little.honda Dezember 14, 2014 Hallo zusammen, nachdem ich mich eine Weile eingelesen und einige hilfreiche Erkenntnisse hinzugewonnen habe, würde ich mich nun über Euren Input zu meiner anstehenden Herausforderung freuen. Ziel: Erstellung eines Altersvorsorge- und Vermögensbildungsplans. Erste Priorität hat für mich die Absicherung der Altersvorsorge. Vermögensbildung wird interessant, wenn dann noch etwas übrig ist. Zu meiner Person: Ich bin 36 Jahre alt, ledig, kinderlos und arbeite seit 3 Jahren selbständig im Transportsektor. Bislang habe ich nahezu keine Aufwendungen für Altersvorsorge und Vermögensaufbau betrieben. Aus früheren Angestelltenverhältnissen bestehen Ansprüche auf eine Mini-Rente, welche bei aktuell ca. 150 EUR läge. Ich habe ehrlich gesagt in finanzieller Hinsicht ziemlich den Schlendrian walten lassen, was mich jetzt einholt. Nun muss ich es schaffen, irgendwie mit begrenzten Mitteln noch eine verlässliche Altersvorsorge aufzubauen. Die Einnahmen aus meinem Geschäft schwanken. Mein Jahreseinkommen liegt derzeit bei ca. 45.000 EUR brutto. Aktuell ist es realistisch, dass ich monatlich etwa 1.000 EUR netto für Altersvorsorge / Vermögensbildung zurücklege. Es kann sein, dass der Betrag in Zukunft höher ausfallen wird, aber darauf möchte ich mich in meiner derzeitigen Planung nicht verlassen. Ersparnisse sind ca. 30.000 EUR auf dem Tagesgeldkonto vorhanden. Aktueller Stand meiner Überlegungen: Welche Anlagen kommen infrage, um dort mit dem Ziel der Altersvorsorge (und ggf. Vermögensbildung) monatlich 1.000 EUR zu investieren? 20.000 EUR vom Tagesgeldkonto sollen ebenfalls mittel- bis langfristig angelegt werden (15 bis 30 Jahre). Wichtig ist mir, dass ich keine Verpflichtungen über monatliche Zahlungen eingehe, die ich in möglichen "schlechten Zeiten" nicht bedienen kann. Monatliche Raten sollten also flexibel sein oder niedrig gewählt, verbunden mit der Möglichkeit von Einmalzahlungen. a) Indexfonds / ETF Hier erscheint mir die "Kommer-Strategie" mit Weltportfolio und risikoarmem Anteil (der mit der Zeit prozentual zunimmt) sinnvoll. b) myLife-Basis-Rente (Rürup auf Aktien- und Anleihen-ETF-Basis in wechselnder Gewichtung) Den Anreiz sähe ich hier darin, einen Vorteil durch die (anteilige) steuerliche Absetzbarkeit der Beiträge zu erlangen. Da sich mein Einkommen aber nicht im Bereich des Spitzensteuersatzes bewegt, frage ich mich, ob dieser Vorteil überhaupt existiert, wie groß er ist und ob er die Nachteile (Unflexibilität, evtl. geringerer Ertrag) der Rürup-Lösung aufwiegt. c) Weitere Vorschläge? Zum Einen bin ich mir unsicher, ob die vorgenannten Alternativen wirklich die bestmöglichen sind. Haltet Ihr die o.g. Anlagen im Hinblick auf meine Zielsetzung für sinnvoll? Gibt es weitere Anlagen, die Eurer Meinung nach für mich Sinn machen würden? Zum Anderen frage ich mich, ob ich mich für eine einzelne Anlageform entscheiden sollte oder ob es vorteilhafter ist, mehrere zu wählen (also z.B. ETF nach "Kommer" UND Rürup auf Anleihenbasis), und falls mehrere, wie ich die Anteile der einzelnen Anlagen gewichte? Ich hoffe, dass ich meine Anliegen deutlich formuliert habe! Für ungelenke Ausdrücke oder Ungenauigkeiten bitte ich um Eure Nachsicht... das ist alles ziemlich neu für mich Vielen Dank schon mal! Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
CHX Dezember 14, 2014 Tendenziell wäre eine Basisrente in deinem Fall wahrscheinlich gar nicht so verkehrt, da du hier möglichst geringe Monatsbeiträge vereinbaren kannst und danach in der Ansparphase sehr flexibel Zuzahlungen leisten kannst und das ist bei einem Selbstständigen mit nicht selten stark schwankenden Einnahmen sehr vorteilhaft. Das entsprechende Produkt sollte natürlich möglichst kostengünstig sein. Ggf. wären auch noch freiwillige Zahlungen in die GRV sinnvoll - müsste man im Einzelfall überprüfen. Alles was danach noch an Kapital zum Sparen zur Verfügung steht, kann in ETF-Sparpläne oder andere sinnvolle Anlagen fließen. Deine Ersparnisse auf dem TG-Konto würde ich nicht anlegen - als Selbstständiger brauchst du doch entsprechend hohe Rücklagen. Ggf. also eher noch aufstocken. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Sapine Dezember 14, 2014 Wir hatten vor wenigen Tagen eine ähnliche Diskussion https://www.wertpapier-forum.de/topic/45243-altersvorsorge/ Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
little.honda Dezember 19, 2014 Vielen Dank für die bisherigen Antworten und den Link zu dem anderen Thread. GRV und Rürup lauten also die Empfehlungen für meine Situation. Lassen sich Eure Empfehlungen begründen? Insbesondere die GRV-Empfehlung überrascht mich. Gibt es auch begründete gegenteilige Ansichten? Rürup-Produkte existieren meines Wissens nach auf Anleihen-, Fonds- und ETF-Basis, wobei die Anleihenprodukte am verbreitetsten zu sein scheinen (= Ergebnis Google-Recherche). Welche Variante haltet Ihr in meiner Situation für sinnvoll? Man kann beispielsweise bei der Lebensversicherung "mylife" einen Rürup-Vertrag abschließen, und innerhalb dieses Rürup-Mantels verschiedenste Fonds und ETF mischen. Ich stelle mir z.B. als sinnvoll vor, mit 90% Aktien-ETF und 10% Anleihen-ETF anzufangen und dieses Verhältnis peu a peu bis zum Ende der Ansparphase ins Gegenteil zu verkehren. Was haltet Ihr hiervon? Haltet Ihr den Betrag von 1.000 EUR für ausreichend? Welche Aufteilung haltet Ihr für empfehlenswert? 500 EUR Rürup und 500 EUR GKV? Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
tyr Dezember 19, 2014 Meine Empfehlung aus dem anderen Thread, die hier ebenfalls passt: Ich würde in deinem Fall von mehreren Seiten bezahlten (!) fachkundigen Rat einholen und dann auf dieser Basis eine Gesamtstrategie entwickeln. Zum Beispiel mit Rentenberater, Versicherungsberater, ggf. Verbraucherzentrale. Es gibt zu dem Thema auch Grundlagenbücher, z. B. https://www.test.de/shop/altersvorsorge-rente/altersvorsorge-fuer-selbststaendige-sp0300/ (keine Werbung, nur ein Tipp) Wenn dann mit mehr Grundlagenwissen und aufgebautem Altersvorsorgekonzept eine Idee vorhanden ist, wie man strukturiert vorgeht kann dann das Suchen und Abschließen von Produkten folgen, z. B. über Versicherungsmakler mit Spezialisierung und Erfahrung in Altersvorsorge. Ohne Ahnung von der Materie gleich irgendwelche Produkte besparen zu wollen, die darauf ausgelegt sind, ggf. Jahrzehnte oder lebenslang zu laufen halte ich nicht für sinnvoll. Die "Begründung" bzw. die Erarbeitung der Altersvorsorge-Grundlagen sehe ich als deinen Job an, wenn du es selbst machen willst. Alternativ bezahlte neutrale Beratung einholen. Zur Höhe der Sparleistung: ich würde -- ähnlich wie bei der Altersvorsorge Unselbständiger -- einen festen Prozentsatz des Einkommens sparen. Und dafür Sorge tragen, dass diese Sparleistung sicher für die Altersvorsorge liegen bleibt und nicht in Phasen finanzieller Schwierigkeiten angetastet wird. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
little.honda Dezember 19, 2014 · bearbeitet Dezember 19, 2014 von little.honda Vielen Dank für deine Rückmeldung. Die Entwicklung einer Gesamtstrategie durch Rat von mehreren Seiten hatte ich auch im Sinn. Allerdings war meine Hoffnung, diese HIER durch UNBEZAHLTEN Rat zu entwickeln Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
polydeikes Dezember 20, 2014 Die GRV hat einige Vorteile. Sie ist bspw. steuerlich absetzbar, nicht vom Zinsniveau abhängig und kann nicht gepfändet werden. Zudem muss man sich abgesehen von der Kontodeckung keine weiteren Gedanken mehr um die aktive Pflege dieses Altersvorsorgebestandteils machen. Darüber hinaus hat die GRV natürlich auch eine Reihe von Nachteilen. Bspw. die Abhängigkeit vom Wirtschaftswachstum / des Einkommensniveaus, die Umlagefinanzierung und somit Kopplung an die Alterstruktur der Bevölkerung, die gesetzlich seit 2005 beschlossene Senkung des Rentenniveaus bis 2035, die schrittweise Besteuerung bis zur Vollbesteuerung der Renten ab 2040. Als Selbstständiger kann man wählen, ob man an diesem System teilnehmen möchte oder nicht. Nur darf man eben nicht vergessen, dass der Arbeitnehmer mit gleichem Brutto mal eben salopp die Hälfte seiner Rentenbeiträge vom Arbeitgeber bezahlt bekommt. Effektiv hat der AN mit bspw. 45k Brutto einfach mehr raus als der Selbstständige mit 45k "Brutto". Dafür hat der Selbstständige schlichtweg mehr Möglichkeiten (und auch mehr Verantwortung), so können exemplarisch sogar alte Schicht 3 Rentenpolicen bis 2018 ggf. steuerlich geltend gemacht werden, beim AN schon lange nicht mehr möglich. Von diversen Gestaltungsmöglichkeiten hinsichtlich zu versteuerndem Einkommen mal ganz abgesehen ... Im verlinkten Thread ging es um einen Spätstarter, der bis dato kaum Ansprüche für die eigene AV erworben hatte. Die User rieten ihm zu bedenken, welche Ansprüche ein Arbeitnehmer in dieser Zeit bereits erworben hätte und automatisch weiter erwirbt. Daraus resultiert, seine Sparrate ist tatsächlich viel geringer, als es optisch wirkt. Doch selbst wenn man den GRV Teil eines AN mit deinem Einkommen von deiner angedachten Sparrate abzieht, hast du noch immer überdurchschnittliche Möglichkeiten und viele Jahre an Zeit. Nur teure Fehler solltest du keine mehr machen. --- Meine persönliche Meinung: Wer sich nicht selbst beständig um seine Assetallokation bekümmern möchte und als Selbstständiger "nur" adäquat zu guten Arbeitnehmereinkommen verdient, ist aktuell mit der GRV als Baustein gut bedient. Das "aktuell" entstammt vor allem auch aus dem derzeitigen Zinsniveau, keiner weiss, wie lange dieses anhält. Ich persönlich glaube schlichtweg, dass schwerpunktmäßig risikobehaftete, respektive unplanbare Anlagen eher ungeeignet sind, wenn man schlichtweg später das Brot davon bezahlen muss. Auch deswegen bewege ich mich selbst fast ausschließlich im Fixed-Income-Bereich und so gut wie gar nicht im Aktienbereich. --- All diese Entscheidungen muss jedoch jeder für sich selbst treffen. Das xyz in einem Forum zu abc geraten wurde, ist eine denkbar schlechte individuelle Planungsgrundlage. Möglichkeiten gibt es viele. Ein vorgefertigtes ETF Portfolio oder freie Wahl bietet für Basisrenten bspw. auch die InterRisk an. Genauso gut kann man auch ungeförderte Sparpläne selbst anlegen. Die Auswahl an "Fondsoptionen" ist das geringste Problem, man muss sich nur individuell entscheiden und hoffen, dass die Aktienkurse ausgerechnet zum gewünschten Zeitpunkt die gewünschte Höhe erreicht haben und dann ggf. auch noch die Verrentung passt. Alternativ eben eine Assetallokation entwickeln, die den eigenen Ansprüchen genügt. Und GRV ist da aktuell vermutlich nicht der schlechteste Baustein gem. obigen Schilderungen. Wissen kann man es erst hinterher ... In dem Sinne viel Erfolg, frohes Fest und guten Rutsch, mein wenigstens mal für dieses Jahr letzter Post im WPF. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
little.honda Dezember 22, 2014 Danke für die ausführliche und differenzierte Antwort. Wünsche allen ebenfalls schöne Feiertage und nen guten Rutsch! Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag