Karl Napf September 7, 2012 Der ESM sollte ja als von den Staaten bestückte Geldkanone bereit stehen, wenn es darum geht, europäische Schuldenstaten eine Finanzierung zu erträglichen Konditionen zu sichern (so wie sein Vorgänger EFSF, der aber 2013 ausläuft). Nun droht aber das deutsche Verfassungsgericht, den ESM in der kommenden Woche zu stoppen, weil er das Budgetrecht souveräner Staaten außer Kraft setzt (weil die Staaten so viel Geld in den ESM nachschießen müssen, wie dort gebraucht wird). Wird der ESM aber nach der Entscheidung der EZB, Anleihen von Krisenstaaten in unbegrenzten Mengen aufzukaufen, überhaupt noch benötigt? Eigentlich tut die EZB jetzt doch das, was der ESM tun sollte, und sogar abhängig von denselben Kriterien (Schlüpfen unter den Rettungsschirm, d. h. Befolgen von Spar-Auflagen - wie genau die EZB das ohne ESM organisieren sollte, ist eine andere Frage). Spanien müsste also in jedem der beiden Fälle seine Bedürftigkeit offiziell eingestehen und den Haushalt sanieren, um in den Genuss von Anleihe-Käufen durch die EZB zu kommen (der spanische Aktienmarkt macht heute bereits einen Jubelsprung um gut 5%). Hat die EZB diesen Entschluss zum hemmungslosen Anleihe-Kauf gezielt jetzt getroffen, um einem wie auch immer ausfallenden Urteil aus Karlsruhe die Brisanz zu nehmen? Denn ein Scheitern des ESM ohne Plan B (in diesem Fall eben die EZB als Gelddruckmaschine) hätte an den Börsen sicherlich einen heißen Herbst bedeutet. In diesem Zusammenhang stellt sich mir gleich noch eine zweite Frage: Ist die Staatsfinanzierung direkt durch die EZB nicht überhaupt die vernünftigere Lösung im Vergleich zur Senkung des Leitzinses? Die Banken haben gigantische Mengen Geld aufgesaugt, aber die Hoffnung der EZB, dass sie dieses Geld in südeuropäische Staatsanleihen investieren, scheint nur teilweise aufzugehen: Wir sehen beispielsweise bei den Nahrungsmittelspekulationen und auch den steigenden Aktienkursen, dass ein gewisser Teil des EZB-Geldes in Kanäle abfließt, für die dieses Geld nicht unbedingt gedacht war. Dürfen wir also mit sinkenden Nahrungsmittelpreisen rechnen, wenn die EZB die Staatsfinanzierung (unter Bruch des Maastricht-Vertrags) nun ganz offen selbst in die Hand nimmt? Und als Fußnote hinten dran: Welche Erwartungen bezüglich der Kurse von Inflations-gelinkten Anleihen im Vergleich zu Plain-Vanilla-Bonds lassen sich aus der EZB-Entscheidung ableiten? Werden sich die gedruckten Euro-Massen "sterilisieren" lassen, oder kommt nun endgültig die deutlich höhere Inflation, mit deren Hilfe die Staaten ihre Verschuldungsgrenze wieder in Maastricht-Dimensionen senken könnten? Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Apophis September 7, 2012 Wo siehst du einen Sprung um 5% in Spanien. http://www.ariva.de/ibex-index Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Torman September 7, 2012 Durch die EZB Entscheidung ist eine Diskussion über die weitere Aufstockung der Rettungsschirme hinfällig. Die EZB erweitert den ESM/EFSF nahezu unbegrenzt nach oben. Damit ist es nicht mehr so wichtig, wann der ESM kommt. In der Zwischenzeit dürfte auch der EFSF ausreichend sein. Nur das Thema direkte Bankenrekapitalisierung durch den Fonds dürfte etwas schwieriger werden. Die Kosten werden wohl zunächst auf nationaler Ebene bleiben. Das verschafft Merkel die nötige Ruhe vor der Bundestagswahl. Bis dahin muss sie wohl keine kritischen Entscheidungen (Aufstockung, Übernahme Kosten Bankenrettung) mehr durch den Bundestag bringen. Damit bleibt nur noch Griechenland als offenen Flanke. Mal sehen, wie man das Problem in die Zukunft schiebt. Das Thema Sterilisierung ist nur Symbolpolitik der EZB. Faktisch teilt sie den Banken soviel zu, wie diese haben wollen. Das war übrigens auch schon vor der Krise so, nur weniger offensichtlich. Die Zentralbank alimentiert jede Kreditvergabe der Banken mit entsprechendem Zentralbankgeld. Sie achtet dabei nur darauf, dass der kurzfristige Geldmarktzins etwa dem Leitzins entspricht. Das hat sie in der Krise aufgegeben und fährt damit nun eine Art Nullzinspolitk in diesem bereich. Eine echte Mengensteuerung durch die Zentralbank gibt es aber schon lange nicht mehr. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag