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Obama = Carter

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Im Spiegel wird berichtet:

 

 

Furios ist er in seine erste Woche gestartet. Doch auch die Gegner sind zufrieden, denn Barack Obama bietet erste Angriffspunkte. Am wenigsten wird ihm das Urteil konservativer Analysten gefallen - sie vergleichen ihn mit dem glücklosen Jimmy Carter.

 

Ein klug gewählter Vergleich kann gemeiner sein als jeder direkte Angriff. Barack Obama, das lassen sich die konservativen Kommentatoren genüsslich auf der Zunge zergehen, erinnere sie an den 39. US-Präsidenten Jimmy Carter. 1977 war der Demokrat aus Georgia als Nachfolger von Gerald Ford ins Weiße Haus eingezogen - mit großem Sympathiebonus. Aber seine Persönlichkeit allein genügte nicht, um die wichtigen politischen Kämpfe zu bestehen. Und genau da sehen Obamas Gegner Parallelen.

 

Unseligerweise stammt der Vergleich gar nicht von den Republikanern, sondern aus dem Lager der Demokraten. Ein Helfer von Hillary Clinton hat seine Warnung vor einem unerfahrenen Obama während des Vorwahlkampfs in dieses Bild gefasst, das jetzt die Opposition adoptiert hat. "Carter hatte denselben Glauben an einen naiven Symbolismus", zitiert die britische Tageszeitung "Times" den republikanischen Berater Tom Edmonds. "Im Stil unterscheiden sie sich wohl, aber die politischen Parallelen sind unübersehbar."

 

Da war es, das kurze Adjektiv, das so vernichtend klingt: naiv.

Obamas Team: Die neue Mannschaft War es naiv von Obama zu glauben, auch die Republikaner für sein 819-Milliarden-Dollar-Konjunkturpaket gewinnen zu können? Er hat jedenfalls bis zur letzten Minute um ihre Zustimmung geworben - und die Abstimmung im Repräsentantenhaus damit auch in den Rang eines erstens Votums darüber erhoben, ob er die gesamtnationale Kraftanstrengung schaffen kann. Die Republikaner haben diese Möglichkeit gleich für einen Beweis ihrer Stärke genutzt - und sich Obama verweigert. Keine einzige Stimme für den nationalen Rettungsplan kam aus ihrem Lager.

 

Für Tom Edmonds ist die Sache klar: Das war naiv von Obama - und clever von seinen Gegnern. "Wenn das Konjunkturprogramm nicht funktioniert", sagte er der "Times", "dann ist es allein Obamas Versagen."

 

 

Der US-Präsident lässt sich bislang von seinem Kurs nicht abbringen - und wirbt weiter auch bei seinen Gegnern um Unterstützung. Zur Übertragung des Endspiels im American Football, dem Super Bowl, hat er Senatoren aus den Bundesstaaten der Finalisten eingeladen. Es spielen die Arizona Cardinals gegen die Pittsburgh Steelers, aber es geht wieder um das große Ganze. In der kommenden Woche soll nach der ersten Kongresskammer auch die zweite, der US-Senat, über die Milliarden für die notleidende US-Wirtschaft abstimmen.

 

Auch dort geht er wieder ein Risiko ein: Weil er die politische Arbeit derart mit Symbolik auflade, schreibt die "Times", laufe er Gefahr, dass jede Abfuhr auch als persönlicher Rückschlag gewertet wird. Peggy Noonan, konservative Leitartiklerin des "Wall Street Journal", ist der Ansicht, dass er diese persönliche Karte bereits jetzt überreizt hat: "Ich weiß, was seine Berater denken: Sein Bild soll dominieren, er soll das Gesicht einer neuen Ära werden. Aber er hat die Sättigungsgrenze schon jetzt überschritten."

 

Auf jeden Fall haben die Beobachter schon in der ersten Woche einige blamable Pleiten und Patzer notiert, die in der öffentlichen Euphorie der ersten Tage bislang weitgehend untergegangen - und vom politischen Gegner noch nicht ausgeschlachtet worden sind:

 

 

Die Amtsenthebung des Gouverneurs von Illinois, Rod Blagojevich, der versucht hat, Barack Obamas Sitz im Senat an den meistbietenden Kandidaten zu versteigern.

Die peinliche Enthüllung, dass sein Gesundheitsminister Tom Daschle 128.000 Dollar an Steuern nicht bezahlt hat.

Die Festnahme seines Halbbruders George Obama in Kenia - wegen Drogenbesitzes und Widerstands gegen die Staatsgewalt.

Sein frisch ernannter Sondergesandter für den Nahen Osten, George Mitchell, wurde gleich bei der ersten Mission mit einer militärischen Demonstration der Stärke begrüßt - als die Israelis die Tunnel unter der ägyptischen Grenze mit dem Gaza-Streifen bombardierten.

Wie versprochen hat er die Schließung von Guantanamo angeordnet - aber seine europäischen Verbündeten haben bis jetzt kaum Interesse gezeigt, ihm bei der Abwicklung des Lagers zu helfen und einen Teil der Insassen aufzunehmen.

Sein erstes Interview - für den arabischen Sender al-Arabija - und sein Friedensangebot an Iran, war für Präsident Ahmadinedschad eine Steilvorlage. Kein Entgegenkommen, tönte es aus Teheran, bis sich Amerika entschuldigt habe.

 

Ein ähnliches Bild wie beim Werben um das Konjunkturpaket, finden seine Kritiker. Großer persönlicher Einsatz, ein großer Auftritt vor den TV-Kameras der Welt - und dann eine Schlappe, die eben auch nur seiner Person zugeschrieben wird.

 

 

 

Besonders das Angebot an Ahmadinedschad hat es den Gegnern angetan, und Michael Rubin, ein Iran-Experte des neokonservativen American Enterprise Institute in Washington, fühlt sich dabei wieder an Jimmy Carter erinnert, der nach der fehlgeschlagenen Geiselbefreiung von 1980 einen persönlichen Brief an Ayatollah Khomeini schrieb. "Das war ein wenig naiv", sagte Rubin der "Times" über Obamas Vorstoß. Damit hätte er einer Figur wie Ahmadinedschad erst eine Gelegenheit und eine internationale Bühne geboten. In solchen Fällen sei es hilfreich, Gespräche erst einmal ganz diskret einzufädeln: "So wie es Henry Kissinger in China getan hat - vor dem Staatsbesuch von Richard Nixon."

 

Der implizite Vorwurf an den US-Präsidenten: erst regieren, dann reden, weniger Show.

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