Zum Inhalt springen
Market Maker

Steuer auf Anleihen

Empfohlene Beiträge

Market Maker

Hallo

 

Ich habe mich schon lange nicht mehr mit Anleihen beschäftigt, und würde gerne wissen wie momentan die Steuern auf Anleihen berechnet werden.

 

Bei dem Kupon ist die Sache klar.

 

Wie verhält es sich denn bei Kursgewinnen, also Kauf der WP unter pari und spätere Einlösung am Laufzeitende?

 

Nehme an die normale Abgeltungssteuer + Kirche und Soli?

 

Wie werden Kursverluste berücksichtigt (Kauf über pari ....)?

Gibt es hier eine Verlustgutschrift im allgemeinen Verlustverrechnungstopf , der dann mit anderen Gewinnen z.B. aus Zertifikaten genutzt werden kann?

 

Und vor allem, wie findet denn die Berechnung bei Stückzinsen statt?

 

Werden die gezahlten Stückzinsen am ersten Kupontermin berücksichtigt?

Also Steuerzahlung auf den Betrag aus (Kupon Stückzinsen)?

 

Grüße

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
reckoner
· bearbeitet von reckoner

Hallo Torsten,

 

Wie verhält es sich denn bei Kursgewinnen, also Kauf der WP unter pari und spätere Einlösung am Laufzeitende?

 

Nehme an die normale“ Abgeltungssteuer + Kirche und Soli?

Ja.

 

Wie werden Kursverluste berücksichtigt (Kauf über pari ....)?

Gibt es hier eine Verlustgutschrift im allgemeinen Verlustverrechnungstopf“ , der dann mit anderen Gewinnen z.B. aus Zertifikaten genutzt werden kann?

Auch ja (siehe auch den nächsten Absatz zu Stückzinsen, es verhält sich - mit Ausnahme der Altverlustverrechnung - genau gleich).

 

Und vor allem, wie findet denn die Berechnung bei Stückzinsen statt?
Das sind negative Einnahmen. Wenn früher im Jahr schon Steuern gezahlt wurden, werden diese wieder erstattet (von der Bank). Wenn es noch keine Gewinne gab, wandern sie in den Verlusttopf (und warten praktisch auf die nächsten Gewinne, die dann steuerfrei sind). Mischfälle gibt es auch, dann wird beides angewandt.

EDIT: Ich ging von Stückzinsen beim Kauf aus. Beim Verkauf sind es normale (natürlich auch steuerpflichtige) Zinsen.

 

Werden die gezahlten Stückzinsen am ersten Kupontermin berücksichtigt?
Jein. Wie gesagt, entweder werden sie sofort verrechnet, oder aber sie kommen in den Verlusttopf (und warten dann mitunter auch auf die Kuponzahlung).

Der Kupon ist jedenfalls komplett steuerpflichtig, es spielt keine Rolle, ob man einen oder hundert oder 365 Tage Besitzer der Anleihe war.

 

MfG Stefan

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
Atros

Ein kleiner Hinweis zu den Kupons:

Einige Staaten haben mittlerweile eine Quellensteuer auf die Kupons eingeführt,

die man sich je nach Depotbank nur sehr kompliziert durch das jeweilige Land erstatten lassen kann.

Durch die Erstattbarkeit, findet dann keine Berücksichtigung der Quellensteuer bei der Ermittlung der Abgeltungssteuer statt.

D.h. du zahlst Quellensteuer und Abgeltungssteuer (+Soli).

Eine Information wie eine ausländische Anleihe im Detail behandelt sollte also vorher eingeholt werden.

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
Market Maker

Danke für die Antworten.

 

Bevor Ich jetzt den großen Rechenschieber auspacke (mach Ich aber noch wenns an der Zeit ist), gibt es eine Erkenntnis welche Anleihen man unter steuerlichen Gesichtspunkten eher kaufen sollte?

 

Angenommen die Rendite ist gleich, sollte man eher die Anleihen mit hohem Kupon und hohem Kurs oder die Anleihen mit niedrigem Kupon und niedrigem Kurs kaufen?

 

Oder nimmt sich das in der Endbetrachtung nicht viel?

 

Grüße, Torsten

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
Atros

Danke für die Antworten.

 

Bevor Ich jetzt den großen Rechenschieber auspacke (mach Ich aber noch wenn's an der Zeit ist), gibt es eine Erkenntnis welche Anleihen man unter steuerlichen Gesichtspunkten eher kaufen sollte?

Angenommen die Rendite ist gleich, sollte man eher die Anleihen mit hohem Kupon und hohem Kurs oder die Anleihen mit niedrigem Kupon und niedrigem Kurs kaufen?

Oder nimmt sich das in der Endbetrachtung nicht viel?

 

Grüße, Torsten

 

Es gibt noch Länder mit einer fiktiven Quellensteuer (Bsp. Argentinien) . D.h. es wird keine Quellensteuer abgeführt,aber der deutsche Fiskus rechnet so als wäre eine Quellensteuer abgeführt worden und mindert damit die Abgeltungssteuer. Dort wäre bei zwei sonst identischen Anleihen die Anleihe mit dem höheren Kupon bei der "nach-Steuer-Rendite" bevorteilt.

 

Bei deinem Beispiel wäre die absolute Steuerbelastung gleich, aber bei der Anleihe mit niedrigerem Kupon wird weniger Steuer während der Laufzeit und dafür mehr Steuer am Ende der Laufzeit abgeführt.

Ich denke hier ist die persönliche Situation entscheidend. D.h.

Wieviel Freibetrag ist noch da?

Wie hoch wird der persönliche Grenzsteuersatz während der Laufzeit sein. (Bsp. Man hätte in einem Jahr keine anderen zu versteuernden Einkünfte und käme mit der Versteuerung zum persönlichen Steuersatz besser weg als mit der Abgeltungssteuer (Günstigerprüfung)).

Falls man mit anderen Wertpapieren Verluste macht könnte man natürlich den aufgelaufenen Kursanstieg nutzen und die Kursgewinne steueroptimiert mitnehmen.

Da gibt es aus meiner Sicht zuviele individuelle Punkte die es zu berücksichtigen gilt.

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
Karl Napf
· bearbeitet von Karl Napf
Angenommen die Rendite ist gleich, sollte man eher die Anleihen mit hohem Kupon und hohem Kurs oder die Anleihen mit niedrigem Kupon und niedrigem Kurs kaufen?
Inzwischen ist das deutlich weniger wichtig, weil die Spekulationsfrist vor gut zwei Jahren weggefallen ist. Als es diese noch gab (und man Kursgewinne nach 12 Monaten steuerfrei kassieren konnte), waren Anleihen mit Kursen unter pari netto besser als Hochprozenter; ideal wären damals Zerobonds gewesen, weshalb die Finanzbehörden erstens eine Disagio-Staffel für Emissionskurse unterhalb von 100% festgelegt haben (deshalb waren Anleihen, die sich mit niedrigen Kupons exakt an diese Tabelle gehalten haben, ein Steuersparmodell) und zweitens das Konstrukt der "Finanzinnovation" erfunden haben, um Steueroptimierungen dieser Art zu verhindern (dadurch wurden bei Zerobonds, welche die Disagio-Tabelle verletzten, auch Kursgewinne besteuert und die Spekulationsfrist für solche Papiere ausgehebelt). Dieser Vorteil ist durch die Reform der Steuergesetze mit Gleichbesteuerung von Zinsen und Kursgewinnen am 1.1.2009 verschwunden; de facto sind heute alle Anleihen, die nach dem 1.1.2009 gekauft wurden, Finanzinnovationen (für "Altfälle" gelten noch die Steuerregeln des alten Systems, was das Mitnehmen steuerfreier Kursgewinne solcher Altfälle bei Kursen über 100% nahelegt, weil diese steuerfreien Gewinne ansonsten bis zur Endfälligkeit wieder verschwinden würden).

 

Es gibt noch Unterschiede im Bereich des zeitlichen Ablaufs. Wenn Du eine 11% Brasilien 2017 zum Kurs von 133,5% kaufst, dann verliert diese innerhalb von 6 Jahren 33,5% von 133,5% = 25,1% ihres Substanzwertes (also 4,18% pro Jahr) und zahlt 11% von 133,5% = 8,24% Zinsen aus ihrem Kaufpreis. 2011 bis 2016 musst Du daher Einnahmen von 8,24% versteuern, obwohl Du effektiv nur ca. 4% brutto an Wertzuwachs in Deinem Depot erzielst; die Steuergutschrift für den Kursverlust erhältst Du erst 2017 (bzw. beim Verkauf der Anleihe). Bei Hochkuponanleihen gibst Du also dem Finanzamt einen zinslosen Kredit über die zu viel gezahlte Steuer über mehrere Jahre; bei Anleihen deutlich unter Pari gibt umgekehrt das Finanzamt Dir einen Kredit über mehrere Jahre. Dies wird allerdings gegenbalanciert dadurch, dass Hochkuponanleihen Dir das angelegte Kapital schneller wieder für eine Reinvestition zur Verfügung stellen, was den Zinseszins-Effekt positiv beeinflusst. Und da Dein Steuersatz deutlich unter 100% liegt, überwiegt dieser zweite Effekt tendentiell gegenüber dem ersten (bei extremen Fällen wie 12,75% Russland 2028 zu 177% wäre aber der Rechenschieber schon eine gute Idee).

Vergleiche mal die Duration zweier Anleihen mit gleicher Laufzeit, aber unterschiedlich hohen Kupons: Die Hochkuponanleihe hat eine kürzere Duration (= durchschnittliche Kapitalbindungsdauer). Im Falle steigender Zinsen (und fallender Kurse) würde die Hochkuponanleihe Dir erlauben, früher einen größeren Anteil Deines Kapitals zu verbesseren Bedingungen wieder anzulegen. Im Extremfall eines Zerobonds (mit dem niedrigsten Kurs bei gleicher Laufzeit und Rendite) dagegen bekommst Du das gesamte Kapital inklusive aller Erträge erst am Ende der Laufzeit zurück (deshalb Laufzeit = Duration). Deshalb reagieren Zerobonds am sensibelsten in Form von Kursschwankungen auf Veränderungen des Zinsniveaus (in beide Richtungen), Hochzinsanleihen umgekehrt am wenigsten sensibel.

 

Alles in allem ist aber Deine Vermutung, dass sich das "nicht viel nimmt", im Wesentlichen korrekt. Wenn Du irgendwas steuerlich optimieren willst, dann geht das am ehesten noch durch ein Zusammenspiel mehrerer Aktionen (Verrechnung von Zinsen mit "mitgenommenen" Verlusten, Verschiebung von Einnahmen zwischen zwei benachbarten Kalenderjahren usw.).

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
Market Maker

Hallo

 

Danke für Eure sehr ausführlichen Erläuterungen, dass hilft mir schon mal sehr gut.

 

Viele Grüße

Torsten

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag

Erstelle ein Benutzerkonto oder melde dich an, um zu kommentieren

Du musst ein Benutzerkonto haben, um einen Kommentar verfassen zu können

Benutzerkonto erstellen

Neues Benutzerkonto für unsere Community erstellen. Es ist einfach!

Neues Benutzerkonto erstellen

Anmelden

Du hast bereits ein Benutzerkonto? Melde dich hier an.

Jetzt anmelden

×
×
  • Neu erstellen...