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Chemstudent

Gibt es einen freien Willen?

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checker-finance

Da spiel ich doch gern mal den Advocatus diaboli ---> Was bitte unterscheidet den freien Willen von der mehr oder weniger perfekten Illusion des freien Willens im Wert für das Individuum? In letzter Konsequenz eigentlich nichts. Wir können also wieder von vorn anfangen.

Es ist einfach eine interesannte Diskussion, ob wir mit unserer Naturwissenschaft überhaupt einen echten freien Willen postulieren können oder nicht.

 

Und? Vertritt hier irgendwer irgendeine ansicht, die darauf hinausliefe, wir könnten mit unserer Naturwissenschaft keinen echten freien Willen postulieren?

 

Hinweis: Falls Nein, ist die naturwissenschaftliche Diskussion, zwar interessant aber irrelevant.

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Chemstudent
· bearbeitet von Chemstudent

Und? Vertritt hier irgendwer irgendeine ansicht, die darauf hinausliefe, wir könnten mit unserer Naturwissenschaft keinen echten freien Willen postulieren?

 

In der hiesigen Diskussion habe ich diesen Platz eingenommen.

Die von mir in den Raum geworfene These lautete: Egal ob streng deterministisch oder mit fundamentalem Zufall: Einen echten freien Willen gibt es nicht. Nur auf metaphysischer Ebene könnten wir (eventuell) einen freien Willen postulieren.

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Emilian

Meine These lautet: Negieren der Existenz des Zufalls = Negieren des freien Willens oder anders: Warum spielst Du kein Lotto? A. Ist es billiger und B. Wenn es Dir bestimmt ist, zu Geld zu kommen dürfte dies ein leichterer Weg sein. - Risiko ist ja egal oder?

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Chemstudent
· bearbeitet von Chemstudent

Meine These lautet: Negieren der Existenz des Zufalls = Negieren des freien Willens

Ich negiere nicht die Existenz des Zufalls (wie du darauf kommst ist mir ein Rätsel), aber die Existenz eines freien Willens. Der wäre nur frei, wenn er nicht dem Zufall unterworfen wäre.

Deine These kann ich daher nicht nachvollziehen.

 

oder anders: Warum spielst Du kein Lotto?

Negativer Erwartungswert. Also warum sollte ich das tun?

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Emilian

Zufall und freier Wille bedingen sich doch. Wozu bräuchte man sonst den freien Willen? ---> Mit meiner freiwilligen Entscheidung bin ich in der Lage tausenden von Ereignispfaden den Hahn abzudrehen (oder lyrischer: meine Entscheidung ist der Tod von abertausenden anderer Möglichkeiten) was wiederum ja auch eine Definition des Zufalls ist.

 

Erwartungswert? Ist das nicht die in Zahlen gegossene Bejahung der Existenz des Zufalls und damit des freien Willens?

 

Gruß Emilian.

 

 

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checker-finance

Und? Vertritt hier irgendwer irgendeine ansicht, die darauf hinausliefe, wir könnten mit unserer Naturwissenschaft keinen echten freien Willen postulieren?

 

In der hiesigen Diskussion habe ich diesen Platz eingenommen.

Die von mir in den Raum geworfene These lautete: Egal ob streng deterministisch oder mit fundamentalem Zufall: Einen echten freien Willen gibt es nicht. Nur auf metaphysischer Ebene könnten wir (eventuell) einen freien Willen postulieren.

 

Da selbst bei Zugrundelegen eines streng deterministischen Systems nicht messbar oder sonst irgendwie voerhersehbar ist, welche Entscheidungen ein Individuum treffen wird, sein Gehirn also eine blackbox bleibt, hindert die Annahme, die Du vertrittst nicht das Postulieren eines "echten freien Willens".

 

Oder aber, die Diskussion verlagert sich auf die semantische Ebene, was "cht" und was "frei" bedeutet.

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Chemstudent
· bearbeitet von Chemstudent

Zufall und freier Wille bedingen sich doch. Wozu bräuchte man sonst den freien Willen? ---> Mit meiner freiwilligen Entscheidung bin ich in der Lage tausenden von Ereignispfaden den Hahn abzudrehen (oder lyrischer: meine Entscheidung ist der Tod von abertausenden anderer Möglichkeiten) was wiederum ja auch eine Definition des Zufalls ist.

Deine Entscheidung basiert auf Naturgesetzen. Folgerichtig also auf dem fundamentalen Zufall, den uns die Quantenmechanik gezeigt hat. D.h. für jede Konfiguration aller Teilchen in deinem Kopf, gibt es eine bestimmte Wahrscheinlichkeit.

Würden wir also unendlich oft die exakt gleiche Ausgangskonfiguration haben, und mit ihr anschließend immer eine Entscheidung treffen, so würden wir erwarten, dass sich - streng nach den Gesetzen der Quantenmechanik - eine Verteilung ergibt,die die Wahrscheinlichkeiten jeder Entscheidung - also jeder weiteren Konfiguration - repräsentiert. Ein freier Wille würde nun aber bedeuten, diese Verteilung zu ändern.

Mit dem Beispiel des Teilchens und den zwei Türen habe ich das schon beschrieben.

Ein echter freie Wille würde bedeuten, dass sich das Teilchen bspw. öfter für Tür A entscheidet, als ihm die quantenmechanische Wahrscheinlichkeit gestattet. Nämlich weil das Teilchen das so "will".

 

Ipl argumentierte, dass die Änderung der Verteilung nicht nötig ist, sondern das metaphysische Bewusstsein schlichtweg bestimmen kann, wann welche Wahrscheinlichkeit realisiert wird. Da Wahrscheinlichkeiten nur im unendlichen erfüllt werden, wäre dies ein - wenn auch ziemlich gewagter - Ausweg aus dem Dilemma. Denn dann könnte man argumentieren, dass das Teilchen aus "freien Stücken" bei sehr vielen Versuchen immer nur durch Tür A geht, es aber bei unendlich vielen Versuchen auch durch Tür B geht, getreu dem quantenmechanischem Zufall. Und da unendlich nun mal unendlich ist, könnte das Teilchen auch nach zig Millionen Versuchen nur durch Tür A gegangen sein, und sich erst in der Unendlichkeit dem Zufall beugen.

Nur braucht's dafür eben auch wieder ein metaphysisiches Bewusstsein. Also metaphysik.

 

Erwartungswert? Ist das nicht die in Zahlen gegossene Bejahung der Existenz des Zufalls und damit des freien Willens?

Zum x-ten Mal: Ich negiere nicht den fundamentalen Zufall. Im Gegenteil.

 

Da selbst bei Zugrundelegen eines streng deterministischen Systems nicht messbar oder sonst irgendwie voerhersehbar ist, welche Entscheidungen ein Individuum treffen wird, sein Gehirn also eine blackbox bleibt, hindert die Annahme, die Du vertrittst nicht das Postulieren eines "echten freien Willens".

Legt man ein komplett deterministisches System zu Grunde (wie das in der Physik lange Zeit auch usus war), ist selbstverständlich alles berechenbar. Sämtliche Teilchen / Wellen würden exakt berechenbaren Naturgesetzen folgen, einen Zufall gäbe es nicht.

Ein Wesen (Laplacescher Dämon), dass also sämtliche Zustände genau kennt, könnte in einem solchen System alles exakt vorher berechnen. Es wäre nur eine rein technische, nicht aber eine fundamentale Limitierung. Anders die Unschärferelation: Diese besagt, dass es nicht möglich ist, Impuls und Ort gleichzeitig beliebig genau zu bestimmen. Und nicht etwa, weil unsere Messinstrumente so schlecht sind, sondern weil es fundamental nicht möglich ist.

Ein freier Wille wäre in solch einem deterministischen System daher auch völlig unmöglich.

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Emilian
Ein echter freie Wille würde bedeuten, dass sich das Teilchen bspw. öfter für Tür A entscheidet, als ihm die quantenmechanische Wahrscheinlichkeit gestattet.

 

Genau das, mein Freund, ist schon passiert - sonst hätten wir z.B. keine Materie!

 

 

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Chemstudent
· bearbeitet von Chemstudent

Genau das, mein Freund, ist schon passiert - sonst hätten wir z.B. keine Materie!

Die Teilchen von damals habe sich bewusst nicht an Naturgesetze gehalten?

Wie kommt man denn zu dem Schluss? :blink:

Wenn ich heute zum ersten Mal Lotto spiele und gewinne, ist das auch kein Beleg dafür, dass ich mich dem naturwissenschaftlichen Zufall widersetzt habe, und deshalb gewonnen habe. ;)

 

http://de.wikipedia.org/wiki/Baryogenese

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Emilian

Ich würde sagen, wir wissen im Moment noch viel zu wenig über "Quantenmechanik" um dort saubere Schlüsse mit brauchbaren neuen Ergebnissen ziehen zu können. Deshalb verstecken sich ja alle hinter der "Alles ist möglich auf Quantenebene"-These. Das führt dann wieder in eine Glaubensdiskussion und die bringt, wie wir wissen, nichts.

 

 

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Chemstudent

Ich würde sagen, wir wissen im Moment noch viel zu wenig über "Quantenmechanik" um dort saubere Schlüsse mit brauchbaren neuen Ergebnissen ziehen zu können. Deshalb verstecken sich ja alle hinter der "Alles ist möglich auf Quantenebene"-These. Das führt dann wieder in eine Glaubensdiskussion und die bringt, wie wir wissen, nichts.

Najaich vertrete hier die Meinung, dass wir das ganze naturwissenschaftlich betrachten sollten. Das es also Materie gibt, ist daher kein Beleg für einen freien Willen, sondern lediglich für das günstige Eintreffen von Wahrscheinlichkeiten. ;)

Ein metaphysisches Bewusstsein kann man natürlich postulieren, aber dann wird es eben zur Glaubensdiskussion, die ich aber explizit nicht wollte. Mir ging's vielmehr um die Frage, ob ein freier Wille auf naturwissenschaftlicher Basis - also ohne Metaphysik - tatsächlich angenommen werden kann. ;)

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Emilian
· bearbeitet von Emilian

Ich meine - Ja. Nehmen wir mal (ich weiß, wir drehen uns im Kreis) irreversible Prozesse. Diese anzustoßen unterliegt teilweise meiner freien Entscheidungsgewalt. Im Ergebnis dessen wird kein Ding/Umstand/Gesetz der Welt diese meine Entscheidung rückgängig machen können. Wenn man wollte könnte man also sagen: Jeder kann selbst die Naturgesetze zwingen, vor dem eignen Willen den Blick zu senken - das Ganze gilt in gewisser Weise natürlich auch umgekehrt.

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Chemstudent

Diese anzustoßen unterliegt teilweise meiner freien Entscheidungsgewalt.

Warum ist es eine freie Entscheidungsgewalt, wenn sämtliche Prozesse die zu dieser Entscheidung führten den naturgesetzen unterliegen? ;)

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Emilian
· bearbeitet von Emilian

Nehmen wir mal ein lyrisches Beispiel: Die Sprache/Schrift - Die "Naturgesetze" dort sind Grammatik, Orthografie, etc. All diese Gesetze helfen Dir Deine Gedanken, Ideen sozusagen Deinen Willen :rolleyes: auszudrücken. Sie (die Gesetze) stehen also nicht im Widerspruch zu Dir sondern sind Deine Erfüllungsgehilfen. Sie sind Dein geflügeltes Pferd auf dem Ritt ins Universum Deiner Vorstellungskraft.

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BondWurzel

Diese anzustoßen unterliegt teilweise meiner freien Entscheidungsgewalt.

Warum ist es eine freie Entscheidungsgewalt, wenn sämtliche Prozesse die zu dieser Entscheidung führten den naturgesetzen unterliegen? ;)

 

Weil die Naturgesetze keine Konstante beinhalten, im Gegensatz zur deutschen Rechtschreibung.

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Chemstudent
· bearbeitet von Chemstudent

Nehmen wir mal ein lyrisches Beispiel: Die Sprache/Schrift - Die "Naturgesetze" dort sind Grammatik, Orthografie, etc. All diese Gesetze helfen Dir Deine Gedanken, Ideen sozusagen Deinen Willen :rolleyes: auszudrücken. Sie (die Gesetze) stehen also nicht im Widerspruch zu Dir sondern sind Deine Erfüllungsgehilfen. Sie sind Dein geflügeltes Pferd auf dem Ritt ins Universum Deiner Vorstellungskraft.

Das Beispiel greift nicht ganz, da es einen Willen bereits voraussetzt.

Die Gedanken, Ideen etc. entspringen deinem Hirn. Das besteht aus Quarks, Atomen, Molekülen etc. Diese unterliegen Naturgesetzen. Soweit sind wir uns sicher einig.

Wenn wir das Bewusstsein als frei von Metaphysik betrachten, dann kann es nur auf der Konfiguration der entsprechenden Teilchen / Wellen basieren und muss sich damit zwangsläufig als Funktion dieser - und damit der Naturgesetze - verhalten.

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Emilian

Ja, da sind wir uns einig. Ich würd aber Gesetze nicht nur als Zwänge sondern auch als Chance begreifen --> Aristoteles "Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile".

 

Und dieses mehr unterliegt u.a. unserer Entscheidungsgewalt. Das ist doch gewaltig schön, oder? :D

 

 

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Chemstudent

Ja, da sind wir uns einig. Ich würd aber Gesetze nicht nur als Zwänge sondern auch als Chance begreifen --> Aristoteles "Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile".

 

Und dieses mehr unterliegt u.a. unserer Entscheidungsgewalt. Das ist doch gewaltig schön, oder? :D

Ich bezweifle eben, dass dieses "Mehr" nicht den Naturgesetzen unterliegt, und uns damit einen freien Willen geben kann. ;)

Ein Bewusstsein ohne metaphysische Grundlage scheint mir nicht möglich.

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Emilian

Es bedingt beides einander - ist Gewährsmann und Tatwerkzeug zugleich. ---> Kein Ziel ohne Pfeil und Bogen.

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Chemstudent

Ja eben, selbst wenn man ein komplett deterministisches System zu Grunde legt, ist zwar alles theoretisch berechenbar, aber den Laplaceschen Dämon gibt es eben nicht. Praktisch besteht also kein Unterschied zwischen den naturwissenschaftlichen Anahmen.

Es geht auch nicht um den Entwurf eines Gesellschaftssystems oder dergleichen, sondern um die Theorie des freien Willens an sich und ob die uns bekannte Naturwissenschaft einen solchen überhaupt beherbergen kann. ;)

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BondWurzel

Ja eben, selbst wenn man ein komplett deterministisches System zu Grunde legt, ist zwar alles theoretisch berechenbar, aber den Laplaceschen Dämon gibt es eben nicht. Praktisch besteht also kein Unterschied zwischen den naturwissenschaftlichen Anahmen.

Es geht auch nicht um den Entwurf eines Gesellschaftssystems oder dergleichen, sondern um die Theorie des freien Willens an sich und ob die uns bekannte Naturwissenschaft einen solchen überhaupt beherbergen kann. ;)

 

Hier ist einer, der weiß bescheid...

 

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Nehmen wir an, Sie hätten einen freien Willen. Es wäre ein Wille, der von nichts abhinge: ein vollständig losgelöster, von allen ursächlichen Zusammenhängen freier Wille. Ein solcher Wille wäre ein aberwitziger, abstruser Wille. Seine Losgelöstheit nämlich würde bedeuten, dass er unabhängig wäre von ihrem Körper, ihrem Charakter, ihren Gedanken und Empfindungen, ihren Phantasien und Erinnerungen. Es wäre, mit anderen Worten, ein Wille ohne Zusammenhang mit all dem, was Sie zu einer bestimmten Person macht. In einem substantiellen Sinn des Wortes wäre er deshalb gar nicht Ihr Wille.

 

Peter Bieri: Freiheit und Zufall

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ipl
Die bei Wiki aufgeführte Argumentation teile ich nicht. In einer Welt, in er ich die Metaphysik außer acht lasse, muss zwangsläufig das Bewusstsein nur eine Folge von auf Naturgesetzen beruhenden Prozessen sein. Eine Erklärungslücke mag es da zwar derzeit geben, sie ist aber nicht fundamental. (anders als die Unschärferelation)

Nur bei verwendung von Metaphysik kann man letztlich einen freien Wille postulieren.

Ich bin nicht sicher, ob wir uns nicht irgendwie missverstehen oder ob unsere Differenzen an der Stelle tatsächlich echt sind. :)

 

Wenn ich vom Bewusstsein rede, meine ich etwas, was sich naturgemäß einer intersubjektiven Begriffsbestimmung eigentlich entzieht. Wir sind nämlich sprachlich gar nicht in der Lage, über subjektive Erlebnisgehalte, wie das die Philosophen nennen, zu reden, weil diese in der Realität keinerlei Spuren hinterlassen. Deshalb ist eine Verständigung darüber sehr erschwert, aber nicht unmöglich unter der Voraussetzung, dass mein Gesprächspartner ebenfalls ein Bewusstsein besitzt, wovon ich einfach mal ausgehe. :D

 

Ich finde den Wiki-Artikel zu Qualia recht aufschlussreich, um sich erstmal über die Begriffe und das Diskussionsthema klar zu werden - da ich wie gesagt nicht sicher bin, ob wir nicht aneinander vorbei reden. Bewusstsein ist für mich gewissermaßen die Projektionsfläche für die "Qualia". Im Artikel gibt es Beispiele, die veranschaulichen, was Qualia überhaupt sind. Wir nehmen ja nicht nur die Information wahr, dass etwas "rot" ist, sondern haben auch irgendeinen subjektiven Eindruck davon. Es könnte ja sein, dass du Rot so wahrnimmst, wie ich Grün und Grün, so wie ich Rot. Aber du hast stets gehört, wie andere dein "subjektives Rot" Grün nannten, du nennst die Farben also genauso wie alle anderen. Du hast keinerlei Chance festzustellen, ob unsere Eindrücke vertauscht sind, weil wir uns zwar über die objektive Information austauschen können - und die stimmt überein! - es aber völlig unmöglich ist, subjektive Eindrücke zu beschreiben. Das merkt man beim Versuch einem Blinden den Eindruck von Farben zu erklären.

 

Wären wir bloß 2 Roboter ohne Bewusstsein und Qualia-Wahrnehmung, würden sich derartige Fragen gar nicht stellen. Die Roboter wissen, dass da ein Punkt rot ist (wie wir auch), aber sie haben (höchstwahrscheinlich!) keine subjektiven Eindrücke und demzufolge auch nichts, was da irgendwie vertauscht sein könnte.

 

Wir nehmen die Existenz der Qualia als völlig selbstverständlich wahr und können uns die Welt ohne sie gar nicht vorstellen. Dabei sind diese und auch unser Bewusstsein eigentlich ein völlig unbedeutendes Randphänomen der Realität - zumal du annimmst, dass die Existenz dieser Projektionsfläche für Qualia sowieso keinen Einfluss auf die Realität hat. Man stelle sich vor: das Universum könnte exakt in der gleichen Form existieren, mit intelligentem Leben, mit der Menschheit, mit ihrer Technik und Wissenschaften - einfach als Folge der Selbstorganisation der Materie und von Naturgesetzen, wie es ja auch jetzt der Fall ist - und es gäbe trotzdem keinen einzigen Beobachter in ihm.

 

Ich halte die oben zitierte Erklärungslücke zwischen Geist und Materie für grundsätzlich fundamental und unüberwindbar. Die beliebig fortgeschrittene Erforschung der mit dem Bewusstsein verbundenen Vorgänge kann nur erklären, warum in der Realität die Zusammenhänge so sind, wie sie sind oder auch warum wir so handeln, wie wir handeln. Aber wie soll sie erklären, dass diese Prozesse und Gesetze von einem - im gewissen Sinne gar nicht realen! - subjektiven Eindruck namens Bewusstsein begleitet werden?

 

Vielleicht hilft eine Analogie. Man stelle sich einen Scheinwerfer, die Realität, vor und eine Leinwand, das Bewusstsein, auf die der Scheinwerfer scheint. Der Versuch, das Phänomen des Bewusstseins mit der Naturwissenschaft zu ergründen, gleicht für mich dem Versuch, aus der Untersuchung des Scheinwerfers, nur des Scheinwerfers, ausschließlich des Scheinwerfers darauf zu schließen, dass es irgendwo eine Leinwand gibt, auf die er scheint. Selbst wenn man annimmt, dass das Verhältnis Realität-Bewusstsein keine Einbahnstraße ist (während du bisher eben diese Position verteidigst) und das Bewusstsein selbst (und nicht seine realen Korrelate!!) einen Einfluss auf die Realität hat, dann wird sich dieser Einfluss höchstens in (noch zu erforschenden) Naturgesetzen oder auch beispielsweise als Zufall etc. zeigen. Selbst wenn irgendein neuartiges Feld die "Ursache" für das Bewusstsein ist, werden wir das Feld vielleicht sogar erforschen können, aber es bleibt für immer bloß ein reales Korrelat. Es wird nie mit Physik erklärbar werden, warum dieses "Bewusstseins-Feld" tatsächlich für die Existenz dieses komischen Dings namens Bewusstsein sorgt - höchstens wird es erklären, warum irgendwelche Materie in unseren Gehirnen sich so verhält und nicht anders.

 

 

Vielleicht ist meine Position nun deutlicher geworden, warum ich die Erklärungslücke für wirklich äußerst fundamental halte. Meines Wissens ist es auch die eher verbreitete philosophische Position. Warum du sie aber für bloß ein temporäres Phänomen hältst, würde mich sehr interessieren. Oder redeten wir tatsächlich bloß aneinander vorbei? :)

 

Für mich ist die Existenz von Bewusstsein ein so grundsätzliches Rätsel, dass das für mich durchaus zu dem Boden des "heisenbergschen Bechers" gehört. *g* Und das, während die meisten Menschen dies gewohnheitsmäßig als völlig natürlich und nicht weiter erklärungsbedürftig empfinden...

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Chemstudent
· bearbeitet von Chemstudent

Ich bin nicht sicher, ob wir uns nicht irgendwie missverstehen oder ob unsere Differenzen an der Stelle tatsächlich echt sind. :)

Das hab ich mich auch gerade gefragt. :)

 

Wir nehmen ja nicht nur die Information wahr, dass etwas "rot" ist, sondern haben auch irgendeinen subjektiven Eindruck davon.

Ist der subjektive Eindruck nicht auch nur bloße Zusammenschaltung vieler Teilchen / Wellenzustände?

 

Es könnte ja sein, dass du Rot so wahrnimmst, wie ich Grün und Grün, so wie ich Rot.

Versteh ich nicht ganz. Wenn wir beide gleich funktionierende Stäbchen / Zäpfchen sowie ein gleich funktionierendes Hirn haben, so müssten wir beide auch den gleichen Reiz bei einer bestimmten Wellenlänge empfinden. Lediglich die Verknüpfung mit einem Wort - also letztlich die weitere Zusammenschaltung mit anderen Zuständen - könnte sich dann unterscheiden, sodass ich bei der Wellenlänge A "rot" sage, während du "grün" sagst.

 

 

Vielleicht hilft eine Analogie. Man stelle sich einen Scheinwerfer, die Realität, vor und eine Leinwand, das Bewusstsein, auf die der Scheinwerfer scheint. Der Versuch, das Phänomen des Bewusstseins mit der Naturwissenschaft zu ergründen, gleicht für mich dem Versuch, aus der Untersuchung des Scheinwerfers, nur des Scheinwerfers, ausschließlich des Scheinwerfers darauf zu schließen, dass es irgendwo eine Leinwand gibt, auf die er scheint. Selbst wenn man annimmt, dass das Verhältnis Realität-Bewusstsein keine Einbahnstraße ist (während du bisher eben diese Position verteidigst) und das Bewusstsein selbst (und nicht seine realen Korrelate!!) einen Einfluss auf die Realität hat, dann wird sich dieser Einfluss höchstens in (noch zu erforschenden) Naturgesetzen oder auch beispielsweise als Zufall etc. zeigen. Selbst wenn irgendein neuartiges Feld die "Ursache" für das Bewusstsein ist, werden wir das Feld vielleicht sogar erforschen können, aber es bleibt für immer bloß ein reales Korrelat. Es wird nie mit Physik erklärbar werden, warum dieses "Bewusstseins-Feld" tatsächlich für die Existenz dieses komischen Dings namens Bewusstsein sorgt - höchstens wird es erklären, warum irgendwelche Materie in unseren Gehirnen sich so verhält und nicht anders.

Nimm's mir nicht übel, aber momentan kann ich dir nicht recht folgen. Daher sorry, falls ich zu einfache Nachfragen stelle. ;)

Die Naturgesetze gelten doch völlig unabhängig davon, ob wir Menschen auf Erden wandeln oder nicht. Wäre daher nicht das "Bewusstsein" nur eine auf Naturgesetzen beruhende Eigenschaft? Quasi überspitzt formuliert: Nimm einen Haufen Teilchen, bringe sie in diese und jene Konfiguration, und voila, schon hast du einen Menschen, der meint ein Bewusstsein zu haben.

 

Für mich ist die Existenz von Bewusstsein ein so grundsätzliches Rätsel, dass das für mich durchaus zu dem Boden des "heisenbergschen Bechers" gehört. *g* Und das, während die meisten Menschen dies gewohnheitsmäßig als völlig natürlich und nicht weiter erklärungsbedürftig empfinden...

Hier gehe ich wieder mit dir konform, da der Heisenbergsche Becher ja die Metaphysik beschreibt, und auf dieser Ebene gestatte auch ich mir ein Bewusstsein.

Ich bin mir momentan auch nicht im klaren, ob wir nciht irgendwie aneinander vorbei reden. :'( :)

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Emilian
· bearbeitet von Emilian

chem: Bei Dir klingt das so, als ob die Naturgesetze etwas über allen Stehenden wäre. Die Tür schwingt doch aber in beide Richtungen, klar muss ich mich an die Naturgesetze halten, kann sie mir aber gleichzeitig untertan machen.

 

Quasi überspitzt formuliert: Nimm einen Haufen Teilchen, bringe sie in diese und jene Konfiguration, und voila, schon hast du einen Menschen, der meint ein Bewusstsein zu haben.

 

Kein Problem! Das können wir alle - und glaub mir - es macht unheimlich Spaß und gerade dieser Spaß unterliegt unserer Entscheidung! :D Ferner könnte man aber auch heut abend noch Selbstmord begehen - all das verletzt keine Naturgesetze und obliegt einzig und allein der eignen Willenskraft/Entscheidungsgewalt.

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Chemstudent
· bearbeitet von Chemstudent

chem: Bei Dir klingt das so, als ob die Naturgesetze etwas über allen Stehenden wäre. Die Tür schwingt doch aber in beide Richtungen, klar muss ich mich an die Naturgesetze halten, kann sie mir aber gleichzeitig untertan machen.

Ähm nein. Du kannst dir die Naturgesetze nicht Untertan machen.

Du kannst nur versuchen, sie zu deinem Vorteil zu nutzen. Ändern oder gar gänzlich abschalten kannst du sie nicht. Außer du bist ein Wunderheiler oder so. ;)

 

Ferner könnte man aber auch heut abend noch Selbstmord begehen - all das verletzt keine Naturgesetze und obliegt einzig und allein der eignen Willenskraft/Entscheidungsgewalt.

Die Prozesse die zu deiner Entscheidung führen unterliegen der Physik. Und damit letztlich auch deine Entscheidung. (Meine Annahme, die frei von Metaphysik ist)

 

Das ganz ist - wie ipl in seinem letzten Post schon anmerkte - keineswegs eine sehr triviale Sache, die mit einem einfachen "Aber ich kann doch entscheiden, ob ich dies oder jenes tue" zu behandeln wäre. Denn ob man wirklich entscheiden kann, oder nur ein Sklave seiner Teilchen im Kopf ist, die sich - streng den Naturgesetzen folgend - bewegen, das ist ja des Pudels Kern.

 

Wenn ich also den momentanen Satz schreibe, dann tue ich das vermeintlich aus freien Stücken. Aber hat nicht vielleicht einfach eine bestimmte Konfiguration meines Hirns dafür gesorgt, dass ich diesen Satz schreibe?

Würde ich diesen Satz in genau der gleichen Situation, also wenn alle Teilchen im Universum wieder die exakt gleiche Konfiguration hätten wie beim ersten mal, exakt nochmal so schreiben (= strenger determinismus), oder gäbe es verschiedene Wahrscheinlichkeiten, wie ich den Satz schreibe (= fundamentaler Zufall), oder habe ich wirklich einen freien Willen, und könnte mich frei entscheiden, ob und wie ich diesen Satz schreibe oder was völlig anderes tue. (= echter freier Wille)

Letzteres wäre m.M.n. nur möglich, wenn wir von einem metaphysischen Bewusstsein ausgehen.

Dann wäre die Wirkung "Satz geschrieben" nicht mit Physik erklärbar. Wir würden nur das Resultat sehen, könnten aber nicht mit der Physik begreifen, wie es dazu kam. Selbst wenn wir sämtliche Wahrscheinlichkeiten der Zustände kennen würden.

 

btw:

Über diese ursächliche Frage streiten sich ja Philosophen bis heute. Ich mache mir keine Illusion, dass wir hier eine endgültige Lösung - so es sie überhaupt gibt - für das Problem finden. Aber der Meinungsaustausch ist recht spannend, der Weg also das Ziel. :)

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