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Typische Basispunktaufschläge auf Euribor

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ufr

Hallo Zusammen,

 

als bisheriger Aktien- und Bundesobligationenanleger wühle ich mich grade durch die sehr interessanten Infos hier im Forum zu Unternehmensanleihen/Anleihenbewertung.

 

Zu folgendem Thema bin ich aber bislang noch nicht ganz schlau geworden:

Wie ermittle ich, ob der von einer Emittentin angebotene Aufschlag in Basipunkten auf den Euribor auch entsprechend Risiko-/Marktadäquat ist?

Natürlich kann ich immer Anleihen mit demselben Rating bzw. ähnlicher Ausgestaltung vergleichen.

Was mich aber interessieren würde wäre eine Darstellung im folgenden Sinne (möglichst durch historische Zeitreihendaten fundiert):

 

- Senioranleihe, 5 Jahre Restlaufzeit, Rating A: + xxx Basispunkte auf EURIBOR bei xx & Ausfallwahrscheinlichkeit

- Nachranganleihe (Tier 1), 7 Jahre Restlaufzeit, Rating BBB: + xxx Basispunkte auf EURIBOR bei xx & Ausfallwahrscheinlichkeit

 

Gibts irgendwo solche "Daumenregeln"?

 

Viele Grüße

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· bearbeitet von ufr

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Karl Napf
Wie ermittle ich, ob der von einer Emittentin angebotene Aufschlag in Basipunkten auf den Euribor auch entsprechend Risiko-/Marktadäquat ist?

Natürlich kann ich immer Anleihen mit demselben Rating bzw. ähnlicher Ausgestaltung vergleichen.

Was mich aber interessieren würde wäre eine Darstellung im folgenden Sinne (möglichst durch historische Zeitreihendaten fundiert):

- Senioranleihe, 5 Jahre Restlaufzeit, Rating A: + xxx Basispunkte auf EURIBOR bei xx & Ausfallwahrscheinlichkeit

- Nachranganleihe (Tier 1), 7 Jahre Restlaufzeit, Rating BBB: + xxx Basispunkte auf EURIBOR bei xx & Ausfallwahrscheinlichkeit

Gibts irgendwo solche "Daumenregeln"?

Wirklich brauchbare statische Rendite-Differenz-Benchmarks in Basispunkten gibt es m. E. nicht. Das ist ja auch jeweils ein Maß an Risikobereitschaft des Marktes - ganz abgesehen davon, dass Ratings und tatsächliches Risiko-Empfinden stark voneinander abweichen können, siehe aktuell die PIIGS-Staaten oder als Gegensatz dazu die BRIC-Staaten, die vom Markt als weitaus solider angesehen werden, als die offiziellen Ratings dies ausdrücken: China (Oktober 2014) bietet eine Rendite von 1,7% brutto (plus 15% fiktive Quellensteuer) bei einem Rating von AA- (und riesigen Währungsreserven), während Spanien (Januar 2015) mit Rating "AA" und immerhin akzeptabler Verschuldung von ca. 60% des BIP mit 3,7% brutto volle 200 BP mehr bieten muss.

 

Meine zyklus-übergreifende Daumenregel ist, dass ich von einer (senioren Staats- bzw- Unternehmens-) Anleihe knapp oberhalb von Investment Grade (also "BBB-") einen Risiko-Aufschlag von 400 BP brutto gegenüber einer "sicheren" Anlage (was immer das sein mag im Zeitalter der zusammenbrechenden Staaten und Einlagensicherungssysteme, siehe Island) sehen möchte. Solche Anleihen gab es immer mal wieder: Mitte 2008 (vor dem Ausbruch der Finanzkrise) konnte man beispielsweise zehnjährige Gazprom-Anleihen für 8% Rendite kaufen (heute bieten sie nur noch 5%, das sind selbst gegenüber den Rekord-Tiefstständen für Bundesanleihen keine 300 BP mehr). Auch die Türkei bot in 2008 (als das Verbot-Verfahren gegen die Regierungspartei lief) Renditen von 8% für Langläufer, derzeit bietet sie ebenfalls nur 5%, und dies bei einem Rating von nur "BB". Also sind entweder Türkei-Anleihen derzeit viel zu teuer oder das Rating läuft der (durchaus positiven) wirtschaftlichen Entwicklung der Türkei um mehrere Jahre hinterher (m. E. ist beides der Fall).

Letzten Endes muss ich zu jeder Anleihe ein "subjektives Rating" aufstellen (also mich dem offiziellen Rating entweder bewusst anschließen oder mich bewusst von ihm abgrenzen) und dann basierend auf dieser eigenen Risiko-Einschätzung die Attraktivitität der gebotenen Überrendite bewerten. "marktadäquat" kriegt man durch Vergleich mit Anleihen ähnlicher Ausgestaltung ganz gut hin (und für die aktuelle Situation gibt es ja auch entsprechende Rendite-Kurven), während "risiko-adäquat" immer meine eigene Entscheidung sein muss.

 

Relativ zu Festgeld (4% Santander Consumer Bank Sparbrief für 3 Jahre mit deutscher Einlagensicherung) gibt es derzeit kaum eine "BBB-"-Anleihe, die auch nur 150 BP mehr bietet (Osteuropa: Rumänien, Kroatien, Ungarn); deshalb halte ich Anleihen mittlerer Bonität derzeit für überteuert. Zum Vergleich: Irland (nach Moody's "BB+", nach S&P aber "BBB+") bietet bei gleicher Laufzeit trotz der zuletzt deutlichen Kursgewinne mit immer noch ca. 425 BP über dem Sparbrief eine beachtliche Rendite, falls das Rettungspaket seine Funktion erfüllen sollte. Portugal (9% netto trotz hoher, kaum rückforderbarer Quellensteuer für 4.5 Jahre) wird derzeit vom Markt via Rendite riskanter eingestuft als Venezuela und fast so schlecht wie Weißrussland. Allerdings hatte auch Rumänien Ende 2008 nach der Rettung durch den IWF eine Brutto-Rendite von 12% für seine Langläufer (derzeit sind es weniger als 6%).

 

Ein fester BP-Abstand (bei Brutto-Renditen) ist insofern irreführend, als man ja noch Steuern und vor allem die Inflationsrate abziehen muss, um auf eine reale Rendite zu kommen. Bei niedriger Inflation, wie wir diese in Euroland dank der bisherigen Strategie der EZB (als geistiger Nachfolger der Deutschen Bundesbank) über viele Jahre hinweg hatten, kam man mit einer konstanten BP-Differenz einigermaßen zurande; derzeit liegt die Inflation jedoch bereits über dem Richtwert der EZB und angesichts der wackeligen Konjunkturlage ist ein scharfes Anziehen der Handbremse derzeit nicht unbedingt zu erwarten. Wer derzeit Anleihen kaufen will, der muss m. E. mehr Angst vor Deflation haben als vor Inflation.

 

Zu Deiner konkreten Fragestellung: Welchen EURIBOR (d. h. welche Laufzeit) meinst Du? Floater werden sich aufgrund ihrer dynamischen Zins-Anpassung meistens an einem Kurzläufer-EURIBOR (3 Monate) orientieren, der aber aufgrund seiner Schwankungen kein gutes Maß für 5 Jahre Laufzeit ist. Deshalb verwende ich eher Bundesanleihen derselben Laufzeit als Benchmark, gegenüber der ich BP-Abweichungen bewerte. Renditen von Langläufern schwanken generell weniger als Renditen von Kurzläufern, weil Kurzläufer (als direkte Konkurrenz zu Tagesgeld) die aktuelle Position innerhalb eines Wirtschaftszyklus voll mitnehmen, während Langläufer ihre Rendite ggf. über Zyklus-Grenzen hinweg erbringen müssen.

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ufr
· bearbeitet von ufr

Hallo Karl,

 

danke für die ausführliche Antwort!

Das hilft mir vom Verständnis auf jeden Fall ein gutes Stück weiter.

 

Viele Grüße

ufr

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