Fleisch Juli 20, 2009 · bearbeitet August 16, 2009 von Schnitzel Nachdem wir in den vergangenen Monaten einige Unternehmensinsolvenzen namhafter Unternehmen gesehen haben und noch einige Insolvenzen bzw. Konkurse in den nächsten Monaten sehen werden, erscheint mir das Thema sehr aktuell und für alle Bondis sehr wichtig. Es soll in diesem Thema daher um die Ermittlung und die Bedeutung des sog. "Recovery Value" gehen. Weitere bekannte Begriffe aus diesem Feld sind daher auch "Implied Probability of Default" oder "Recovery Rate", die wir im Verlaufe dieses Threads klären wollen. Auch hier gilt wieder: Jeder darf was dazu beitragen. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
fireball September 6, 2009 Berechnung der ImpliedProbability of Default Beim Pricing von Kreditstrukturen hat sich in den letzten Jahren der Ansatz durchgesetzt, eine sogenannte implied Probability of Default (PD) aus den handelbaren Assets mit der Annahme einer entsprechenden Recovery Rate zu berechnen und dann mit dieser implied PD und der Annahme über die Recovery Rate der Struktur die Preisberechnung durchzuführen. Die im Pricing verwendete implizierte PD ist nicht 1 zu 1 vergleichbar mit der im normalen Bankbetrieb und in Basel II verwendeten Definition der PD. Üblicherweise wird die PD als Ausfallswahrscheinlichkeit eines Kreditnehmers definiert. Als Basis dienen die Anzahl der Ausfälle in einer bestimmten Rating-Kategorie im Verhältnis zur Gesamtanzahl der Kreditnehmer in dieser Kategorie. In der Kundenkalkulation wird dieser Wert dann sehr oft als durchschnittliche Ausfälle und damit als Standardrisikokosten in der Produktkalkulation verwendet. Bei Basel II wird das Ausfallrisiko des Kreditnehmers ausgehend von dieser PD als mögliche Abweichung von der berechneten PD quantifiziert. Bevor wir auf die genaue Berechnung dieser implizierten Ausfallswahrscheinlichkeit eingehen, möchten wir einerseits die notwendigen Vorschritte bzw. Annahmen besprechen und andererseits eine Daumenregel für eine Vorabschätzung des Ergebnisses präsentieren. In weiterer Folge gehen wir dann auf die genaue Berechnung ein. Als Basis für die Abschätzung der implizierten Ausfallswahrscheinlichkeit werden der aktuelle Credit Spread und die erwartete Recovery Rate benötigt. Bei der Festlegung des Credit Spreads wird allgemein die Differenz zwischen der aktuellen Rendite der Anleihe und dem aktuellen Zinsniveau (hier wird üblicherweise der entsprechende Zinsswap-Preis als Basis genommen) fixiert. Dieser Credit Spread ist damit in anderen Worten die Zusatzrendite dieses Assets und sollte genügen, um sowohl die erwarteten durchschnittlichen Ausfälle als auch die entsprechende Rendite auf das Risiko (bzw. auf das notwendige Eigenkapital) abzudecken. Weiters brauchen wir für diese erste Überlegung eine reine Darstellung des Blanko-Exposures, so dass etwaige Sicherheiten nicht im Exposure berücksichtigt sein sollten. Daumenregel für die Abschätzung der implizierten PD: PD = CS 1 RR PD = implizierte Probability of Default CS = Credit Spread RR = Recovery Rate Beispiel: Anleihe Laufzeit: 5 Jahre Coupon: 6,00% Preis: 97,00% Recovery Value: 40% Rendite: 6,73% Zinsniveau (IRS): 5,00% Credit Spread: 1,73% PD =0,0173/1-0,40 = 2,88% Für die genaue Berechnung der implied PD wird üblicherweise folgende Überlegung angestellt: Beim Pricing von Kreditpositionen ist die implied PD nicht die reine Ausfallswahrscheinlichkeit, sondern die Ausfallwahrscheinlichkeit, bei der die mit dem risikolosen Zins diskontierten Cashflows dem Preis der Anleihe entsprechen. Die berechnete PD zeigt also, bei welcher Ausfallswahrscheinlichkeit der erwartete Ertrag einer Kreditposition genau dem Ertrag einer risikolosen Anlage entspricht. Damit kann diese implied PD auch als rechnerischer Break-Even der Kreditposition, bezogen auf die Ausfallswahrscheinlichkeit, interpretiert werden. Formel: Beispiel: Anleihe Laufzeit: 5 Jahre Coupon: 6,00% Preis: 97,00% Recovery Value 40% (1) (2) (3) (4) (5) (6) (7) (4)*(3) (1)*(4)*(3) RV*(3) Laufzeit (j) Zinsen dj CFj CFj*dj j*CFj*dj RV*dj 1 5,10% 0,951475 0,060000 0,057088 0,057088 0,380590 2 4,75% 0,911508 0,060000 0,054690 0,109381 0,364603 3 4,80% 0,868871 0,060000 0,052132 0,156397 0,347548 4 4,90% 0,825681 0,060000 0,049541 0,198163 0,330272 5 5,00% 0,782975 1,060000 0,829953 4,149765 0,313190 Summe 1,043405 4,670795 1,736204 PD 1,043405 0,97/4,670795 1,736204 = 2,50% Das Ergebnis der Berechnung ist eine annualisierte implizierte Ausfallswahrscheinlichkeit. Da die Ausfallswahrscheinlichkeiten jedoch in der Praxis üblicherweise nicht gleich verteilt sind, empfiehlt sich wie auch bei der Zero Kurve die Boot-Strapping Methode, mit der schrittweise die implied PDs für die einzelnen Jahre berechnet werden. Dazu sollten jedoch die Preise für Anleihen mit den entsprechenden Restlaufzeiten zur Verfügung stehen. Da in der Praxis in der Regel nicht alle Laufzeiten zur Verfügung stehen, werden die PDs für die zur Verfügung stehenden Anleihen ermittelt und die PDs dann für die fehlenden Jahre interpoliert. Nachdem in der oben dargestellten Berechnung die Break-Even PD berechnet wird, ist dieses Ergebnis nicht gleich zu setzen mit der erwarteten PD. Sollte genau diese PD eintreffen, so ist das Ergebnis dieses Kreditinvestments genau gleich dem Ergebnis einer Investition in eine kreditrisikolose Anleihe und damit die Rendite auf das Risiko genau Null. Im Durchschnitt würde also damit ein Investor in kreditbehaftete Anleihen keine zusätzliche Rendite verdienen. Das Pricing von Kreditrisikopositionen über die Ermittlung einer implied PD hat den großen Vorteil, dass für einen Kreditnehmer (oder für eine Rating-Kategorie) nur einmal die entsprechende Implied PD Kurve zu entwickeln ist. Anschließend können die verschiedenen Produkte und Strukturen dieses Kreditnehmers alle mit dieser Kurve gepreist werden. Unterschiedliche Spreads kommen dann zu Stande, wenn für die einzelnen Produkte und/oder Strukturen mit einer anderen Recovery Rate gerechnet wird. Ist in weiterer Folge das KRM in der Lage, eine qualifizierte Aussage über die erwartete Recovery Rate zu machen und sind für den Emittenten bzw. die Asset-Klasse entsprechende Papiere am Markt, die eine Festlegung der Credit Spreads erlauben, können über die Berechnung der implied PD wesentliche Indikatoren für das Pricing und entsprechende Kauf/Verkauf-Indikationen für kapitalmarktnahe Produkte gewonnen werden. N (Σ · CFj ·) P j =1 PD = N N (Σ j · CFj · dj) RV · Σ · dj j =1 j =1 P = Preis N = Laufzeit in Jahren RV = Recovery Value CF = Cashflow d = Diskontfaktor j = Zähler für Jahre Quelle Patrick Haas Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Superhirn September 6, 2009 Okay, mein Beitrag für alle Anfänger: Laßt die Finger von Anleihen und erst recht von Aktien von Firmen die kurz vor oder schon in Insolvenz/Konkurs sind. Erst recht sollt ihr die Finger davon lassen, wenn ihr kein Geld zu verschenken habt und nicht mindestens über 10 Jahre Börsenerfahrung verfügt. Aber vor allem lasst die Finger davon wenn in irgendwelchen Börsenbriefen oder Blättchen von einem Aufkaufen des Mantels oder Ähnlichem die Rede ist. :- Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Fleisch September 6, 2009 @ tino: würdest du das für so manchen User, auch die Überläufer , weniger wissenschaftlich erläutern. Der Ansatz ist sehr theoretisch, wenn auch richtig, aber eben schwer verständlich Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag