Zum Inhalt springen
ipl

Qualifikation eines IT-Anwaltes

Empfohlene Beiträge

ipl

Das ist jetzt zwar keine Wertpapier-Frage, aber da im Forum geballte juristische und finanzielle Kompetenz versammelt ist, hoffe ich auf ein paar wertvolle Hinweise.

 

Ausgangslage: ich verhandle zur Zeit über einen recht voluminösen Auftrag und habe einen (teuren und spezialisierten!) IT-Anwalt mit der Prüfung und Überarbeitung des Softwareerstellungsvertrags beauftragt. Ich habe jedoch den Eindruck, dass der Kanzlei (2 Anwälte plus Steuerberatungsabteilung) bereits zwei wichtige Beratungsfehler unterlaufen sind.

 

1) Der Anwalt gab im persönlichen Gespräch die Auskunft, dass Freiberufler (ich bin einer) den gleichen Umsatz-/Gewinngrenzen wie Gewerbetreibende unterliegen, was die Zulässigkeit einer EÜR (im Gegensatz zur doppelten Buchhaltung) betrifft. Meinen bisherigen Informationen nach und auch laut meiner nochmaligen aktuellen Recherche stimmt das nicht (§141 AO bezieht sich nach gängiger Interpretation nicht auf Freiberufler). Bei Freiberuflern ist die EÜR unbegrenzt zulässig (und nicht etwa nur bis 50.000 Euro Gewinn wie bei Gewerbetreibenden). Stimmt das so? (Der Anwalt hat mir nach meiner schriftlich geäußerten Verwunderung Rücksprache mit der Steuerabteilung versprochen.)

 

Diese Frage ist vielleicht nicht direkt sein Fachgebiet und wohl eher eine Frage für deren Steuerberater, aber er hat mir diese Auskunft als verbindlich und außer Frage stehend präsentiert.

 

2) Im überarbeiteten Vertragsentwurf finden sich ein paar Flüchtigkeitsfehler (fehlende Leerzeichen, ein fehlendes Verb, etc.) und ein vermuteter grober Fehler. In einem Paragraphen, in dem ich Haftungsgrenzen festgelegt haben wollte, wird für "Vorsatz" keine Haftung festgelegt (ok), eine Haftungsgrenze für "leichte Fahrlässigkeit" festgelegt (ok) und eine Haftungsgrenze für "groben Vorsatz" festgelegt (???). Da sollte wohl eigentlich "grobe Fahrlässigkeit" stehen, da Haftungsgrenzen für Vorsatz eh unwirksam sind, der Fall der groben Fahrlässigkeit sonst gänzlich unbehandelt bleibt und mir auch nicht bekannt ist, dass es so etwas wie "groben Vorsatz" gibt (es gibt Absicht, direkten Vorsatz, bedingten Vorsatz, etc., aber "grober Vorsatz"?).

 

Falls ich Recht habe (tue ich das überhaupt?) und dies Fehler sind, ist das denn normal? Kann man sich im Normalfall nicht darauf verlassen, dass eine Beratung im vierstelligen Kostenbereich zu einem Vertrag mit unter 10 Seiten fehlerfrei ist? Ich wollte mich eigentlich wohl und abgesichert fühlen, aber momentan ist eher das Gegenteil der Fall. Wenn ich als juristischer Halb-Laie 2 Fehler finde, will ich nicht wissen, wie viele Fehler mir da noch entgangen sind...

 

Und falls meine Befürchtungen berechtigt sind, kennt jemand gute Alternativen, am besten im Raum Karlsruhe (bis ca. 50km Umkreis)?

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
obx

1) Der Anwalt gab im persönlichen Gespräch die Auskunft, dass Freiberufler (ich bin einer) den gleichen Umsatz-/Gewinngrenzen wie Gewerbetreibende unterliegen, was die Zulässigkeit einer EÜR (im Gegensatz zur doppelten Buchhaltung) betrifft. Meinen bisherigen Informationen nach und auch laut meiner nochmaligen aktuellen Recherche stimmt das nicht (§141 AO bezieht sich nach gängiger Interpretation nicht auf Freiberufler). Bei Freiberuflern ist die EÜR unbegrenzt zulässig (und nicht etwa nur bis 50.000 Euro Gewinn wie bei Gewerbetreibenden). Stimmt das so? (Der Anwalt hat mir nach meiner schriftlich geäußerten Verwunderung Rücksprache mit der Steuerabteilung versprochen.)

 

Diese Frage ist vielleicht nicht direkt sein Fachgebiet und wohl eher eine Frage für deren Steuerberater, aber er hat mir diese Auskunft als verbindlich und außer Frage stehend präsentiert.

Ich will mich jetzt nicht zu weit aus dem Fenster lehnen. Aber als Anwalt ist man Freiberufler und sollte einem diese Aussage nicht unbedingt schwer fallen. Also, also Freiberufler besteht keine Grenze im Rahmen der EÜR, da hast Du vollkommen recht. Da jeder Anwalt Freiberufler ist und folglich eine einfache EUR machen muss, egal welche Höhe an Umsätzen er ausweist, verwundert mich diese Aussage schon.

 

Als ITler unterstelle ich jetzt mal, dass Du als ITler Freiberufler bist, denn das kann ich jetzt nicht so auf die Schnelle sagen. Dem müsste aber so sein, da Du ja etwas "ideelles" leistest, also kein Werkstück oder ähnliches physisches herstellt. Ich glaube das war ein wichtiges Abgrenzungskriterium, ohne mir dessen jetzt zu sicher zu sein.

 

2) Im überarbeiteten Vertragsentwurf finden sich ein paar Flüchtigkeitsfehler (fehlende Leerzeichen, ein fehlendes Verb, etc.) und ein vermuteter grober Fehler. In einem Paragraphen, in dem ich Haftungsgrenzen festgelegt haben wollte, wird für "Vorsatz" keine Haftung festgelegt (ok), eine Haftungsgrenze für "leichte Fahrlässigkeit" festgelegt (ok) und eine Haftungsgrenze für "groben Vorsatz" festgelegt (???). Da sollte wohl eigentlich "grobe Fahrlässigkeit" stehen, da Haftungsgrenzen für Vorsatz eh unwirksam sind, der Fall der groben Fahrlässigkeit sonst gänzlich unbehandelt bleibt und mir auch nicht bekannt ist, dass es so etwas wie "groben Vorsatz" gibt (es gibt Absicht, direkten Vorsatz, bedingten Vorsatz, etc., aber "grober Vorsatz"?).

 

Falls ich Recht habe (tue ich das überhaupt?) und dies Fehler sind, ist das denn normal? Kann man sich im Normalfall nicht darauf verlassen, dass eine Beratung im vierstelligen Kostenbereich zu einem Vertrag mit unter 10 Seiten fehlerfrei ist? Ich wollte mich eigentlich wohl und abgesichert fühlen, aber momentan ist eher das Gegenteil der Fall. Wenn ich als juristischer Halb-Laie 2 Fehler finde, will ich nicht wissen, wie viele Fehler mir da noch entgangen sind...

Er meint grobe Fahrlässigkeit, und ja, sowas kann auch mal vorkommen das das übersehen wird. Bei einem vierstelligen Auftrag ist es natürlich nicht so glücklich und sollte nicht sein, kann aber mal sein. Wenn sich Fehler, insbesondere falsche Satzstellungen, Leerzeichenfehler oder anderes häuft ist dies natürlich nicht so glücklich, da hast Du wieder recht.

 

Als Trost bleibt Dir aber, dass ein Anwalt mit der Prüfung beauftragt ist, den Vertrag wasserdicht zu machen. Es ist nicht so, dass Du jetzt gehst und nach "ihm" würde die Sintflut kommen, sondern vielmehr hättest Du Ansprüche gegen ihn, wenn er Fehler gemacht hätte und Dir daraus wegen des Vertrages Schäden entstehen. Allerdings bedenke hier die Verjährungsregeln.

 

Und falls meine Befürchtungen berechtigt sind, kennt jemand gute Alternativen, am besten im Raum Karlsruhe (bis ca. 50km Umkreis)?

www.juve.de

Da werden jährlich die besten Kanzleien in allen Feldern und allen Regionen Deutschlands gekürt. Es gibt in jeder größeren renommierten Kanzlei auch einen Schwerpunkt IP/IT

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
asherah

Bin zufällig selbst Fachanwalt für IT-Recht. Das mit der EÜR würde ich nicht zu hoch hängen. Viele Kollegen machen die Steuererklärungen nicht selbst, sondern überlassen das (aus guten Gründen) dem StB. Aber man sollte dann als RA lieber den Mund halten, als Unsinn zu verbreiten. "Grober Vorsatz" ist natürlich grober Blödsinn und ich würde den Kollegen unter Hinweis auf diesen Punkt bitten, den Vertrag noch einmal (ohne Berechnung) kritisch mit ein paar Tagen Abstand zu lesen. Den Stab würde ich deswegen ebenfalls nicht über ihn brechen.

 

Wenn das Vertrauen weg ist, sind im Raum Karlsruhe Bartsch und Partner höchst tauglich, aber nicht gerade preiswert. Indes zerlegt sich die Kanzlei gerade, aber man kann ja mit seinem Berater mitgehen.

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
ipl

Ich werde dann wohl tatsächlich den Anwalt erstmal bitten, das Ganze noch mal kritisch zu lesen und erstmal weiter beobachten, wie sich das in der Zukunft so entwickelt. Vielleicht waren das wirklich nur unglückliche Ausnahmen...

 

Danke euch beiden für die Hinweise und die Einschätzung. :thumbsup:

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
obx

Ich werde dann wohl tatsächlich den Anwalt erstmal bitten, das Ganze noch mal kritisch zu lesen und erstmal weiter beobachten, wie sich das in der Zukunft so entwickelt. Vielleicht waren das wirklich nur unglückliche Ausnahmen...

Das musst Du entscheiden. Hat ja auch nen bisschen mit Sympathie zu tun, es geht in Rechtsberatung ja insbesondere auch um ein Vertrauensverhätnis. Ich weiß nicht wie Du mit ihm kannst und wie Euer Umgang miteinander sich konkret gestaltet. Wie war denn das Verhalten nach Deinem Hinweis und er Dir mitteilte, mit seinem Steuerbüro Rücksprache zu nehmen?

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag
ipl

Ich werde dann wohl tatsächlich den Anwalt erstmal bitten, das Ganze noch mal kritisch zu lesen und erstmal weiter beobachten, wie sich das in der Zukunft so entwickelt. Vielleicht waren das wirklich nur unglückliche Ausnahmen...

Das musst Du entscheiden. Hat ja auch nen bisschen mit Sympathie zu tun, es geht in Rechtsberatung ja insbesondere auch um ein Vertrauensverhätnis. Ich weiß nicht wie Du mit ihm kannst und wie Euer Umgang miteinander sich konkret gestaltet. Wie war denn das Verhalten nach Deinem Hinweis und er Dir mitteilte, mit seinem Steuerbüro Rücksprache zu nehmen?

Ich habe mit ihm bisher nur ein paar Emails gewechselt und mich letzten Mittwoch anderthalb Stunden mit ihm persönlich unterhalten. Unsympathisch ist er mir nicht und der Umgang war bisher wohl auch ok, aber viel kann ich dazu bisher nun mal nicht sagen.

 

Rücksprache erfolgt noch, ich hatte ihm den Hinweis Donnerstag Abend geschickt und am Freitag hatte er wohl schon genug damit zu tun, den Vertragsentwurf in seinen Terminplan reinzuquetschen. Ich bekomme von ihm noch die Aussage dazu (wobei ich vorher überhaupt keine Fragen dazu hatte, bis er mich mit seiner seltsamen Aussage verwirrte) und seine Einschätzung zu einer Betriebs-IT-Haftpflichtversicherung, die ich ausgesucht hatte, hinsichtlich deren AGB und Risikoabdeckung.

 

 

Wo wir schon dabei sind: kennt jemand zufällig die exali IT-Haftpflicht / IT-Betriebshaftpflicht (AGB) und kann was positives/negatives berichten? Klingt für mich alles ziemlich gut, vor allem, da die Versicherung eine offene Deckung bietet und die Ausschlüsse aus meiner Sicht völlig unproblematisch sind. Aber die Chancen dürften wohl verschwindend gering sein, dass hier jemand ausgerechnet die kennt. :)

Diesen Beitrag teilen


Link zum Beitrag

Erstelle ein Benutzerkonto oder melde dich an, um zu kommentieren

Du musst ein Benutzerkonto haben, um einen Kommentar verfassen zu können

Benutzerkonto erstellen

Neues Benutzerkonto für unsere Community erstellen. Es ist einfach!

Neues Benutzerkonto erstellen

Anmelden

Du hast bereits ein Benutzerkonto? Melde dich hier an.

Jetzt anmelden

×
×
  • Neu erstellen...