Schinzilord April 19, 2012 · bearbeitet April 19, 2012 von Schinzilord Hallo! Ich poste den Beitrag hier im Fondsdepotunterforum, weil er hier meines Erachtens mehr Aufmerksamtkeit erhält als in der Sonstige Altersvorsorgesituation. Es soll um die Abschätzung gehen, wie sich zukünftige Nettoverzinsungen von Lebens/Rentenversicherungen verhalten. Es ist ja nur der Garantiebeitrag garantiert (aktuell nur 1.75% von ehemals 2.25%). Die Rendite der Versicherung steht und fällt aber mit der nicht garantierten Überschussbeteiligung. Und um diese für die nächste Zukunft "vorherzusagen", habe ich Vergangenheitsdaten gefittet und dann in die nächsten Jahre extrapoliert. Zugrundeliegende Gedanken: - Versicherungen kochen nur mit Wasser und legen sehr sicher an (DEBEKA in den letzten Jahren mit 99% Anleihenquote) - Zur Absicherung ihrer langlaufenden Verbindlichkeiten kaufen sie langlaufende Staatsanleihen von z.B. Deutschland (sog. Durationmatching) - Durchschnittsvergangenheitsdaten zur Nettoverzinsung habe ich seit 1997 von hier - demgegenüber hatte ich Daten der Umlaufrendite von 5y, 10y und 15y Bundesanleihen von der Statistikseite der BRD. Disclaimer: Ich verlasse mich bei den Daten zur Lebensversicherungsnettoverzinsung auf die Quelle, aber es klingt alles Plausibel (Edit: Hier noch die GDV selbst (aus Seite 15)) Ein Fit der Daten ergibt eine sehr hohe Korrelation >95% mit 99% 10jährige Bundesanleihen und 1% Aktien. Diese Quote habe ich hergenommen für die Extrapolation. Hierbei wurde ein Zinsszenario unterstellt, dass der Leitzins ab 2015 wieder ansteigt wegen Inflationsgefahren etc. Da die Versicherungen ja noch alte Langläufer im Depot haben, setzt der Aufschwung erst später ein (mit ca. 5Jahren Verspätung). Dafür profitiert man jetzt bei Nettoverzinsungen von >4% auch noch von den alten Langläufern. Bei dem Modell muss man sich also noch auf absinkende Zinsen bis 2022 einstellen (bis hinab zum Garantiezins), ehe die Verzinsung wieder ansteigen kann. Insbesondere werden dann sehr schwere Jahre kommen, wenn man auf dem TG bereits wieder 4% Zinsen erhält, jedoch die LV nur 2% ausweist. Mein Modell hat noch 100 Schwächen und sollte auch nur eine grobe Abschätzung liefern (und ich hab auch nicht ewig viel Zeit reingesteckt). Fazit: - LV halten hohe Anleihenquoten von Langläufern - Zinsänderungen schlagen erst mit erheblichen zeitlichen Änderungen von ein paar Jahren durch - die schlimmen Jahre kommen erst noch unaufhaltsam (selbst, wenn sich schon ab nächster Woche der Leitzins verdoppeln sollte!) - Werbeversprechen der Versicherungsindustrie mit alten Überschussbeteiligungen sollten kritisch hinterfragt werden! - comments welcome! Edit: Könnte bitte ein Mod den Thementitel ändern: in "Abschätzung zukünftie Verzinsung von Lebens/Rentenversichungen" Vor lauter Versicherungen und Verzinsungen komme ich schon total durcheinander... Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Torman April 19, 2012 Ich denke der Ansatz ist grundsätzlich richtig. Eine offene Frage ist aber, ob die Versicherer ihre Anlagepolitik im Zeichen der Krise im Euroraum und den extrem niedrigen Zinsen von Bundesanleihen überdenken. Schließlich speist sich auch ihr Gewinn teilweise aus den Überschusserträgen und sie müssen bei ansteigenden Zinsen konkurrenzfähig bleiben gegenüber Tages- und Festgeld. Ich könnte mir daher vorstellen, dass die Versicherer in Zukunft mehr Kreditrisiko eingehen. P.S. Bis du jetzt schon sicher, dass der Aktienmarkt 2017 so stark einbricht? Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
sparfux April 24, 2012 · bearbeitet April 24, 2012 von sparfux Ich rechne selber immer die Renditen meiner KLV und von Pensionskasse und Direktversicherung durch. Meist bekommt man die Daten, mit denen man was anfangen kann, von den Versicherern nicht nicht automatisch zugeschickt. Ich rufe dann einmal im Jahr dort an und lasse mir entsprechende Auskünfte z.B. über Rückkaufwerte, beitragsfreie Leistungen etc. zusenden. Meist schicken die Versicherer immer irgendetwas, was entweder nicht garantierte zukünftige Zusteilungen enthält oder darauf basiert, dass man bis zm Ablauf der Versicherung immer weiter die Beiträge zahlt. Beide Annahmen helfen mir nicht. Die nicht garantierten Zuteilungen sind eh nur Makulatur, wie Schinziloard berechnet hat, und die Annahme der dauerhaften Beitragszahlung ist speziell bei Versicherungen über den Arbeitgeber (Stichwort Arbeitgeberwechsel) auch nicht selbstverständlich. Deshalb frage ich immer entweder nach dem gegenwärtigen Rückkaufwert und/oder der garantierten beitragsfreien Leistung zum Vertragsende. Dann kann man mit dem Internen Zinsfuss die Rendite bisher berechnen. Von den 3 genannten Versicherungen lohnt sich die private KLV (HUK) bisher am Meisten, gefolgt von der Direktversicherung (Allianz Altvertrag mit steuerfreier Auszahlung und 20% Pauschalbesteuerung) zumindest, wenn man den Steuervorteil mit einrechnet. Die Pensionskasse (ERGO) ist am grottigsten mit nur garantierten nur 2,56% bei über 30 Jahren Laufzeit. Gerade habe ich mit der Ergo telefoniert. Habe da mittlerweile eine Durchwahl zu einem recht kompetenten Mitarbeiter. Er meinte die Zinsänderungen würden sich nach 2-3 Jahren bemerkbar machen. Um ehrlich zu sein, glaube ich da aber auch eher Deiner Prognoserechnung. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Fondsanleger1966 September 20, 2012 Hallo! comments welcome! Die Frage, wie lange und wie gut die Versicherer das Zinstief durchhalten, ist sicherlich eine ganz wesentliche. Auch der Hinweis darauf, dass die Zinsen für Tagesgeld und andere Anlagen schneller wieder steigen könnten als die Überschussbeteiligungen der Policen, ist wichtig. Dies birgt bei privaten Versicherungen das Risiko einer massiven Kündigungswelle mit entsprechenden Auswirkungen auf die Kapitalanlagen. Das ist der Branche bewusst - und deshalb gibt es auch so viel Widerstand von den Versicherern gegen Regelungen der Politik, die Bestandsversicherte bei einer Abwanderungswelle schädigen wie etwa die Beteiligung an Bewertungsreserven. Allerdings bringt die Regressionsrechnung meiner Meinung nach keinen Mehrwert gegenüber der einfachen Überlegung, dass die durchschnittliche Überschussbeteiligung bei einem Anhalten des Zinstief noch eine Zeit lang sinken und ein Anstieg danach auch nicht 1:1 mit den Marktzinsen erfolgen wird. Dafür enthält die Rechnung einfach zu viele Schwächen - auch wenn ich nicht auf die von Dir genannten 100 komme. Um ein paar zu nennen: - Der Aktienanteil der Lebensversicherer liegt auch heute noch deutlich über den 1%. Zum Jahresanfang waren es laut GDV 2,9% in *Buch*werten. In Marktwerten entsprechend höher. - Hinzu kommen noch knapp 1% Private Equity und eine nicht genannte High-Yield-Quote als aktienähnliche Anlagen. - Kursgewinne fließen praktisch nur bei Realisation in die Nettoverzinsung ein. Daher führt eine Regression mit höheren Aktienanteilen vermutlich zu schlechten statistischen Ergebnissen. - Es gibt auch ein paar Prozent Immobilien und einen wachsenden Anteil an Infrastruktur und Energie-Beteiligungen mit deutlich höheren Renditen, als Zinsanlagen derzeit für gewöhnlich bringen. - Die Zinsanlage erfolgt eben nicht - wie unterstellt - hauptsächlich in (langlaufenden) deutschen Staatsanleihen. Dies ist z.B. der von Dir verlinkten GDV-Broschüre auf den Seiten 26-28 zu entnehmen. Hier der Link zur inzwischen erschienenen aktuellen Broschüre: http://www.gdv.de/wp...Zahlen_2012.pdf - Stattdessen investieren die Lebensversicherer in zahlreiche andere Zinsanlagen mit höherer Rendite. Eine zusätzliche Aufgliederung mit z.T. feinerer Unterteilung findet sich hier auf S. 42: http://www.gdv.de/wp...ch-GDV-2012.pdf - Die laufende Durchschnittsverzinsung betrug 2011 im Branchenschnitt 4,19% p.a. (S. 29 der Broschüre zwei Links weiter oben): - Sie ist also ggü dem Vorjahr (Dein Link) zumindest minimal gestiegen, während die Regressionsrechnung ein weiteres Absinken andeutet. - Der durchschnittliche Garantiezins deutscher Lebensversicherer beträgt aktuell 3,3 Prozent. Dieser darf bei Neuanlagen nicht in großem Umfang und dauerhaft unterschritten werden. Das ist den Versicherungsvorständen klar und sie handeln entsprechend. - Im Gegensatz zu kleinen Riester-Banksparern wie mir sind sie dem Zinstief nicht schutzlos ausgeliefert. Sie weichen z.B. in höher verzinsliche Anleihensegmente aus - etwa Emerging-Markets-Anleihen, dänische Pfandbriefe, Covered Bonds in Euroland usw. - Z.B. hat die Allianz so ihre Zinsneuanlagen 2011 zu durchschnittlich 4% abgeschlossen - siehe https://www.allianzd...-joerg-ladwein/ - Die Renditen eines beispielhaften Neuanlagekorbes zeigt S. 23 dieser Präsentation: http://www.google.de...8Gw4H-30I1AJQ4Q - Hinzu kommen innovative Finanzierungsformen wie diese hier, bei der die R+V eine Investition der Stadt Wiesbaden über 20 Jahre finanziert (Verzinsung 4,25%): http://www.google.de...jYcfhbEfSHZ_Fcw Zumindest der eingeklammerte Teil Deines Fazits Zinsänderungen schlagen erst mit erheblichen zeitlichen Änderungen von ein paar Jahren durch - die schlimmen Jahre kommen erst noch unaufhaltsam (selbst, wenn sich schon ab nächster Woche der Leitzins verdoppeln sollte!) trifft also definitiv nicht zu. Wenn sich schon ab nächster Woche der Leitzins verdoppeln sollte und die Anlagezinsen entsprechnd anzögen, wären die Lebensversicherer fein aus dem Schneider. Erstens wären die aktuellen Überschussbeteiligungen dann immer noch attraktiv. Zweitens könnten sie diese wegen der besseren Neuanlagekonditionen wieder erhöhen. Drei weitere Jahre Zinstief könnten dagegen für den einen oder anderen Versicherer unangenehm werden. Zwar haben sich einige Gesellschaften bereits vor mehreren Jahren so aufgestellt, dass sie aus heutiger Sicht noch ein Jahrzehnt Niedrigzinsen gut durchhalten können. Das dürfte aber nicht für alle gelten. Deshalb frage ich immer entweder nach dem gegenwärtigen Rückkaufwert und/oder der garantierten beitragsfreien Leistung zum Vertragsende. Dann kann man mit dem Internen Zinsfuss die Rendite bisher berechnen. Das kann man so machen. Man erhält aber nur einen Teil der voraussichtlichen Rendite, weil z.B. die vorgesehenen Schlussüberschüsse (oft um die 0,6% p.a.) dann fehlen. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Schinzilord September 21, 2012 · bearbeitet September 21, 2012 von Schinzilord Danke für deinen Comment! Ich stimme bei manchen Punkten zu, bei anderen habe ich andere Ansichten. 2011 war die Nettoverzinsung bei 4.19%, minimal weniger als 2010 (4.27%), Tendenz also weiter leicht fallend (wenn man die Effekte von 2008 und 2009 rausrechnet), wenn auch nicht so hoch wie von mir prognostiziert. Zur Asset Allocation: Du hast zwar Recht, dass 90% Staatsanleihen nicht zutreffen, jedoch sind es 25% Darlehen 23% Pfandbriefe, 21% über Fonds gehaltene Renten (also wohl ähnliche Struktur in Darlehen und Pfandbriefen). Pfandbriefe sind ähnlich sicher und langweilig wie Staatsanleihen (ich bin mir der Unterschiede schon bewusst, sie kommen aber für mich in die gleiche Kategorie). Darlehen meint wohl hauptsächlich Immobiliendarlehen mit Zinsbindungen >10 Jahre (von mir geschätzt). Bei der Restlaufzeit sieht man, dass sie einen langfristigen Kapitalanlagebestand um die 10 Jahre haben. Wenn man die Restlaufzeit von sagen wir durchschnittlich 7 Jahren annimmt, werden pro Jahr 14% des Anlagevolumens durch Neuabschlüsse umgeschichtet. Wenn das Zinsniveau weiterhin tief bleibt, sind in 3 Jahren (seit 2 Jahren tiefe Zinsen) ca. 5*14%~70% in niedrigverzinste Anlagen umgeschichtet. Da kann ich wirklich nicht erkenne, dass sich bei einem Leitzinsanstieg in 3 Jahren die Verzinsung der LV sofort nach oben bewegen sollte? Eher sehe ich andere Probleme: es werden mehr Risiken eingegangen (die von dir genannten 4% Verzinsung der Allianz im Jahre 2011 meint wohl Bonitäten <A), dazu alternative Geschäftsmodelle ohne lange Erfahrung (Beteiligungsmodelle) und höhere Aktienquoten. Dass das Risiko steigt, ist nicht von der Hand zu weisen, wenn weiterhin mindestens 4% Verzinsung erreicht werden muss. Dazu die langen Zinsbindungen für Neuanlagen (oder nenne es lange Risikobindung), wenn jetzt in dem Marktumfeld trotzdem 4% Verzinsung erreicht wird. Solch einen optimistischen Ausblick wie du habe ich nicht. Zukünftige Geschäftsfelder aus deinem verlinkten Bericht 2012: Infrastruktur, mehr Aktien, Erneuerbare Energien, Mittelstandsfinanzierung, 15% Anleihen Frankreich, Belgien, Österreich. Die Aussage ist ja trivial, dass das Risiko steigt, wenn oberhalb des risikolosen Zinssatzes Renditen erzielt werden. Früher war es ein kann, jetzt ist es ein Muss. Mit deinen Informationen muss ich meine Prognose von oben revidieren: Sie kochen in Zukunft nicht mehr nur mit Wasser, sondern würzen auch mit Beteiligungen und alternativen Geschäftsfelder. Das Absinken der Verzinsung wird so verhindert werden können, allerdings zu einem erhöhten Risiko. Auswirkungen auf den Anleger? Stärker schwankende Überschussbeteiligung bis hin zum Problem des Abschmelzens von stillen Reserven bis hin zur Beteiligung des LV Sparers an Verlusten. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
sparfux September 21, 2012 2011 war die Nettoverzinsung bei 4.19%, minimal weniger als 2012 (4.27%), Tendenz also weiter leicht fallend ... Das verstehe ich nicht. Die Tendenz ist doch leicht steigend und nicht fallend, so wie Du das schreibst. Deshalb frage ich immer entweder nach dem gegenwärtigen Rückkaufwert und/oder der garantierten beitragsfreien Leistung zum Vertragsende. Dann kann man mit dem Internen Zinsfuss die Rendite bisher berechnen. Das kann man so machen. Man erhält aber nur einen Teil der voraussichtlichen Rendite, weil z.B. die vorgesehenen Schlussüberschüsse (oft um die 0,6% p.a.) dann fehlen. Je nachdem wie man das sieht. Wenn ich den Rückkaufwert (inkl. Beteiligung an den Stillen Reserven) ansetze, erhalte ich das, den Betrag und die Rendite, die die Versicherung heute wert ist bzw. abwirft. Wenn man seine Assets bewerten möchte, ist das m.E. der bestmögliche Ansatz. Wenn die Daten nicht bekannt sind bzw. ein Rückkauf gar nicht möglich ist, verwende ich zur Renditeprognose die garantierten Werte am Ende der Versicherungslaufzeit. Da sind zum jetzigen Zeitpunkt garantierte Schlussüberschüsse dann ja auch dabei. Alles was nicht garantiert ist, kann man getrost in der Pfeife rauchen, das kann kommen oder auch nicht. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Schinzilord September 21, 2012 2011 war die Nettoverzinsung bei 4.19%, minimal weniger als 2010 (4.27%), Tendenz also weiter leicht fallend ... Das verstehe ich nicht. Die Tendenz ist doch leicht steigend und nicht fallend, so wie Du das schreibst. Hab mich auch verschrieben. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Schinzilord Dezember 4, 2012 Nettoverzinsung der Lebensversicherungen fällt weiter (wie in meinem "Modell" vorhergesagt ): http://www.handelsblatt.com/finanzen/vorsorge-versicherung/nachrichten/ergo-der-naechste-schlag-fuer-die-lebensversicherung/7475712.html Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag