Schwalli Mai 13, 2013 · bearbeitet Mai 13, 2013 von Schwalli Freunde, ich brauche mal wieder Euren Rat. Mein Schwiegervater in spe ist ein gebranntes Kind. Sein Vater war nach einem Schlaganfall zehn Jahre lang auf das schwerste pflegebedürftig. Nun will er für sich selbst eine private Pflegeversicherung "Allianz PflegeRente Klassik" gegen eine Einmahlzahlung abschließen. Er möchte Stress und Kosten von seiner Familie fernhalten - insofern ist so eine Versicherung natürlich ein guter Gedanke. Ich finde aber einige Dinge problematisch. Zunächst ein paar Fakten: Der Versicherungsnehmer ist 59 Jahre alt, Vollzeitangestellter. Die versprochenen Leistungen: Pflegebedürftigkeit schwerster Art 2000 Euro mtl. Pflegebedürftigkeit schwerer Art 1200 Euro mtl. Pflegebedürftigkeit erheblicher Art 600 Euro mtl. Einmalbeitrag hierfür: 71.694,65 Euro Todesfallleistung (ähnlich wie bei einer Lebensversicherung), prognostiziert: 72.442,89 Euro (01.05.2014), 84.245,67 Euro (01.05.2025), 137.120,18 (01.05.2048) - natürlich alles mit Sternchen, nicht garantierte Überschussbeteiligungen etc. Es gibt "flexible Entnahmemöglichkeiten" aus dem Kapital. Prognostiziert: 26.961,18 Euro (01.05.2018), 40.261,70 (01.05.2025), 58.401,12 (01.05.2033) - auch alles mit Sternchen. Nun meine Bedenken: Von der Leistungsseite betrachtet In den Unterlagen heißt es wörtlich: -Zitat- Pflegebedürftigkeit schwerster Art (Stufe III oder 6 ADL-Punkte) 2000 Euro mtl. Pflegebedürftigkeit schwerer Art (Stufe II oder 4/5 ADL-Punkte) 1200 Euro mtl. Pflegebedürftigkeit erheblicher Art (Stufe I oder 3 ADL-Punkte) 600 Euro mtl. Um die Pflegebedürftigkeit festzustellen, erfolgt eine Einstufung entweder nach dem Maß an Hilfebedürftigkeit und dem Zeitaufwand für die Pflege (Pflegestufen) oder den „Activities of Daily Living“ (ADL, Verrichtungen des täglichen Lebens). (…) Bei der Einstufung wird das für Sie günstigere Verfahren angewandt. Die Pflegestufen entsprechen den derzeit im Rahmen der gesetzlichen PV verwendeten Pflegestufen. Eine Änderung der gesetzlichen Pflegestufen wirkt sich aber nicht auf die Definition der Pflegebedürftigkeit für Ihre Versicherung aus. Die genaue Definition der für Ihre Versicherung geltende Pflegebedürftigkeit entnehmen Sie bitte Ihren Versicherungsbedingungen. -Zitat Ende- Was ich mich frage: Wer stellt die Pflegebedürftigkeit und den Grad fest? Die gesetzliche Kranken-/Pflegeversicherung? Ein Gutachter? Oder die Allianz? Wenn es die Allianz ist, könnte es im Fall der Fälle ziemlich heikel werden. Denn wenn wir mal vom schlimmsten Fall ausgehen (beispielsweise Pflegestufe III, zehn Jahre lang), hieße das 10 Jahre mal 12 Monate mal 2000 Euro gleich 240.000 Euro, die für die Versicherung auf dem Spiel stehen. Und gerade die Allianz ist in den letzten Jahre groß darin gewesen, Kunden im Leistungsfall am langen Arm verhungern zu lassen (s. div. TV-Reportagen der letzten Monate). Das gilt natürlich für viele Versicherungen im Allgemeinen. Mittlerweile kommt bekanntlich ungefähr jede dritte Berufsunfähigkeitsversicherung im Leistungsfall vor Gericht – die Dunkelziffer von Leuten, die sich damit abfinden, ist dabei nicht mit eingerechnet. Könnte so etwas auch hier drohen? Warum gibt es zwei Systeme bei der Bewertung der Pflegebedürftigkeit? Was ist, wenn die Gesetzliche sagt, dass man Stufe III ist, aber die Allianz sagt, man hat 5 ADL-Punkte? Dann ist man eigentlich Stufe III und bekommst doch nur die Kohle für Stufe II. „Es wird das für Sie günstigere Verfahren angewandt“ – was ist hier günstiger? Der Satz klingt schon nach einem Fallstrick. Ist damit ein günstigeres Verfahren oder der günstigere Ausgang eines Verfahrens gemeint? Eine sehr entscheidende Frage. „Eine Änderung der gesetzlichen Pflegestufen wirkt sich aber nicht auf die Definition der Pflegebedürftigkeit für Ihre Versicherung aus“ – meint das die Änderung der Definition Deiner Pflegestufe oder meint das, dass wenn sich Deine Pflegestufe ändert, wieder erst die Allianz testen muss, ob das wirklich so ist? Von der wirtschaftlichen Seite betrachtet In den Unterlagen steht, dass für die o.g. Leistungen 71.694,65 Euro Einmalbeitrag fällig werden. Das ist natürlich eine ganze Menge Holz, die man jemand Fremden in die Hände gibt. Kurz überschlagen: 10 Jahre Pflegestufe I wären 72.000 Euro, 5 Jahre Pflegestufe II auch. Wenn man die 72.000 Euro also behalten und anlegen würde, kämen bei mickrigen angenommenen 2% Zinsen nach 10 Jahren schon fast 90.000 Euro raus. Gemeinsam mit den gesetzlichen Leistungen wäre das ja schon ein Betrag, mit dem man im Fall der Fälle eine ganze Zeit lang arbeiten könnte – ohne dass man sich mit einer Versicherung um die Pflegestufe oder gar die Auszahlung gerichtlich streiten müsste. Was mir besonders komisch vorkommt: Die Versicherung stellt in ihren Modellrechnungen sowohl als Todesfallleistung als auch als Rückkaufwert immer eine Betrag von mehr als 72.000 Euro in Aussicht – also alles ohne eine Mark Verlust? Das riecht nach einem fetten, fetten Haken bzw. klingt einfach zu schön, um wahr zu sein. Eine kostenlose Versicherung gibt es ja wohl nicht. Die Modellrechnungen haben überall Sternchen von wegen „Überschussbeteiligung kann nicht garantiert werden“. Eine Tabelle mit garantierten Werten wäre natürlich hilfreicher. Gleiches gilt für den mögliche Entnahmebetrag. Fragen Was meint Ihr? Lohnt sich eine solche Versicherung? Wo gibt es Fallstricke (mal abgesehen von der Gesundheitsprüfung analog zu BU/PKV)? Ist das nicht nur ein weiteres Angstgeschäft der Versicherungsindustrie? Was für Alternativen gibt es? Danke für jede Antwort. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
slt63 Mai 14, 2013 Die Idee Deines Schwiegervaters in spe (SVIS), Vorsorge für den Pflgefall zu treffen ist m.E. vernünftig und unterstützenswert. Ob die angepeilte Lösung geeignet und sinnvoll ist, sei dahin gestellt.. Warum keine Lösung mit lfd. Beiträgen statt Einmalbeitrag? Gibt es doch mittlerweile genügend. Versuche, Deinen SVIS dazu zu bewegen, sich bei einem (hoffentlich guten) Makler beraten zu lassen, und erst dann eine Entscheidung zu treffen. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Matthew Pryor Mai 14, 2013 · bearbeitet Mai 14, 2013 von Matthew Pryor Wurde auch über eine Alternative in Form eines Pflegetagegeldes gesprochen? Erfolgt eine Leistung auch bei eingeschränkter Alltagskompetenz und/oder Demenz? Es gibt einige Punkte, die von den Lebensversicherern deutlich schlechter geregelt sind als von den Krankenversicherern,da Sie oftmals nicht an die gesetzliche Definition der Pflegebedürftigkeit anknüpfen, sondern auf den (hauseigenen) BU-Bedingungen aufbauen. Zu nennen wären hier unter Anderem die Mitwirkungspflichten und die Bedingungen bei Nachprüfung(en). Pflegetagegeld ist einer Pflegerente fast immer vorzuziehen. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
ImperatoM Mai 14, 2013 Wer stellt die Pflegebedürftigkeit und den Grad fest? Die gesetzliche Kranken-/Pflegeversicherung? Ein Gutachter? Oder die Allianz? Wenn es die Allianz ist, könnte es im Fall der Fälle ziemlich heikel werden. Denn wenn wir mal vom schlimmsten Fall ausgehen (beispielsweise Pflegestufe III, zehn Jahre lang), hieße das 10 Jahre mal 12 Monate mal 2000 Euro gleich 240.000 Euro, die für die Versicherung auf dem Spiel stehen. Und gerade die Allianz ist in den letzten Jahre groß darin gewesen, Kunden im Leistungsfall am langen Arm verhungern zu lassen (s. div. TV-Reportagen der letzten Monate). Das gilt natürlich für viele Versicherungen im Allgemeinen. Mittlerweile kommt bekanntlich ungefähr jede dritte Berufsunfähigkeitsversicherung im Leistungsfall vor Gericht – die Dunkelziffer von Leuten, die sich damit abfinden, ist dabei nicht mit eingerechnet. Könnte so etwas auch hier drohen? [/size][/font][*]Warum gibt es zwei Systeme bei der Bewertung der Pflegebedürftigkeit? Was ist, wenn die Gesetzliche sagt, dass man Stufe III ist, aber die Allianz sagt, man hat 5 ADL-Punkte? Dann ist man eigentlich Stufe III und bekommst doch nur die Kohle für Stufe II.[*] „Es wird das für Sie günstigere Verfahren angewandt“ – was ist hier günstiger? Hier besteht kein Grund zur Sorge. "Günstiger" heißt hier "besser". Du kannst das aber auch im Beratungsportokoll festhalten lassen. Entscheiden über die staatlich anerkannte Pflegestufe wird ein Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen, darüber findest Du viele konkrete Infos bei Google. Informieren würde ich mich im Beratungsprotokoll noch darüber, was passiert, wenn es eine Beitragserhöhung gibt. Werden dann u.U. Nachzahlungen fällig? Allgemein tendiere ich aber auch eher dazu, Monatsbeiträge zu zahlen. Dann kann mit dem Geld weiterhin auf verschiedene Lebenssituationen reagiert werden. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Matthew Pryor Mai 14, 2013 · bearbeitet Mai 14, 2013 von Matthew Pryor Informieren würde ich mich im Beratungsprotokoll noch darüber, was passiert, wenn es eine Beitragserhöhung gibt. Da würden mich im Vorfeld zig andere Punkte interessieren,aber nicht die Beitragserhöhung bei einer Rentenversicherung.Die ist bedingungsseitig erst einmal ausgeschlossen und könnte erst dann relevant werden,wenn der Versicherer sich auf das VVG berufen muss. Entscheiden über die staatlich anerkannte Pflegestufe wird ein Gutachter des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen, darüber findest Du viele konkrete Infos bei Google. Viel interessanter sind die Regelungen,die bei einer Nachprüfung greifen. Da ist mitunter der MDK/MedicProof komplett außen vor. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Schwalli Mai 17, 2013 Also erstmal Danke für die ersten Beiträge. Wurde auch über eine Alternative in Form eines Pflegetagegeldes gesprochen? Erfolgt eine Leistung auch bei eingeschränkter Alltagskompetenz und/oder Demenz? Es gibt einige Punkte, die von den Lebensversicherern deutlich schlechter geregelt sind als von den Krankenversicherern,da Sie oftmals nicht an die gesetzliche Definition der Pflegebedürftigkeit anknüpfen, sondern auf den (hauseigenen) BU-Bedingungen aufbauen. Zu nennen wären hier unter Anderem die Mitwirkungspflichten und die Bedingungen bei Nachprüfung(en). Pflegetagegeld ist einer Pflegerente fast immer vorzuziehen. Nein, da wurde bislang nicht drüber gesprochen, aber nach erster Recherche bei einem Makler und bei Finanztest (aka Sport Bild der Versicherungswelt) ergibt sich m.E. auch Dein Urteil, dass eine Pflegetagegeldversicherung auf jeden Fall besser ist. Ich glaube, dass diese Art von Versicherung vom Modell her einer Berufsunfähigkeitsversicherung, die an eine Lebens-/Rentenversicherung gekoppelt ist, ähnelt. Oder? Überhaupt wird ja mittlerweile immer dazu geraten, Vermögensaufbau und Risikoabsicherung zu trennen – hier würde das Gegenteil passieren. Zudem fürchte ich, dass bei einer Versicherung, bei der jemand eine Summe von mehr als 70.000 Talern anschleppt, eine Riesenprovision für den Bankberater drin ist. Dein Einwand mit den Bedingungen der Nachprüfung ist natürlich auch richtig und wichtig und knüpft ja an meine ersten Fragen an, wer überhaupt die Pflegebedürftigkeit feststellt. Hinzu kommt bei der wirtschaftlichen Seite die Steuerfrage: Die Beiträge zu Pflegetagegeldversicherungen sind als Vorsorgeaufwand von der Steuer absetzbar. Die Leistungen sind steuerfrei: http://www.test.de/Pflegetagegeld-Antworten-auf-Leserfragen-1760128-1761124/ Lohnt sich natürlich nur, wenn man den jährlichen Höchstbetrag nicht schon erreicht hat. Pflegerentenversicherungen, abgeschlossen nach dem 1.1.2005 (Gesetzesänderung, betrifft schlechtere steuerliche Behandlung von Lebens- und Rentenversicherungen), sind weder in Sachen Beiträge absetzbar noch sind sie beim Kassieren der Todesfallleistung steuerfrei … stimmt das? Es handelt sich schließlich im weiteren Sinne um eine Rentenversicherung. Ich hab mal die Tendenz Richtung Pflegetagegeld angestoßen. Gibt es aus Eurer Sicht besonders empfehlenswerte/gefährliche Anbieter? Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Matthew Pryor Mai 18, 2013 · bearbeitet Mai 18, 2013 von Matthew Pryor Nein, da wurde bislang nicht drüber gesprochen, aber nach erster Recherche bei einem Makler und bei Finanztest (aka Sport Bild der Versicherungswelt) ergibt sich m.E. auch Dein Urteil, dass eine Pflegetagegeldversicherung auf jeden Fall besser ist. Zumindest bleibt man flexibler. Die Trennung der Komponenten Risikoabsicherung und Sparvorgang ist bei einem PTG eher gegeben als bei der Pflegerente. Allerdings bieten Pflegerenten mitunter auch den Vorteil, dass der Geltungsbereich weltweit gültig ist. Hier ist das Angebot der Tagegelder deutlich eingeschränkt. Das mindert aber kaum die Nachteile, die dadurch entstehen, dass die Anbieter von Pflegerenten → Lebensversicherer mit einem deutlich niedrigeren Rechnungszins kalkulieren müssen als die Krankenversicherer mit Ihren Pflegetagegeldtarifen. Für die Pflegerenten kommt zusätzlich erschwerend hinzu, dass zu Ihrer Kalkulation dynamische Sterbetafeln herangezogen werden. Das gleiche "Phänomen" wie bei den klassischen Rentenversicherungen. Pflegerenten kommen m.E. eigentlich nur dann in Frage,wenn Sie benötigt werden (klingt banal? so ist es .. Der ein oder andere möchte schließlich Sein sauer verdientes Vermögen nicht vererben) und Vorerkrankungen den Abschluss einer weiterführenden Tagegeldversicherung (exklusive "Pflege-Bahr") ausschließen. Ich glaube, dass diese Art von Versicherung vom Modell her einer Berufsunfähigkeitsversicherung, die an eine Lebens-/Rentenversicherung gekoppelt ist, ähnelt. Oder? Nein.Es ist eine Rentenversicherung, in aller Regel aufgesetzt auf die Bedingungen der hauseigenen BU-Produkte. Was nicht unproblematisch ist, da es für den Begriff der Berufsunfähigkeit keine gesetzlich vorgeschriebene Definition gibt. Anders als für die in SGB 11 geregelte Pflegebedürftigkeit. Überhaupt wird ja mittlerweile immer dazu geraten, Vermögensaufbau und Risikoabsicherung zu trennen – hier würde das Gegenteil passieren. Exakt. Dein Einwand mit den Bedingungen der Nachprüfung ist natürlich auch richtig und wichtig und knüpft ja an meine ersten Fragen an, wer überhaupt die Pflegebedürftigkeit feststellt. Für die erstmalige Prüfung der Pflegebedürftigkeit ist zunächst der MDK/MDS zuständig. Interessant wird es, wenn Nachprüfungen anstehen. Hier gibt es Unterschiede zwischen Pflegerenten und Tagegeldern. Mit einem klaren Definitionsvorteil für das Tagegeld. Nicht zu vernachlässigen sind im Übrigen auch die Kindernachversicherungsoptionen der PKV → Tagegeldanbieter, die Pflegerenten so nicht vorsehen. Ist allerdings in diesem speziellen Fall für den Vater aus meiner bescheidenen Sicht eher zu vernachlässigen. Und man sollte auch nicht vergessen, dass viele BU- Tarife eine Leistung auch bei Pflegebedürftigkeit vorsehen. Das sollte ebenfalls in die Pro / Contra- Kalkulation einbezogen werden, weil dadurch oftmals bereits eine "Teilkasko" bei Pflegebedürftigkeit besteht. Gibt es aus Eurer Sicht besonders empfehlenswerte/gefährliche Anbieter? Ja ... Bei individuellen Empfehlungen stoße ich hier persönlich aber schnell an meine Grenzen. Das hängt u.A. auch mit dem Gesundheitszustand, bereits vorhandenen Absicherungen, dem Vermögensstand etc. pp. ab. Ganz allgemein halte ich persönlich unter anderem Hallesche, SDK oder auch die BBKK für betrachtenswert. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag