100 Mai 20, 2014 Hallo, Ich habe mir ein paar Kurse an der Universität angesehen zu Behavioral Finance, Computational Finance und mache nun gerade einen Kurs, in dem das Programm MatLab erklärt wird, weil es angeblich von Banken und Versicherungen viel benutzt wird und so herausragend toll sein soll. Aber mir scheint der gesamte Zweig, den die Universität da behandelt viel zu theoretisch und komplett abgekoppelt von der Realität. Vielleicht bin ich ja zu dumm dafür, aber ich sehe nicht den Sinn bspw. davon, sich bestimmte Assets auszuwählen, dann hypothetische Renditen für diese anzunehmen und dann die Korrelationen zwischen ihnen anhand Zufallsgenerierter Zeitreihen zu untersuchen. (nur so als Beispiel) Oder Standardabweichnungen von Assetrenditen zu berechnen oder oder oder, diese ganzen mathematischen Sachen. Es ist doch so, dass Aktienkurse sich dementsprechend entwickeln (wenigstens in etwa) wie die Neuigkeiten, die bezüglich des zugrundeliegenden Geschäfts sich entwickeln. Ich kann noch so viele Standardabweichungen von hypothetischen Renditen berechnen oder Korrelationen zwischen verschiedenen Wertpapieren, oder Mü-Sigma-Diagramme aufstellen, aber dadurch lässt sich doch die zukünftige Entwicklung nicht besser vorhersagen. Die gesamte Portfoliotheorie usw. scheint mir einfach nur ein Gebäude aus höherer Mathematik zu sein, dass sich zwar schön immer wieder berechnen lässt, worauf man Stunden und scheinbar (im Fall mancher Professoren) auch viele Jahre verwenden kann, aber alles basiert auf irgendwelchen Annahmen, die willkürlich getroffen wurden und in der Realität eh nicht so eintreffen. Daher meine Frage: Hat jemand von euch als Privatperson (oder meinetwegen als Professioneller Vermögensverwalter oder so) diese Dinge (die Theorien aus Computational Finance und der Portfoliotheorie und das Programm MatLab) schonmal in der echten Welt finanziell erfolgreich für irgendwas benutzen können? Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
corvus_maximus Mai 20, 2014 · bearbeitet Mai 20, 2014 von corvus_maximus Also MATLAB benutze ich derzeit fast täglich; allerdings bin ich Student im technischen Bereich. Ich kann nur sagen, dass MATLAB eine Programmiersprache ist, die komplizierte Rechnungen viel einfacher macht! Anders als in Programmiersprachen wie C/C++ oder Java sind nämlich viele mathematische Funktionen vordefiniert, sodass man sie im Prinzip nur noch anwenden muss. Und wenn du sagst, du kannst doch Excel: Vergiss es. Irgendwann kommst du an einen Punkt, an dem es mit Excel nicht mehr weitergeht. Dann brauchst du mächtigere Programmiersprachen. Ich weiß, dass es in MATLAB auch spezielle finanzmathematische Toolboxen gibt; die machen es dem Anwender noch einfacher. Generell kann ich aber zu finanzmathematischen Rechnungen in MATLAB nicht viel sagen (ich habe bislang fast ausschließlich technische Systeme berechnet), ich habe nur mal Charts geplottet und darin Wechselkurse herausgerechnet. Zu deiner Frage zur Portfoliotheorie (ich beschäftige mich hobbymäßig mit diesem Krams): 1) Viele Annahmen basieren auf Modellen. Daher muss man an manchen Stellen abstrahieren, sodass manche Konsequenzen etwas wirklichkeitsfremd erscheinen. Oftmals passt das aber näherungsweise mit der Wirklichkeit zusammen (das musste ich auch im Laufe der Zeit an meinen technischen Systemen lernen). 2) Wenn du einzelne Unternehmen betrachtest (du legst dir z. B. nur die VW-Aktie ins Depot), dann werden die Annahmen weitestgehend nicht zutreffen. Wenn du aber stark diversifizierst, wirst du die Vorhersagen der Finanzwissenschaften tendenziell wiedererkennen. Z. B. wenn du einen Value-Index mit einem Blend-Index über mehrere Jahrzehnte vergleichst, dann wirst du mit ziemlich hoher Wahrscheinlichkeit die vorhergesagten Eigenschaften wiederfinden: Höherer Erwartungswert der Rendite, höhere Volatilität... Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
lurklurk Mai 20, 2014 · bearbeitet Mai 20, 2014 von lurklurk Guck mal hier, was Absolventen solcher Master (Quantitative Finanzen) je nach Vorbildung normalerweise machen (Karrierewege, "Step I" dort): http://www.jasonhsu....areer_paths.pdf Ein schneller Weg zum Reichtum ist all das aber nicht, nein. In den von dir genannten Beispielen geht es eher darum, nicht nur Backtests mit einer einzigen Vergangenheit durchzuführen, sondern viele mögliche Szenarien zu simulieren. Risiken zu begrenzen, Chance-Risiko-Verhältnisse von Anlagevarianten immerhin besser einschätzen zu können als vorher usw. Fachliche Nachbarbereiche machen ähnliches: Operations Research, Controlling, Risikomanagement, quantitative Marktforschung, ... Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Schinzilord Mai 20, 2014 Dass Matlab "viel" genutzt wird im Banken- und Assetmanagerumfeld, halte ich für ein Gerücht. Matlab wird aber genutzt, v.a. von kleineren Gruppen und unabhängigeren Instituten. Die großen Banken / Versicherungen haben komplette Softwarelösungen mit speziellen Schnittstellen. Matlab ist so ein Zwischending: Für die Umsetung einfacher Handelsstrategien gibt es Klick- und Fertiglösungen, bei komplexen Bewertungen wird auf C++ Bibliotheken zurückgegriffen. Dagegen wird z.B. die Statistiksprache SAS bzw. R wohl häufiger genutzt. Aber: Matlab ist ein herausragendes Programm, das es auf alle Fälle wert ist, dass damit gearbeitet wird. Man kann sich wirklich auf die Inhalte konzentrieren und muss sich nicht mit Syntax und Problemen rumschlagen, die schon 1000ende vor dir gelöst haben. Sehr zu empfehlen ist: http://www.amazon.de/mathematical-techniques-finance-Incomplete-Markets/dp/0691141215 Mit zahlreichen Matlabcodebeispielen. Es geht wirklich in die Tiefe und meines Erachtens ein Must Have für den angehenden Quant. Um dich zu beruhigen: Alleine die Aufsicht verlangt so viele Berechnungen der Standard- Korrelationen, VaR, VaRs unter Stresstests etc. mit extrem simplen Annahmen, dass deine Zeit jetzt gut angelegt ist, das Standardwerkzeug gut zu beherrschen Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag