M_isterx April 14, 2016 Liebe Mitforisten, mich beschäftigt gerade die Frage der Umsetzung einer sinnvollen branchenspezifischen Diversifikation innerhalb der Anlageklasse „Aktien“ (sei es direkt, sei es über entsprechende ETFs). I. Grundannahmen Bei meinen Annahmen gehe ich davon aus, dass der Markteffizienzhypothese jedenfalls grundsätzlich zutreffend ist. Ich bitte Euch dies bei Euren Beiträgen ebenso zu halten. Entsprechend ist die Zielsetzung der Diversifikation die systematische Renditeerwartung der Anlageform „Aktien“ zu realisieren werden. Die Realisierung der unsystematischen Renditechancen (mithin die unternehmensspezifischen bzw. branchenspezifischen „Renditechance“) ist nicht Ziel der Anlage. Hiermit korrespondierend wird das systematische Risiko bei in Kauf genommen. Das unsystematische Risiko (mithin das „das unternehmensspezifische bzw. branchenspezifische Risiko“) soll jedoch durch möglichst optimale Diversifikation möglichst minimalisiert werden. II. Ausgangspunkt 1. Eine optimale Diversifikation innerhalb der Anlageklasse „Aktien“ würde die Korrelation der einzelnen Aktien berücksichtigen und miteinander ins Verhältnis setzen. In der Praxis ist dieses Vorgehen jedoch kaum umsetzbar, da zum einen Korrelationen nur rückblickend (und damit mit Blick in die Zukunft fehlerbehaftet) ermittelt werden können und zum anderen sich eine entsprechende Investition jedenfalls bei einer Anlage in mehrere Aktien oder Sektoren nicht mehr vernünftig umsetzen ließe. 2. a) Sowohl die Literatur als auch die Praxis behilft sich vor dem genannten Hintergrund mit einer Diversifikation nach bestimmten allgemeinen Kriterien. Hinsichtlich der Diversifikationen innerhalb der Anlageklasse „Aktien“ (sei es direkt, sei es über entsprechende ETFs) erfolgt eine Diversifikation in erster Linie im Hinblick auf - die Region, aus der das Unternehmen stammt bzw. in der es aktiv ist (Länderdiversifikation) - die Branche, in der das Unternehmen aktiv ist (Branchendiversifikation) - die Größe des Unternehmens, meist nach Marktkapitalisierung (Größendiversifikation) Weitere Kriterien sind sicherlich denkbar (bspw. value vs growth), die vorstehend genannten dürften allerdings die üblichsten sein. b) Die Frage welches Diversifikationskriterium das wichtigste ist lässt sich über die Frage der Korrelation der unterschiedlichen Klassen eines Diversifikationskriteriums ermitteln (wobei auch insoweit selbstverständlich das Problem der retrospektiven Betrachtung besteht). Sprich: Sollten die Aktien der Branche A mit den Aktien der Branche B weniger korrelieren als die Aktien des Landes X mit den Aktien des Landes Y, wäre die Diversifikation nach Ländern weniger effektiv als die Diversifikation nach Branchen. Mir sind ältere Studien bekannt, welche die Diversifikation nach Ländern für effektiver halten als die Diversifikation nach Branchen. In der mir bekannten neueren Literatur wird hingegen (jedoch ohne entsprechende Belege) überwiegend davon ausgegangen, dass mittlerweile die Diversifikation nach Ländern für weniger effektiv ist als die Diversifikation nach Branchen. Begründet wird dies mit der zunehmenden Globalisierung, welche zu einer stärkeren Korrelation der Aktien der einzelnen Länder führen würde. Auch wenn ich hierzu aussagekräftige aktuelle Studien begrüßen würde, halte ich das Argument jedenfalls für schlüssig. Unabhängig von der Frage, welches Diversifikationskriterium für sich das effektivste ist, dürfte allerdings in jedem Fall feststehen, dass das beste Ergebnis erzielt wird, wenn sämtliche Diversifikationskriterien berücksichtigt werden, mithin eine Verteilung zwischen Ländern, Branchen und Unternehmensgrößen stattfindet. 3. a) Die Frage, wie eine Aufteilung im Hinblick auf die Länderdiversifikation erfolge soll, wird sowohl in der Literatur wie auch im Internet ausführlich diskutiert. Als Vorschläge genannt werden hierbei insbesondere diskutiert - Diversifikation nach Marktkapitalisierung - Diversifikation nach BIP - Diversifikation nach unterschiedlichen „Erfahrungswerten“ (bspw. 30 NA/30 EUR /30 EM /10 PAZ) - Diversifikation nach Gleichverteilung Insoweit darf ich auf den folgenden Thread verweisen: http://www.wertpapie...-der-beste-mix/ b) Die Frage wie eine Aufteilung im Hinblick auf die Größendiversifikation erfolge soll, wird bereits deutlich weniger diskutiert. Hier eher in den Fordergrund gestellt, dass LCs sicherer seien und SCs eine durchschnittlich höhere Rendite bringen würden. Ob diese Annahmen zutreffend sind soll an dieser Stelle offen bleiben (ich habe bspw. deutliche Zweifel daran, dass bei einer hinreichende Diversifikation innerhalb der Anlageklasse LCs tatsächlich sicherer sind als SCs –aber das kann ggf. in einem anderen Faden diskutiert werden. Im Ergebnis dürfte hier die Entscheidung für den Investor allerdings deutliche leichter sein, da lediglich 3 Klassen zur Auswahl stehen, so dass sich unter Diversifikationsgesichtspunkten ein (annährende) Gleichgewichtung aufdrängt. c) Keine brauchbare Erörterung finde ich allerdings zu der Frage, wie (unter Berücksichtigung der vorstehend genannten Zielsetzung) eine Aufteilung im Hinblick auf die Länderdiversifikation erfolge soll. Hier wird zwar ausführlich diskutiert, welche Branchen in Zukunft die höchsten Gewinne versprechen (Stichwort „Megatrends“). Diese Diskussion ist allerdings ausgehend von der Markteffizienzhypothese sowie die hier zugrunde gelegten Fragestellung nicht hilfreich, da es um die Diversifikation zur Risikominimierung und nicht um das aktive Investment zur Realisierung bestimmter weitergehender Chancen gehen soll. III. Fragestellung Damit stellt sich für mich die Frage, wie eine Branchendiversifikation aussehen sollte, soweit man die Markteffizienzhypothese als richtig unterstellt und keine unsystematischen Chancen bzw. Risiko realisieren bzw. eingehen möchte. Sollte jemand hierzu geeignete Fundstellen (im Internet oder in der Literatur) kennen, wäre ich für einen Hinweis dankbar. Ebenso soll hier natürlich die nach Eurer Ansicht richtige Antwort durch Euch dargestellt und erörtert werden. Da es hierbei allerdings bereits schwierig ist zwischen den einzelnen Branchen einheitlich zu differenzieren, bitte ich hierbei insoweit auf den GICS (als die mE gängigste Einteilung) abzustellen. Für all diejenigen die den GICS nicht kennen verweise ich auf die folgende Erklärung: https://en.wikipedia...cation_Standard Eine genauere Beschreibung und insbesondere die genaue Aufteilung findet man unter: http://www.mas.gov.s...Methodology.pdf Weiterhin bitte ich alle Beteiligten die gestellte Fragestellung zu diskutieren. Nicht diskutiert werden soll insbesondere: - ob die Markteffizienthypothese zutreffend ist - mit einer Investition in welche Branchen dein Outperformance möglich ist IV. Eigene Überlegungen Prinzipiell könnte Verteilung ähnlich wie bei der Länderdiversifikation erfolgen. Möglich wäre mithin zunächst eine Diversifikation nach Marktkapitalisierung. Hierzu müsste man ermitteln wie hoch die Marktkapitalisierung weltweit geordnet nach Branchen ist. Hierzu sind mir keine Daten bekannt. Sollte jemand entsprechende Daten vorliegen haben, wäre ein Hinweis interessant. Evtl. könnte man sich hier an einem Index oder ETF orientieren, der die weltweite Anlagemöglichkeit abbildet und die Zusammensetzung nach Branchen veröffentlicht. Weiterhin möglich wäre eine Diversifikation nach Anteil an der weltweiten Wertschöpfung. Dies wäre mE ein sehr interessanter Ansatz, auch hierzu sind mir jedoch keine Daten bekannt. Denkbar wäre weiterhin auch hier eine Aufteilung nach „Erfahrungswerten“. Hierbei würden dann sicherlich auch bestimmte Erwartungen berücksichtigt. Dies widerspricht zwar grundsätzlich dem gewählten Ansatz, findet sich aber letztlich ebenso bei der Länderdiversifikation (hier insbesondere bei der Frage der Gewichtung der EM bzw. der FM). Auch eine Diversifikation nach Gleichverteilung wäre theoretisch möglich. Ebenso wie bei den Ländern stellt sich dann allerdings die Frage, welche Einheiten man zusammenfasst. Bei Ländern werden bspw. häufig die Westeuropäischen Staaten zusammengefasst und gegenüber den nordamerikanischen Staaten gleich gewichtet. Ebenso könnte man allerdings bei diesem Ansatz die USA und Luxemburg gleich gewichten, was zu einem gänzlich anderen Ergebnis führt. Auf die Branchendiversifikation übertragen bedeutet dies folgendes: Stellt man auf die 10 „sectors“ ab, so sind bspw. die Bereiche „Energy“ und „Consumer Discretionary„ jeweils mit 1/10 gewichtet. Stellt man hingegen auf die 24 „industry groups“ ab, ist der Bereich „Energy“ mit 1/24 und der Bereich „Consumer Discretionary„ mit 5/24 gewichtet. So weite mein 2 cents Ich bin gespannt auf Eure Stellungnahmen Gutes investieren Mister X Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
otto03 April 14, 2016 Branchen wurden ex post hier diskutiert: https://www.wertpapier-forum.de/topic/43005-stoxx-global-1800-und-branchen/ Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Schildkröte April 14, 2016 Es gibt im Aktienbereich des Forums auch ein Subforum für Branchenthreads. Zunächst erstmal geht man ja gewisse Branchenwetten ein, wenn man bestimmte Branchen übergewichtet. Sowas sollte überlegt sein. Es kann jedoch auch Risikominimierung sein, (sehr) zyklische und/oder (dauerhaft) unterdurchschnittlich performande Branchen auszuschließen bzw. unterzugewichten. Das kann man alles über Branchen-ETFs machen. Der nächste Schritt ist dann ggf., sich innerhalb einzelner Branchen die "besten" Unternehmen herauszupicken. Die "besten" Unternehmen können etwa die jeweiligen Marktführer, die robustesten oder wachstumsstärksten Unternehmen sein. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
xfklu April 14, 2016 · bearbeitet April 14, 2016 von xfklu Hierzu müsste man ermitteln wie hoch die Marktkapitalisierung weltweit geordnet nach Branchen ist. Hier kannst Du eine Excel-Tabelle inklusive Sektoren (Branchen) vom "MSCI World" runterladen: https://www.ishares....kte/251881/IWRD 38.9% Financials 33.2% Energie 9.3% Industrie 6.6% Gesundheitsversorgung 3.6% IT 3.0% Materialien 2.3% Zyklische Konsumgüter 1.7% Nichtzyklische Konsumgüter 0.9% Versorger 0.5% Telekommunikation Oder vereinfacht: 1/3 Banken + 1/3 Energie + 1/3 Rest ... und fertig ist Dein Equal-Weight-Branchen-Depot Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Yerg April 14, 2016 Wenn du einen effizienten Markt annimmst, musst du meiner Meinung nach entsprechend der Marktkapitalisierung investieren. Sonst bekommst du über die Branchen, die du höher als der Markt gewichtest, ein branchenspezifisches Risiko, das nicht im Marktrisiko enthalten ist, also diversifizierbar wäre. Weiterhin möglich wäre eine Diversifikation nach Anteil an der weltweiten Wertschöpfung. Dies wäre mE ein sehr interessanter Ansatz, auch hierzu sind mir jedoch keine Daten bekannt. Unter Annahme eines effizienten Marktes sollte der Wertschöpfungsanteil der Marktkapitalisierung entsprechen, oder? Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
kafkaesk93 April 14, 2016 · bearbeitet April 14, 2016 von kafkaesk93 Hierzu müsste man ermitteln wie hoch die Marktkapitalisierung weltweit geordnet nach Branchen ist. Hier kannst Du eine Excel-Tabelle inklusive Sektoren (Branchen) vom "MSCI World" runterladen: https://www.ishares....kte/251881/IWRD 38.9% Financials 33.2% Energie 9.3% Industrie 6.6% Gesundheitsversorgung 3.6% IT 3.0% Materialien 2.3% Zyklische Konsumgüter 1.7% Nichtzyklische Konsumgüter 0.9% Versorger 0.5% Telekommunikation Oder vereinfacht: 1/3 Banken + 1/3 Energie + 1/3 Rest ... und fertig ist Dein Equal-Weight-Branchen-Depot Da sagt aber das Factsheet von MSCI etwas ganz anderes https://www.msci.com...world-index.pdf ansonsten gutes Thema, ich streue mal KBVs für Sektoren seit den 60ern (S&P 500 wenn ich mich nicht täusche) hinzu: http://investorfieldguide.com/wp-content/uploads/2015/05/prce-to-book-by-sector.png Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
xfklu April 14, 2016 Da sagt aber das Factsheet von MSCI etwas ganz anderes Hoppla, das sind ja gewaltige Unterschiede. Die Zuordnung ist zumindest bei den großen Firmen gleich, aber MSCI rechnet noch ein "Sector Wt.(%)" mit rein. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Yoko April 14, 2016 Persönlich nutze ich die Branchen von Morningstar und habe meine Branchen-Gewichtung für mein Einzelaktien-Depot der Verteilung des DWS Top Dividende und STOXX 600 nachempfunden. Hier meine Aufteilung: Rohstoffe: 10% Zyklische Konsumgüter: 10% Finanzen: 10% (deutlicher tiefer gewichtet als im Stoxx 600) Immobilien: 0% Nichtzyklische Konsumgüter: 25% Gesundheitsweisen: 15% Versorger: 5% Nachrichtenwesen: 5% Energie: 5% Industrie: 10% Technologie: 5% Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag