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f86

Inflation und Asset-Allocation, Rebalancing

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f86
· bearbeitet von f86

Hallo zusammen,

 

mich beschäftigt seit einer Weile die Frage, inwiefern die Inflation einen Einfluss auf die Asset-Allocation hat bzw. haben sollte.

 

Oft wird ja empfohlen, das Vermögen in einen risikoarmen und einen risikobehafteten Teil aufzuteilen. Das Verhältnis dieser beiden Teile legt man einmalig fest und betreibt regelmäßiges Rebalancing. Ich nehme als einfaches Beispiel Tagesgeld und einen Aktien-ETF im Verhältnis 50:50. Nehmen wir an, Tagesgeld liefert konstant 1% Rendite und der Aktien-ETF 10%.

 

Anfang des Jahres:

Tagesgeld   50.000 EUR, entspricht  50,00%
Aktien-ETF  50.000 EUR, entspricht  50,00%
Summe      100.000 EUR, entspricht 100,00%

Nach einem Jahr:

Tagesgeld   50.500 EUR, entspricht  47,87%
Aktien-ETF  55.000 EUR, entspricht  52,13%
Summe      105.500 EUR, entspricht 100,00%

Mal abgesehen von Steuern, Transaktionskosten etc. müsste man ja jetzt ETF-Anteile in Höhe von 2.250 EUR verkaufen, um wieder auf das Verhältnis von 50:50 zu kommen. Bei einer stabilen Währung leuchtet das ein.

 

Was ist aber, wenn die Inflationsrate in dem Jahr bei 10% lag? Sprich Miete, Lebensmittel, Kleidung, Tanken usw. ist durchgängig 10% teurer geworden. Der Aktien-ETF hat real (gemessen in Alltagsgütern) nicht an Wert gewonnen. Ist es dann wirklich sinnvoll, Anteile zu verkaufen?

 

Man kann sich das auch leicht mit höheren Zahlen bis hin zur Hyperinflation überlegen. Je höher die Inflationsrate, desto weniger rational erscheint es mir, Sachwerte in vermeintlich sichere Geldwerte umzutauschen.

 

Meine Idee wäre daher, die Asset-Allocation jedes Jahr um die Inflationsrate (oder die Differenz aus Inflationsrate und Zins?) anzupassen. Nur falls die Sachwerte real im Wert gestiegen sind, verkaufe ich Anteile. Falls sie dagegen trotz positiver Inflationsrate nominal gleich geblieben sein sollten, müsste ich nachkaufen, denn sie haben ja real an Wert verloren.

 

Langfristig würde das bedeuten, dass bei positver Inflationsrate (oder negativen Realzinsen?) mit steigendem Alter bzw. Anlagehistorie der Anteil der Sachwerte im Vergleich zu den nominalen Geldwerten zunehmen müsste. Ergibt das Sinn? Habe ich irgendwo einen Denkfehler? Welche Rolle spielt der Zins?

 

Ich frage mich dann, woran man die initiale Asset-Allokation festmachen würde. Ist es eine Frage des Lebensalters? Wenn ich mit 25 Jahren anfange zu investieren, würde sich die Asset-Allokation bis zur Rente stärker verschieben, als wenn ich mit 40 Jahren anfange. Hängt es davon ab, wie lange und/oder wie viel ich schon gespart habe?

 

Mich würde sehr interessieren, was Ihr darüber denkt und wie Ihr damit umgehen würdet, falls wir ihn Zukunft spürbar höhere Inflationsraten bekommen sollten.

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gurkentruppe

In Deinem Beispiel hat aber das Tagesgeld viel mehr an Realwert verloren. Es ist für das Rebalancing egal, ob Du in Realwerten denkst oder nicht.

Rechne zB in Broten. Am Anfang Deiner Betrachtung kostet das Brot 1 Euro, nach einem Jahr wegen der Inflation 1,10 Euro.

Tagesgeld ist zunächst 50.000 Brote wert, danach nur noch 50.500 / 1,10 = 45.909 Brote.

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gurkentruppe

Aktien bleiben bei 50.000 Broten.

Also hast Du nach einem Jahr 45.909 Brote im Tagesgeld und 50.000 Brote in Aktien und musst rebalancen.

 

Und zwar 2045,5 Brote rübertun, das sind dann diese 2.250 Euro.

Der Einfluss der Inflation auf die AA ist ein anderer: Bei höherer Inflation brauchst Du ggf einen höheren Aktienanteil in der AA, um Realwert zu erhalten.

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gurkentruppe

Wenn Du zB 60/40 Aktien/Tagesgeld hast und Renditen von 5% p.a. nominal bei den Aktien und 0% beim Tagesgeld, dann hast Du insgesamt noch 3% nominal. Liegt dann die Inflation dadrüber, brauchst Du mehr Aktien, um real auf Null zu kommen, bei konstanten Nominalrenditen.

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f86

Wenn man Tagesgeld wie jedes andere Asset betrachtet, passt das rechnerisch natürlich. Dann könnte man sagen "Der Euro ist (in Broten gerechnet) billiger geworden, also schichte ich von den teuren Aktien in billige Euros um".

 

Das wäre aber nur sinnvoll, wenn man erwartet, dass das Asset in Zukunft irgendwann wieder im Wert steigt (Regression zum Mittelwert). Bei Sachwerten wie Aktien, Gold, Immobilien nachvollziehbar. Bei einer inflationierenden Währung halte ich das für unrealistisch. Hat es das in der Vergangenheit schon mal gegeben, dass nach einer Inflationsphase die gleiche Währung deflationiert und die Inflation sozusagen rückgängig macht? Deflation ist ja politisch/wirtschaftlich noch weniger gewünscht als hohe Inflation.

 

Nach meinem Verständnis haben risikoarme Geldwerte wie Tagesgeld nicht die gleiche Funktion im Depot wie andere Assets. Tagesgeld soll die potenziell starken Wertschwankungen der Sachwerte dämpfen, so dass ich nicht in die Situation komme, bei einem Aktiencrash plötzlich 80% meiner Kaufkraft in Broten zu verlieren. Wenn ich bei hoher Inflation jedes Jahr stoisch von meinen kaufkrafterhaltenen Sachwerten in zunehmend wertlos werdende Geldwerte umschichte, kann mir aber genau das passieren.
 

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gurkentruppe

Wenn Du zB beim befürchteten "Aktiencrash" einen Verlust von 50% auf die Aktien annimmst, dann würdest Du, wenn wir das Beispiel oben erweitern, nach einem Jahr ohne Rebalancing und anschl. Aktiencrash 25.000 Brote verlieren (Hälfte des Aktienwerts). Hättest Du vorher rebalanced, wie oben berechnet, würdest Du 50 % von 47.955 Broten verlieren, also nur 23.977 Brote, also weniger Verlust im Crash. Der Sinn des Rebalancing ist ja diese Risikobegrenzung. Es geht nicht darum, dass man meint, dass das Asset Tagesgeld im Wert steigt, das wird es in Realwerten gerechnet eher nie tun. Der Tagesgeld (oder Staatsanleihen etc.)-Anteil dient nicht dem Wertzuwachs, sondern der Risikobegrenzung. So jedenfalls die übliche Lehre. Ich glaube, was Du willst, ist einfach eine Rechtfertigung für einen höheren Aktienanteil, das ist ja auch verständlich und kann man so machen angesichts der zumindest möglichen höheren Inflationsrate. Hat aber nichts mit der Sinnhaftigkeit von rebalancing zu tun.

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f86
· bearbeitet von f86
vor 7 Stunden von gurkentruppe:

Wenn Du zB beim befürchteten "Aktiencrash" einen Verlust von 50% auf die Aktien annimmst, dann würdest Du, wenn wir das Beispiel oben erweitern, nach einem Jahr ohne Rebalancing und anschl. Aktiencrash 25.000 Brote verlieren (Hälfte des Aktienwerts). Hättest Du vorher rebalanced, wie oben berechnet, würdest Du 50 % von 47.955 Broten verlieren, also nur 23.977 Brote, also weniger Verlust im Crash. Der Sinn des Rebalancing ist ja diese Risikobegrenzung.

Das stimmt, in dem Fall wäre es besser gewesen, vollständig zu rebalancen. Die Sinnhaftigkeit von Rebalancing im Sinne von antizyklischem Handeln und Risikoadjustierung (bei stabiler Währung) möchte ich gar nicht in Zweifel ziehen. Allerdings ist der Aktiencrash halt nur eins von mehreren möglichen Risiken. Ich suche nach einer Strategie, die möglichst in beiden Szenarien (Aktiencrash und Hyperinflation) jeweils einen Teil der Kaufkraft langfristig erhält. Wenn beides gleichzeitig kommt, wird es natürlich schwierig ...

vor 7 Stunden von gurkentruppe:

Ich glaube, was Du willst, ist einfach eine Rechtfertigung für einen höheren Aktienanteil, das ist ja auch verständlich und kann man so machen angesichts der zumindest möglichen höheren Inflationsrate.

Ein höherer Aktienanteil an sich würde mich ja nicht davor retten, in einer Hyperinflation durch Rebalancing nahezu meine gesamte Kaufkraft zu verlieren. Zur Verdeutlichung hier mit 100% Inflation und Asset-Allocation 40% Tagesgeld, 60% Aktien:

Inflation_AA_Hyperinflation.thumb.png.c55c03468638ca77d11424a494c3a7a0.png

 

Bei fixer Asset-Allocation schrumpft die Kaufkraft in Broten auf Dauer deutlich. Wenn ich die Assset-Allocation dagegen jedes Jahr entsprechend Inflation und Zins anpasse, bleibt mir der Gegenwert von 60.000 Broten erhalten. Ich muss allerdings zugeben, dass ich intuitiv bei 100% Inflation einen höheren realen Kaufkraftverlust ("Summe Brote") erwartet hätte. Bei 80% Aktien sieht es entsprechend noch besser aus.

 

Das sind natürlich Extremwerte. Allerdings denke ich mir halt: Wenn das Modell mit Extremwerten gut funktioniert und sich bei moderaten Werten nur wenig von der fixen AA unterscheidet, warum nicht permanent danach handeln? Bei realen Nullzinsen (Inflationsrate = Zins) entspricht es ja der fixen AA:

Inflation_AA_Realer_Nullzins.thumb.png.0d59338fbcd45eb8d0975c172ddbc4a4.png

 

Ein Nachteil scheint mir zu sein, dass bei positiven Realzinsen der Anteil der Aktien in der Asset-Allokation auf Dauer sinken würde:

Inflation_AA_Positiver_Realzins.thumb.png.106c0a53b9b3f0ae41fb0627b90ed799.png

 

Ergänzung: Bei moderater Inflation, Nullzins und positiver Aktien-Rendite wirkt sich ein höherer Aktienanteil logischerweise auch positiv aus:

Inflation_AA_Negativer_Realzins.thumb.png.e2cf79e4317f7e3da971da338c318f10.png

 

Anbei die Tabelle, falls jemand damit rumspielen möchte:

Inflation_AA.ods

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Maciej

Diese Diskussion hatten wir vor einigen Jahren schon mal irgendwo im Forum, vielleicht findest du die über die Suche noch. Es ist tatsächlich so, dass das Rebalancing in Extremszenarien versagt. Wenn sich also eine Hyperinflation abzeichnen sollte, müsste man irgendwann die Bremse ziehen und mit dem Rebalancing aufhören bzw. sogar noch den letzten Rest Papiergeld in Sachwerte umschichten. Hauptproblem ist hier, zu beurteilen, ob bzw. wann der Punkt erreicht ist, ab dem es kein Zurück mehr gibt. Es könnte ja auch eine Situation wie in den 1980ern eintreten, wo die Inflation doch wieder kehrtmacht. Dann nicht Gewinne aus Sachwerten z.B. in Anleihen umzuschichten, wäre kontraproduktiv.

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nicco

Real Estate ist mir zurzeit zu riskant, da einige Unternehmen wie z. Bsp. Unibail keine Dividende zahlen.

Gold war in den letzten Wochen kein Inflationsschutz, da die Renditen zu stark gestiegen sind.

 

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