers sowohl am demographischen Wandel als auch an den zwei großen Krisen am Aktienmarkt in dieser Zeit.

Wenn man aber wieder eine Garantielösung möchte wie bei Riester, kann ein staatlicher "Deutschlandfonds" auch allenfalls riesterartige Ergebnisse erhöht um 1-2 Prozentpunkte Gebühreneinsparung bringen.

Alles nicht so einfach, wie es manchmal dargestellt wird.
 

 

Aber zum eigentlichen Thema:

Ich denke, das Modell der Grünen, wie in der FAZ beschrieben, mit der AbgSt als Vorauszahlung und der Wiedereingliederung der Kapitalerträge in den persönlichen Steuertarif wird kommen. Es gibt, wie sich auch in diesem Faden zeigt, schlicht keine Argumente für eine niedrigere Steuerlast für eine Einkommensart, von der hauptsächlich die Wohlhabenderen profitieren. Wir besteuern schließlich nach der Leistungsfähigkeit und für die ist es egal, aus welcher Quelle das Einkommen stammt.

Was dann aber sicherlich auch kommen muss, ist eine Erleichterung für Kapitalerträge aus Aktien, da ja schon vorgelagert im Unternehmen besteuert werden. Vermutlich wird es wieder auf eine Art Halbeinkünfteverfahren mindestens für Dividenden, sinnvollerweise aber auch für Kursgewinne hinauslaufen.

 

Außer Auswandern oder Steuerbetrug mit ausländischem Depot fallen mir da aber auch keine Ausweichstrategien ein.

Für mich ist das beides nichts - also werde ich dann halt meinen fairen Anteil an Steuern zahlen und zum Ausgleich meine Spenden zurückfahren.

 

Die Einbeziehung von Kapital- und anderen Einkommen in die Sozialversicherungen halte ich für so komplex und egal welche kommende Dreierkoalition für so handlungsschwach, dass ich das nicht kommen sehe.

Dann schon je nach Wahlsieger eher eine Vermögensteuer, die aber nur wenige treffen wird.

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
sparfux
vor 25 Minuten von kleinerfisch:

.. der AbgSt als Vorauszahlung und der Wiedereingliederung der Kapitalerträge in den persönlichen Steuertarif wird kommen.

Ich verstehe diesen Satz nicht. Was bedeutet "Vorauszahlung" und "Wiedereingeliederung"? Kannst auch gerne den FAZ-Artikel verlinken (falls er frei ist) und dann lese ich selber. ;)

 

vor 26 Minuten von kleinerfisch:

Es gibt, wie sich auch in diesem Faden zeigt, schlicht keine Argumente für eine niedrigere Steuerlast für eine Einkommensart

2 Gründe gäbe es m.E. schon:

  1.  Während bei Lohn/Gehalt die Zeit zwischen dem Erbringen der Leistung (Arbeitsleistung für Monat x) und dem Zufluss der Kompensation (Lohnzahlung am Ende des Monats x) normalerweise zu keiner Wertminderung der Kompensationszahlung durch Inflation kommt, erzielt man Kapitalerträge (als Anleger - nicht als Spekulant) über viele Jahre. Die Inflation nagt damit sehr deutlich am Wert der Kompensationsleistung. Da besteht m.E. schon ein krasser Unterschied zwischen Lohn/Gehalt und Kapitalerträgen.
  2. Wir reden ja auch hier im Thread über eigenverantwortliche Altersvorsorge und das Rentenproblem. Hohe Steuern auf Kapitalerträge sind da natürlich mehr als kontraproduktiv. Gut, diesen Aspekt könnte man über so etwas wie einen 401k oder höhere Freibeträge regeln.

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
Dandy
vor 25 Minuten von kleinerfisch:

Die Achse ist nicht gestaucht, wie man leicht sehen kann.

Von "den vergangenen 60 Jahren" gilt das Verhältnis von knapp 2 in der Grafik nur 1965. Seit 1975 ist das Verhältnis nahezu stabil.

Richtig ist also, dass in den vergangenen 50 Jahren das Verhältnis stabil geblieben bzw. sogar leicht gesunken ist.

Ich habe die Stelle aus dem Bericht zitiert. Wir sind aktuell beim Faktor 1,2. Mitte der Siebziger lag es in der Nähe von 2 und ging dann bis Mitte 2000 stetig auf die 2 zu. Seitdem ist sie stark gefallen, auf heute, wie zitiert, 1.2. Das mag in der Grafik nicht nach viel aussehen, aber es bedeutet letztlich, dass der Spitzensteuersatz heute statt bei 80-90k bei heute gut 50k einsetzt. Das ist in meinen Augen ein Riesenunterschied.

vor 25 Minuten von kleinerfisch:

Du implizierst, dass der Spitzensteuersatz erst oberhalb der BMG greifen sollte. In einem System ohne BMG (ich glaube, in der Schweiz ist das so), dürfte es dann gar keinen Spitzensteuersatz geben? Wenn die BMG gesenkt werden sollte, müsste auch der Steuertarif geändert werden?

Ich sehe da keinen zwingenden Zusammenhang.

Das ist ja Unsinn. Ich schreibe hier nicht über die Schweiz, die eh ein ganz anderes System hat, sondern über Deutschland und da haben wir Beitragsbemessungsgrenzen und in unseren Sozialversicherungen einen erheblichen Anteil an versicherungsfremden Leistungen und allgemein Steuercharakter. Wäre dem nicht so, dann würde jeder für die gleiche Leistung auch die gleichen Beiträge bezahlen, was insbesondere bei der Krankenversicherung und der Pflegeversicherung nicht der Fall ist, aber auch bei der Rentenversicherung aufgrund versicherungsfremder Leistungen. Daraus folgt dann eben auch, dass Leute mit Spitzensteuersatz aber unterhalb der Beitragsbemessungsgrenze die höchsten Steuern im Land entrichten. Mag mit deinem Gerechtigkeitsempfinden konform gehen, mit meinem nicht.

 

Deshalb plädiere ich dafür, dass der Spitzensteuersatz erst oberhalb der BMG einsetzen sollte, um das zu verhindern. Damit wäre man, bei derzeitiger BMG, auch wieder im Bereich des zweifachen Durchschnittslohnes der über Jahrzehnte ungefähr auch für einen Steuersatz von 42% gegolten hat.

vor 25 Minuten von kleinerfisch:

... oder die oberen 9%. Dabei ist offenbar noch nicht berücksichtigt, dass, wie Du selber sagst, viele Menschen Teilzeit arbeiten. Es ist aber anzunehmen, dass deren Anteil an den oberen 9% deutlich geringer ist, als an den unteren 91%.

Aber sei's drum: Wenn ganze 9% aller Steuerzahler den Spitzensatz bezahlen, ist das kaum die Mitte der Gesellschaft oder der gern zitierte Facharbeiter.

Wie viele dürfen es denn sein?

Also nach dieser Grafik müssten es eher so um die 25% der Einkommensteuerpflichtigen sein, die mehr als 50k Bruttolohn haben

vor 25 Minuten von kleinerfisch:

Interessant fand ich den FAZ-Artikel. 401k fände ich persönlich tatsächlich auch eine gute Lösung. Das Problem wird aber das hohe Sicherheitsbedürfnis in der Bevölkerung sein. Bis zu einer Aktienkultur und auch einer persönlichen Risikobereitschaft wie in den USA ist es ein langer Weg. Zum Glück aber auch bis zu einer Unsolidarität der Gesellschaft wie dort.

Was die kapitalgedeckte Lösung betrifft, ist das auch nicht so golden wie es glänzt. Meine Mutter hat in der Schweiz gearbeitet und bekommt von dort ihre Rente. Im Schweizer System kommt die Hauptrente aus einer kapitalgedeckten betrieblichen Altersversorgung. Seit 2002, als sie in Rente ging, wurde dieser Teil nicht einmal erhöht! Das liegt laut den Jahresberichten des Rententrägers sowohl am demographischen Wandel als auch an den zwei großen Krisen am Aktienmarkt in dieser Zeit.

Wenn man aber wieder eine Garantielösung möchte wie bei Riester, kann ein staatlicher "Deutschlandfonds" auch allenfalls riesterartige Ergebnisse erhöht um 1-2 Prozentpunkte Gebühreneinsparung bringen.

Alles nicht so einfach, wie es manchmal dargestellt wird.

Deshalb wäre ich für eine Wahllösung. Wer es, im Rahmen eines 401k ähnlichen Konstruktes, selbst in die Hand nehmen will, kann es tun. Ansonsten wird halt noch ein großer zentral verwalteter Fonds zur Verfügung gestellt und alternativ noch klassische Rentenversicherungen. Dann kann jeder selbst entscheiden, wie er es handhaben will.

 

 

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
odensee
vor 12 Minuten von sparfux:

Wir reden ja auch hier im Thread über eigenverantwortliche Altersvorsorge und das Rentenproblem.

Und woher kommt das Geld, dass man eigenverantwortlich anlegt für die Altersvorsorge? Richtig: aus dem Nettoeinkommen. Wenn ich 100 Euro mehr Netto habe, die ich zusätzlich in Fonds etc anlege, dabei eine Rendite von X% erwirtschafte, kann die Steuer darauf ruhig etwas höher ausfallen. Sie fällt ja nur auf den Gewinn an.

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
Remissis

Wenn wir schon bei wünsch dir was sind:

Ich bin ebenfalls für eine Versteuerung von Kapitalerträgen mit dem persönlichen Grenzsteuersatz. Gleichzeitig soll aber bitte auch der Freibetrag auf 10.000€ angehoben werden.

Das würde die gehobene Mittelschicht wirklich motivieren in Aktien zu investieren und die richtig Reichen zur Kasse bitten.

 

Die 200€ die mir Vaterstaat heute jährlich schenkt motivieren mich richtig eine private Altersversorgung anzugehen. Sind auf 40 Jahre immerhin 8.000€, da kriegt mein Rollator direkt goldene Räder :)

 

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
Dandy

Beim 401k geht es vom Brutto ab, nicht vom Netto. Daher zahlt man dann in der Rentenphase auch Einkommensteuer darauf. Ist ähnlich einer Betriebsrente, nur dass man das Geld vollständig frei selbst anlegen kann/darf.

 

In den USA machen natürlich viele den Fehler und legen alles in Aktien der Firma an, für die sie arbeiten, was gleich ein doppelt hohes Risiko darstellt. Das ist natürlich Unklug.

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
sparfux
· bearbeitet von sparfux
vor 25 Minuten von odensee:

Wenn ich 100 Euro mehr Netto habe, die ich zusätzlich in Fonds etc anlege, ...

Ich habe nichts gegen "100 Euro mehr Netto" einzuwenden aber auch da will man ja im im linksgrünen Spektrum an der Erhöhungsschraube drehen. :lol:

 

vor 25 Minuten von odensee:

in Fonds etc anlege, dabei eine Rendite von X% erwirtschafte, kann die Steuer darauf ruhig etwas höher ausfallen. Sie fällt ja nur auf den Gewinn an.

Diese Logik verstehe ich nicht. Klingt ziemlich verquer. Ich denke Du willst sagen, dass Du für eine Vermögenssteuer bist und die Leute wohl froh sein können, wenn nicht gleich das Lohn-Netto nochmal neu als Vermögen besteuert wird und deshalb gefälligst mit hohen Steuern (auf zu einem beachtlichen Teil weginflationierte) Kapitalerträge zufrieden sein sollen.

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
dev
· bearbeitet von dev
vor einer Stunde von kleinerfisch:

... oder die oberen 9%.

verteilung-der-beschaeftigten-in-deutsch

 

20-09-_2021_12-32-31.thumb.jpg.a0cf9d55a3d25cabd1ed5ff6c4f4cf87.jpg

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag

Erstelle ein Benutzerkonto oder melde dich an, um zu kommentieren

Du musst ein Benutzerkonto haben, um einen Kommentar verfassen zu können

Benutzerkonto erstellen

Neues Benutzerkonto für unsere Community erstellen. Es ist einfach!

Neues Benutzerkonto erstellen

Anmelden

Du hast bereits ein Benutzerkonto? Melde dich hier an.

Jetzt anmelden

×
×
  • Neu erstellen...