der_daniel Februar 4, 2020 Hallo liebe Mitglieder, da ich mit meinen 18 Jahren noch relativ jung bin, mich aber sehr für das Thema Finanzen interessiere, bin ich irgendwann auf das Thema Optionsscheine gestoßen. Nun habe ich anscheinend ein Verständnisproblem, was die implizite Volatilität angeht. Implizite Volatilität ist (in meinem Verständnis) die vom Markt erwartete zukünftige Volatilität eines Basiswertes XY. Nun sehe ich aber, dass es Optionsscheine mit derselben Laufzeit und demselben Basispreis des Basiswertes XY gibt, die jedoch unterschiedliche implizite Volatilitäten aufweisen. Woran liegt das? Gibt es nicht nur eine allgemeingültige, vom Markt anerkannte implizite Volatilität für einen Basiswert? Ich würde mich sehr über hilfreiche Antworten freuen! Gruß Daniel Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
passiv_Investor Februar 4, 2020 · bearbeitet Februar 4, 2020 von passiv_Investor Es gibt tatsächlich unterschiedliche Schwankungserwartungen, da diese auch vom Strike (Basispreis) abhängig sind. Sie werden zwar alle aufs Jahr hochgerechnet um vergleichbar zu sein, in der Regel sind die niedrigsten Volas aber am Geld (beim aktuellen Basiswertkurs) und die hohen Volas weit aus dem Geld. So entsteht der "Volatility Smile", wenn man sich die Volas aller verschiedenen Strikes anschaut. Hier mal sichtbar gemacht am Beispiel der Tesla Optionen im vergleich die implizite Vola gestern und heute verschiedener Strikes und Verfall 21.Februar Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
reckoner Februar 4, 2020 Hallo, Zitat Woran liegt das? Ganz einfach, die implizite Volatilität ist eine theoretische Kennzahl die sich gerade aus dem Kurs ergibt (unterschiedliche Kurse=unterschiedliche Vola). Stefan Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
etherial Februar 4, 2020 vor 2 Stunden von der_daniel: Implizite Volatilität ist (in meinem Verständnis) die vom Markt erwartete zukünftige Volatilität eines Basiswertes XY. Der korrekte Zusammenhang ist wie folgt: es gibt Formeln (z.B. Black-Scholes-Modell, Binomial-Modell), mit denen man den Kurs einer Option bei Kenntnis der Volatilität und des Kurses des Basiswerts schätzen kann Wenn man nun den Kurs der Option (und des Basiswerts) schon kennt, kann man den Wert für die Volatilität bestimmen, der genau zu diesem Options-Kurs führen würde Dieser rückwärts berechnete Wert ist die implizite Volatilität In einem effizienten Markt wäre dieser Wert gleichzeitig auch die erwartete zukünftige Volatilität für den Basiswert (nicht die Option!). Bei Optionsscheinen wird der Preis jedoch von den Emittenten gemacht, sodass das schon mal nicht mehr stimmen kann. Der Theorie nach müsste die implizite Volatilität für den gleichen Basiswert immer gleich sein (egal welche Zeit und welchen Strikes man wählt), der Basiswert weiß ja gar nicht welche Optionen auf ihn geschrieben werden. @passiv_Investor hat oben in einer Graphik aufgezeigt, dass das eben nicht so ist. Das ist aber tatsächlich eine Anomalie - die stark darauf hinweist, dass die o.g. Modelle (Black-Scholes/Binomial) der realen Risikowahrnehmung nicht entsprechen. Da diese Anomalie (Volatility Smile) aber schon seit Jahrzehnten bekannt ist, muss man davon ausgehen, dass nicht der Markt Risiken falsch bewertet sondern die o.g. Modelle. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
der_daniel Februar 5, 2020 @passiv_Investor @reckoner @passiv_Investor Erst einmal besten Dank für Ihre Bemühungen! Es ist immer schön zu sehen, wenn erfahrene Anleger Neueinsteigern ihr Wissen bereitstellen. Ich denke, ich habe mich etwas ungenau ausgedrückt: Ich betrachte einen einzigen Basiswert, nennen wir ihn XX. Und ich habe 2 Optionsscheine, die beide denselben Basispreis mit derselben Laufzeit aufweisen und beide den Basiswert XX haben. Im Grunde genommen sind sie also identisch. Trotzdem werden bei beiden Optionsscheinen eine unterschiedliche implizite Volatilität angegeben. Wie kann das? Was ist also genau implizite Volatilität und von welchen Variablen hängt sie ab? @passiv_Investor: Warum ist die implizite Volatilität vom Basispreis abhängig? Den Basiswert XX "interessiert" es ja nicht, welche Optionsscheine auf ihn vergeben werden. Deshalb kann ich mir den Volatility-Smile auch nicht begründen. Beste Grüße Daniel Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
passiv_Investor Februar 5, 2020 Wenn es um OptionsSCHEINE geht, dann preist die immer der Emittent. Er stellt Kauf- und Verkaufskurse und bestimmt damit auch die implizite Volatilität. Da du Optionsscheine nur Long gehen kannst, sprich Käufer der Optionsscheine bist, lohnt es sich immer zu vergleichen und im Zweifel den preiswerteren zu nehmen. Wie die Emittenten dann aber eine Veränderung der Volatilität einpreisen, ist meist ziemlich willkürlich und das kannst du leider nicht vorhersehen. Darum gilt, Vorsicht ist besser als Nachsicht. Insbesondere beim Handel von Emittentenprodukten. Ein Grund mehr, warum ich nur am echten Terminmarkt mit richtigen Optionen unterwegs bin. Die preist nämlich nur der Markt, bzw. die Marktteilnehmer durch ihr Angebot und ihre Nachfrage. Wovon hängt die implizite Vola also ab? Bei echten Optionen vom echten Angebot und der Nachfrage der Marktteilnehmer und bei Optionsscheinen von der willkürlichen Bepreisung der Emittenten. Auch wenn diese sich sekundär natürlich nach den Volatilitäten der zugehörigen Optionen am Terminmarkt richten, so haben sie dennoch "Ermessensspielraum" Der Volatility Smile rührt daher, dass die Käufer von weit aus dem Geld Optionen logischerweise eine höhere Schwankungserwartung haben. Warum sollten sie sonst solche Versicherungen kaufen, deren Eintrittswahrscheinlichkeit ziemlich unwahrscheinlich ist? Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
reckoner Februar 5, 2020 Hallo, Zitat Ich betrachte einen einzigen Basiswert, nennen wir ihn XX. Und ich habe 2 Optionsscheine, die beide denselben Basispreis mit derselben Laufzeit aufweisen und beide den Basiswert XX haben. Im Grunde genommen sind sie also identisch. Trotzdem werden bei beiden Optionsscheinen eine unterschiedliche implizite Volatilität angegeben. Wie kann das? Wie ich schon sagte ist die implizite Volatilität eine theoretische Kennzahl (sie ist das Ergebnis). Die beiden von dir betrachteten Optionsscheine müssen sich also unterscheiden, und wenn du wirklich auf alles geachtet hast (insbesondere die Laufzeit) dann kann es nur der Kurs sein. Als Grund für unterschiedliche Kurse fällt mir folgendes ein: - nicht ganz aktuelle Kurse - Emittentenrisiko - Ziel des Emittenten (will er an jedem Optionsschein viel verdienen, oder generiert er seinen Gewinn aus der Masse?) - sehen kann man das am Spread und manchmal an durchweg zu teuren Papieren (bereits bei der Emission meine ich, da spielt es dann auch keine Rolle, dass auch beim Rückkauf zu viel bezahlt wird) Kommen wir noch zu dem Sinn der impliziten Volatilität: Es geht dabei darum aneinerKennzahl festzustellen, wie teuer die Option bzw. der Optionsschein im Marktvergleich ist. Regel: Man kauft im Zweifel lieber das Papier mit der geringeren Vola. Zitat Bei echten Optionen vom echten Angebot und der Nachfrage der Marktteilnehmer und bei Optionsscheinen von der willkürlichen Bepreisung der Emittenten. Auch Optionsscheine werden am Markt gehandelt. Sind die Kurse zu hoch kauft keiner mehr, und sind sie zu niedrig verkauft niemand. Da der Emittent aber in der Regel beides möchte muss er die Kurse entsprechend dem Modell stellen. Willkürlich geht natürlich, funktioniert aber nicht sonderlich. Stefan Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
passiv_Investor Februar 5, 2020 vor 2 Minuten von reckoner: Auch Optionsscheine werden am Markt gehandelt. Sind die Kurse zu hoch kauft keiner mehr, und sind sie zu niedrig verkauft niemand. Da der Emittent aber in der Regel beides möchte muss er die Kurse entsprechend dem Modell stellen. Willkürlich geht natürlich, funktioniert aber nicht sonderlich. Genau, darum ja auch mein Anhang, den du nicht mitzitiert hast Zitat Auch wenn diese sich sekundär natürlich nach den Volatilitäten der zugehörigen Optionen am Terminmarkt richten, so haben sie dennoch "Ermessensspielraum" Wenn dem nicht so wäre, dann hätten sie ja alle den selben Preis, was aber offensichtlich nicht der Fall ist. Und da gibt es teils eklatante Unterschiede trotz keinem Unterschied bei der Laufzeit und selbem Basispreis. Aber die meisten Privatanleger blicken da halt auch nicht durch bzw. können nicht richtig vergleichen. Darum können sie noch immer am Markt bestehen. Man kann die Dinger ja nicht leerverkaufen, um gegen den Emittenten zu wetten. Darum kommen die Arbitrageure nur auf den Plan, wenn die Scheine zu billig gepreist sind. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
reckoner Februar 5, 2020 Hallo, genau, das meinte ich mit "von Anfang an zu teuren Papieren". Da gibt es Emittenten da packen einfach gleich bei der Emission einen höheren Zeitwert drauf. Die verkaufen dann nicht en masse, verdienen aber bei jedem einzelnen Geschäft deutlich mehr. Beim Spread lässt sich ähnliches beobachten. Mich stört halt das "willkürlich", so schlimm ist es nun doch nicht. Stefan Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag