Leonhard_E Mai 30, 2016 · bearbeitet Mai 30, 2016 von Leonhard_E In dem Thema Hinzunahme Anleihen in bestehende AA kam es zu einer Diskussion über die Bedeutung der Korrelation von Assetklassen. Allgemeines Durch die Mischung von verschiedenen Assetklassen, welche ein möglichst negative Korrelation aufweisen, soll eine Reduktion der Volatilität und damit des Risikos eines Portfolios erreicht werden, ohne dabei wesentliche Renditeeinbußen zu erleiden. Nach der Portfolio-Theorie von Markowitz kann man durch geschickte Auswahl der richtigen Assetklassen und dabei Erreichung einer jeweils maximalen Rendite das "ideale Portfolio" erzeugen, welches maximale Rendite bei gleichzeitig niedrigstem Risiko hat. Dieses existiert in der Realität wohl nicht. Da in der Praxis häufig nicht die Daten für spezifische Produkte zur Verfügung stehen, um eine Aussage über die Korrelation treffen zu können, kann man sich auf Tools berufen, welche relativ allgemeine Angaben hergeben. Hier seien speziell das DekaTool und die MultiAsset Webseite als Beispiele zu nennen. Das MultiAsset Tool erscheint mir schlüssig, denn es unterstreicht auch die Aussagen in der Standardliteratur zu diesem Thema (d.h. Aktien und Staatsanleihen korrelieren wenig, Gold korelliert nicht linear mit Akien) Mathematische Betrachtung Nun versuche ich mich einmal an einer Erklärung anhand der mathematischen Aussagen, welche hinter der Korrelation stehen. Im Allgemeinen ist mit dem Begriff der Korrelation im finanzmathematischen Umfeld ein Zusammenhangsmaß gemeint, was aus mathematischer Sicht ein Korrelationskoeffizient (meist Pearson) ist. Die Werte liegen dabei in dem Intervall [-1;1] Zunächst einmal die Formel: Was will uns diese Formel sagen? Wie man anhand dieser Formal schnell sieht, handelt es sich also nur um eine lineare Korrelation. Dieser Korrealtionskoeffizient beschreibt also die Stärke einer linearen Beziehung zwischen genau zwei Variablen. (Anm.: Linear kann hier als "einfach" umschrieben werden). Eben diese Beziehung wird über die Formel Y = c + t · X dargestellt. Ausformuliert heisst das für linear korrelierte Variablen bei einer Korrelation von 1: Die Größe Y nähert sich statistisch einer Größe X an. Daraus folgt: Steigt X, so steigt auch Y in einem gewissen Maß. z.B. für jede Einheit die X steigt, steigt auch Y um einen gewissen Faktor. Also: Steigt X um 1, so steigt z.B. Y um 0,7. Steigt X um 2, steigt Y um 1,4 usw. Der Korrelationskoeffizient macht keine Aussage über eine stochastische Abhängigkeit. Das heisst (umgangssprachlich), wenn eine Größe steigt, folgt daraus nicht, dass eine andere Größe dann steigen muss. Man kann keine Berechnung durchführen, man kann nur Aussagen darüber treffen, dass dieser Zusammenhang über eine lange Reihe von Bewegungen als gegeben angenommen werden kann. Für eine Berechnung wäre eine Proportionalität notwendig, welche bei Assetklassen nicht gegeben ist. Interpretation Korrelation nahe 1: Steigt Asset a, so steigt auch Asset b um einen konstanten Faktor. Die Messwerte würden im zweidimensionalen Raum auf einer steigenden Geraden liegen. Korrelation nahe -1: Steigt Asset a, so fällt Asset b. Die Messwerte liegen auf einer fallenden Geraden. Korrelation um 0: Es ist keine Aussage über den Zusammenhang durchführbar. Möglicherweise sind die Variablen sogar linear unabhängig. Oder genauer: Steigt Asset a, so wird Asset b steigen, fallen oder gleich bleiben. Die Messwerte sind in der Ebene frei verteilt. Es kann jedoch eine nichtlineare Korrelation geben. Eine Korrelation im Sinn von "Verhalten scheint irgendwas miteinander zu tun zu haben" gibt es also nur wenn der Korrelationskoeffizient genügend nahe an 1 oder eben -1 ist. Je nach Fachrichtung nimmt man hier Werte von z.B. |0,7| an. Im Finanzbereich freut man sich offenbar schon über eine geringe Korrelation, also auch über Werte im Bereich von 0,0 Eine Folgerung von Prozentwerten, wann sich ein Asset wie entwickelt, wäre falsch und kann aus dem Korrelationskoeffizienten nicht interpretiert werden. Hierzu einige Beispiele (und Gegenbeispiel): Wie man hier sehr schnell sieht: Beispiel 1: Beide Größen steigen jeweils konstant => Korrelation 1 Beispiel 2: Eine Größe steigt, eine Größe fällt => Korrelation -1 Beispiel 3: Ein Größe steigt, eine steigt in 50% der Fälle und fällt in 50% der Fälle => Korrelation 0 Beispiel 4: Ein Größe steigt, eine steigt in 50% der Fälle und fällt in 50% der Fälle => Korrelation -0,18 Beispiel 3 zeigt übrigens eine Variante einer nichtlinearen Korrelation. Zwar gibt es eine Seite mit gleichmässigem Anstieg und eine Seite mit Fallen im Gleichschritt, aber insgesamt ergibt sich damit eine "Nicht-Korrelation". Wie man sieht, ist es nicht hinreichend, die Häufigkeit von Steigen und Fallen alleine zu betrachten. Wichtig ist der Faktor, um welche die Variablen steigen oder Fallen. Wenn es hier keinen entsprechenden Faktor gibt, dann gibt es keine Korrelation und es kann keine Aussage getroffen werden. Kommentare bitte hier im Thread. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
vanity Mai 30, 2016 Kleine Präzisierung zu Korrelation nahe -1: Steigt Asset a, so fällt Asset b. Die Messwerte liegen auf einer fallenden Geraden. Gegenläufiges Steigen und Fallen ist keine notwendige Bedingung für eine negative Korrelation. Zwei Reihen wie 1 2 2 1 1 2 2 1 ... weisen auch eine Korrelation von -1 aus. Da im Finanzsektor üblicherweise die Korrelation der Periodenperformances gemessen wird (und nicht etwa der jeweiligen Kursentwicklungen), hätten wir es hier mit zwei jeweils ausschließlich steigenden Entwicklungen zu tun, die dennoch perfekt negativ korrelieren. Lesetipp im Forum: Mythos Korrelation von etherial Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Leonhard_E Mai 30, 2016 · bearbeitet Mai 30, 2016 von Leonhard_E weisen auch eine Korrelation von -1 aus. Da im Finanzsektor üblicherweise die Korrelation der Periodenperformances gemessen wird (und nicht etwa der jeweiligen Kursentwicklungen), hätten wir es hier mit zwei jeweils ausschließlich steigenden Entwicklungen zu tun, die dennoch perfekt negativ korrelieren. Lesetipp im Forum: Mythos Korrelation von etherial Der Hinweis auf die Periodenperformance ist wichtig. Es werden z.B. Tages-, Wochen-, oder Monatsendwerte für die Berechnung verwendet. Danke auch für den Link. Dort wird mit einigen Mythen schon einmal aufgeräumt. Eine wichtige Lektüre wie ich finde. Allerdings verstehe ich den Teil mit "ausschliesslich steigend" nicht. Für mich sieht das gewählte Beispiel ungefähr so aus: Und hier gilt die Interpretation "Messwert X steigt, Messwert Y fällt sowie Messwert X fällt, Messwert Y steigt" in vollem Umfang, sodass die Korrelation von -1 exakt ins Bild passt. Wichtig auch an dieser Stelle: Der Faktor des Steigens und Fallens bleibt konstant. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
vanity Mai 30, 2016 Da war die Präzisierung doch nicht so präzise. Ausschließlich steigend bezog sich auf die Kursreihen, die Periodenperformance (1. Ableitung, sofern man hier davon sprechen kann) weist in diesem Fall das von dir beschriebene Verhalten (Steigen und Fallen) auf. Der Hinweis erscheint mir deshalb wichtig, weil ganz gerne zwei Kursreihen übereinander gelegt werden und daraus ein Schluss über die Korrelation gezogen wird, was aber freihändig geschätzt schnell daneben gehen kann. Diese Vorgehensweise ist zwar naheliegend, da man in gängigen Portalen meist bis immer Grafiken zur Kursentwicklung zu Gesicht bekommt und selten bis nie Graphen der Kursveränderungen (pro Zeiteinheit), aber dennoch nicht zielführend. (dasselbe gilt auch für die Ermittlung der Volatilität, die die Schwankung der Performance pro ZE misst und nicht die der Kurse) Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Hellerhof Mai 30, 2016 Danke für deine Arbeit! Allerdings habe ich immer noch Verständnisschwierigkeiten. Mein bisheriger (angenommener ) Kenntnisstand findet sich hier im Eröffnungspost wieder: Ausformuliert heisst das für linear korrelierte Variablen bei einer Korrelation von 1: Die Größe Y nähert sich statistisch einer Größe X an. Daraus folgt: Steigt X, so steigt auch Y in einem gewissen Maß. z.B. für jede Einheit die X steigt, steigt auch Y um einen gewissen Faktor. Also: Steigt X um 1, so steigt z.B. Y um 0,7. Steigt X um 2, steigt Y um 1,4 usw. Der Korrelationskoeffizient macht keine Aussage über eine stochastische Abhängigkeit. Das heisst (umgangssprachlich), wenn eine Größe steigt, folgt daraus nicht, dass eine andere Größe dann steigen muss. Man kann keine Berechnung durchführen, man kann nur Aussagen darüber treffen, dass dieser Zusammenhang über eine lange Reihe von Bewegungen als gegeben angenommen werden kann. Für eine Berechnung wäre eine Proportionalität notwendig, welche bei Assetklassen nicht gegeben ist. Das bekomme ich auch ohne Mühe mit der Definition von statista übereinander, welche ich im "Quell-Thread" gepostet habe. Ich scheitere aber immer noch daran es mit Folgendem zu vereinbaren: Korrelation und Wahrscheinlichkeit, dass b das gleiche macht wie a: +1.00 --> 100% +0.99 --> 90% +0.93 --> 80% +0.79 --> 70% +0.49 --> 60% +0.00 --> 50% -0.49 --> 40% -0.79 --> 30% -0.93 --> 20% -0.99 --> 10% -1.00 --> 0% und/bzw.: Die Korrelation besagt lediglich, dass wenn sich Asset A in eine Richtung bewegt, sich Asset B in 77% (nicht 0,77%) der Fälle in die entsprechend gleiche Richtung bewegt. Über die Höhe der Bewegung gibt es dabei keine Aussage. Für mich stellt sich das erstmal wie ein Widerspruch dar. Es ist nicht dasselbe, oder? Wenn mir jemand diesen Knoten im Kopf lösen könnte wäre ich sehr dankbar. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Leonhard_E Mai 30, 2016 Da war die Präzisierung doch nicht so präzise. Ausschließlich steigend bezog sich auf die Kursreihen, die Periodenperformance (1. Ableitung, sofern man hier davon sprechen kann) weist in diesem Fall das von dir beschriebene Verhalten (Steigen und Fallen) auf. Der Hinweis erscheint mir deshalb wichtig, weil ganz gerne zwei Kursreihen übereinander gelegt werden und daraus ein Schluss über die Korrelation gezogen wird, was aber freihändig geschätzt schnell daneben gehen kann. Diese Vorgehensweise ist zwar naheliegend, da man in gängigen Portalen meist bis immer Grafiken zur Kursentwicklung zu Gesicht bekommt und selten bis nie Graphen der Kursveränderungen (pro Zeiteinheit), aber dennoch nicht zielführend. (dasselbe gilt auch für die Ermittlung der Volatilität, die die Schwankung der Performance pro ZE misst und nicht die der Kurse) Das von dir gewählte Beispiel ist eine Extremsituation. Die Gerade der Messwerte ist hier eine Parallele zur X Achse. Theoretisch gibt es ein solches Beispiel auch für eine Korrelation von 1,0 als Parallele zur Y Achse. (*grübel*) Anhand von Kursreihen auf eine Korrelation zu schliessen empfinde ich als schwierig. Selbst wenn diese aus z.B. Tagesendkursen bestehen, so braucht es eine Korrelation von jenseits |0,8| damit man hier etwas sehen kann. Vor kurzem erst habe ich eine Visualisierung einer Korrelation von 0,95 gesehen. Diese hätte mit Sicherheit kein Mensch erkannt. Leider finde ich den Link nicht mehr, glaub es war auf zerohedge (das ich als amüsante Lektüre empfinde, aber nicht für Anlagestrategien benutzen würde). Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Leonhard_E Mai 30, 2016 · bearbeitet Mai 30, 2016 von Leonhard_E ... Das bekomme ich auch ohne Mühe mit der Definition von statista übereinander, welche ich im "Quell-Thread" gepostet habe. Ich scheitere aber immer noch daran es mit Folgendem zu vereinbaren: Die Korrelation besagt lediglich, dass wenn sich Asset A in eine Richtung bewegt, sich Asset B in 77% (nicht 0,77%) der Fälle in die entsprechend gleiche Richtung bewegt. Über die Höhe der Bewegung gibt es dabei keine Aussage. Für mich stellt sich das erstmal wie ein Widerspruch dar. Es ist nicht dasselbe, oder? Wenn mir jemand diesen Knoten im Kopf lösen könnte wäre ich sehr dankbar. Habe ich doch nicht alle Prozentangaben entfernt? Das war ein Fehler. Habe mich durch die 0,77% aufs Glatteis führen lassen. Die Angabe der Prozentwerte ist hier nicht zulässig, denn mitunter entscheidend ist eben die relative Veränderung der beiden Messgrößen. Das heisst auf Deutsch für eine Korrelation von 1,0: Steigt Asset X um eine Einheit, dann steigt Asset Y um z.B. 15 Einheiten. Steigt X um 2 Einheiten, steigt Y um 30 Einheiten usw. Werde meinen Beitrag in der Quelle sofort ändern. Hier eine Verdeutlichung, was hinter der Korrelation steckt, also auf was sich die Aussage der Korrelation bezieht. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Hellerhof Mai 30, 2016 Nochmals vielen Dank! Demnach macht der Korrelationskoeffizient keine Aussage zu Wahrscheinlichkeiten einer bestimmten 'Reaktion'? Über diesen Punkt bin ich bei dir und xfklu gestolpert. Die Verbindung zu Wahrscheinlichkeiten (bzw.: " in....der Fälle.") war/ist völlig neu für mich. Meine Interpretation lautet also (wieder): Der Korreltionskoeffizient gibt lediglich an, welcher (lineare) Zusammenhang im Betrachtungszeitraum bestandem hat. Wobei da eigentlich noch die Signifikanz betrachtet werden müsste, oder? Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Leonhard_E Mai 31, 2016 Nochmals vielen Dank! Demnach macht der Korrelationskoeffizient keine Aussage zu Wahrscheinlichkeiten einer bestimmten 'Reaktion'? Über diesen Punkt bin ich bei dir und xfklu gestolpert. Die Verbindung zu Wahrscheinlichkeiten (bzw.: " in....der Fälle.") war/ist völlig neu für mich. Meine Interpretation lautet also (wieder): Der Korreltionskoeffizient gibt lediglich an, welcher (lineare) Zusammenhang im Betrachtungszeitraum bestandem hat. Wobei da eigentlich noch die Signifikanz betrachtet werden müsste, oder? Ja, das stmmt. Der Korrelationskoeffizient spiegelt eine ex post Aussage über zwei Variablen wieder. Auch wenn daraus häufig (z.B. in der Portfolio Theorie von Markowitz) Prognosen generiert werden, müssen diese kritisch betrachtet werden. Die Signifikanz wird zunächst nicht betrachtet. Sie gibt hier an, ob ein von 0 verschiedener Wert eine relevante Aussage macht. Also z.B. ob 0,7 eine Korrelation darstellt oder nicht. Meistens wird das aber wohl angenommen. Wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Größe der Stichprobe, d.h. wieviele Wertpaare (x,y) überhaupt untersucht wurden. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag