Stephan09 November 27, 2008 Hallo, die Frage ist wie im Threadtitel: Kann mir jemand sagen wie die allgemeine Formel heißt, wie man die Kursveränderungen von Anleihen (im Idealfall, Marktverzerrungen jetzt mal ausgenommen) vorausberechnet, wenn sich der Leitzins ändert? Bin leider zu dumm, sie mir selber herzuleiten. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
otto03 November 27, 2008 Hallo,die Frage ist wie im Threadtitel: Kann mir jemand sagen wie die allgemeine Formel heißt, wie man die Kursveränderungen von Anleihen (im Idealfall, Marktverzerrungen jetzt mal ausgenommen) vorausberechnet, wenn sich der Leitzins ändert? Bin leider zu dumm, sie mir selber herzuleiten. Es gibt keinen direkten Zusammenhang zwischen Leitzinsänderungen und Anleiherenditen (implizit Kursveränderungen) ausser bei sehr kurzfristigen Anleihen. Bei längerfristigen können die Kurse bei Leitzinsänderungen gleich bleiben steigen oder fallen. Wie sollte es dafür eine Formel geben? Vielleicht meinst Du den folgenden Zusammenhang: Modified Duration Gibt die prozentuelle Kursänderung einer Anleihe bzw. eines Anleihenfonds an, wenn sich das Rendite-Niveau um 1%-Punkt (100 Basispunkte) ändert. Wichtige Kennzahl zur Risikobeurteilung. Die Berechnung der Modified Duration ist jedoch nur eine Schätzung. Wirklich gute Ergebnisse liefert sie nur bei kleinen Renditeänderungen. Je größer die Renditeänderung ist, desto größer ist der Schätzfehler. Die Höhe dieses Schätzfehlers lässt sich ungefähr berechnen mit der Convexity Infos darüber gibtes jede Menge im Netz. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Stephan09 November 27, 2008 · bearbeitet November 27, 2008 von Stephan1 Danke, aber ich verstehe diese Duration nicht, wie kann das bitteschön sein?! PVD - Gegenwartswert zum Zeitpunkt t=D q - Bruttorendite: q = 1 + r Außerdem: Die Duration beruht auf einer Reihe von Annahmen: So wird unter anderem angenommen, dass eine flache Zinsstrukturkurve vorliegt. Schließlich geht man ja von nur einem Zinssatz bei der Barwertberechnung aus. Das Zinsänderungsrisiko bezieht sich ferner nur darauf, dass sich der eine Zins, der für alle Perioden gilt, ab sofort ändert. Trotz dieser restriktiven Annahmen kommt der Duration als Risikokennzahl in der Praxis eine große Bedeutung zu. heißt das, dass das ganze bei der inversen Zinskurve keine Bedeutung hat? Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Delphin November 27, 2008 Zwischen Leitzins und Renditen am Anleihemarkt besteht nur ein vager Zusammenhang. Die Renditen am Anleihemarkt werden ja auch aus den gezahlten Preisen für Anleihen berechnet, wäre also die Frage, wie sehr lassen sich die Investoren am Anleihemarkt bei ihren Preisentscheidungen von der Entwicklung des Leitzinses beeinflussen. heißt das, dass das ganze bei der inversen Zinskurve keine Bedeutung hat? Im Prinzip ja. Versteh das ganze als ein Näherung, man vereinfacht das absichtlich, damit es leichter zu berechnen ist - das genügt halt, um sich einen groben Eindruck zu verschaffen (wie stark der Wert der Anleihe schwanken wird, wenn sich die Rendite vergleichbarer Anleihen verändert). Aber es gibt meines Wissens genauere Modelle. Für die meisten Privatanbleger würde ich vermuten, dass schon das Konzept der Duration an der Grenze dessen ist, was er verstehen wird und will. Bei der Berechnung der Rendite (bis Laufzeitende) macht man üblicherweise ähnliche Vereinfachungen. Man geht oft von einer waagerechten Renditestrukturkurve aus, die auch während der ganzen Laufzeit gleich bleibt, außerdem setzt man voraus, dass Ausgezahlte Zinsen zu exakt denselben Konditionen ohne Steuerabzug bis zum Ende der Laufzeit wiederangelegt werden. Das hat zur Folge, dass die "Rendite bis Endfälligkeit" nur ein grobes Werkzeug zur Beurteilung und zum Vergleich von Anleihen ist. Aber genau diese Vereinfachungen sind auch die stärke dieser Kennzahl, denn die Bedinungen unter denen gerchnet wird, sind eben recht einfach und einheitlich. Für Kuponanleihen führt das zu einer recht gut beherrschbaren Formel mit der ein Zusammenhang zwischen Preis und Rendite einer Kuponanleihe beschrieben werden kann: P = q^b / q^n * [ (q^n - 1) / (q - 1) * K + T] - b * K P = Preis der Anleihe (ohne Stückzinsen) K = Kupon der Anleihe T = Tilgung (i.d.R. der Nennbetrag) (alle drei Werte entweder in Prozent oder nicht, aber bitte einheitlich!) q = 1 + r, mit r als Rendite bis Endfälligkeit n = auf ganze Jahre aufgerundete Restlaufzeit b = Zeit seit der letzten Kuponzahlung (in Jahren, also immer kleiner 1) Mit einer nicht-flachen Zinskurve sieht das eben komplizierter aus. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Stephan09 November 27, 2008 Danke, aber das ist ja jetzt sozusagen die Vorstufe zur Duration, oder? Also so eine Art "intrinsischer" Wert einer Anleihe, den man dann in Bezug zu anderen Anleihen setzen kann? Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Delphin November 27, 2008 · bearbeitet Februar 4, 2009 von Delphin Danke, aber das ist ja jetzt sozusagen die Vorstufe zur Duration, oder? Also so eine Art "intrinsischer" Wert einer Anleihe, den man dann in Bezug zu anderen Anleihen setzen kann? Genau. Es ist sozusagen der Barwert aller künftigen Zahlungen, die die Anleihe bietet. (Auch für Aktien gibt es entsprechende Ansätze.) Bei der Duration geht es jetzt um die Frage, wie sich der Preis einer Anleihe ändert, wenn sich die Rendite (der Zins) vergleichbarer Anleihen ändert. Also um die Frage, wieviel weniger verliert meine zehnjährige Staatsanleihe an Wert, wenn morgen die Renditen für zehnjährige um einen Prozentpunkt nach oben springen (und bis zum ende der Restalufzeit da bleiben). Wenn man die obige Formel betrachtet, dann stellt sich dort der Preis der Anleihe als Funktion von unter anderem der Rendite dar. Betrachtet man alle anderen Größen als fest (also K, T, n und b ), dann haben wir also ein einfach Funktion des Preises von der Rendite P(q). Um die Änderung von P durch Änderung von q abzuschätzen, kann man sozusagen die Steigung der Funktion P(q) im Punkt q berechnen. Das ist bekanntlich die erste Ableitung P'(q), also der Preis der Anleihe abgeleitet nach der Rendite. SO ähnlich wird dann die Duration und die modifierte Duration hergeleitet. Beispiel: 3,750% Bund 08, ISIN DE0001135374, läuft noch bis 04.01.2019 also etwa 10 Jahre. Rendite für zehnjährige Staatsanleihen war heute etwa bei 3,3%. Diese konkrete Anleihe notierte in Frankfurt bei 103,90(%). Die modifizierte Duration liegt für dieses Papier im Moment bei etwa 8% (siehe z.B. Renditerechner der Börse Stuttgart). Das bedeutet, wenn die Renditen für Zehnjährige morgen um 1%punkt steigen - also auf 4,3%, dann verliert deine Anleihe etwa 8% an Wert, würde also vermutlich bei etwa 95,60(%) notieren. (Kann man auch mit dem Renditerechner oder der Formel oben oder Excel selbst nachvollziehen). Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Stephan09 November 28, 2008 Cool, zum Glück gibt es Computer, die einem das ableiten abnehmen. Sonst müsste ich mich noch meine alte Mathelehrerin erinnern, was gar nicht gut wäre. Dann muss ich mal Tage nur noch 'ne liquide Anleihe mit möglichst hoher modifizierter Duration finden. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Delphin November 28, 2008 · bearbeitet Februar 4, 2009 von Delphin Cool, zum Glück gibt es Computer, die einem das ableiten abnehmen. Sonst müsste ich mich noch meine alte Mathelehrerin erinnern, was gar nicht gut wäre.Dann muss ich mal Tage nur noch 'ne liquide Anleihe mit möglichst hoher modifizierter Duration finden. Hier ein kleiner Tipp. Die modifizierte Duration (Einheit: Prozent) ist proportional zur normalen Duration (Einheit: Jahre). Die normale Duration ist so etwas wie eine um den Kuponeinfluss korrigierte Restlauftzeit. Warum? Nun, letztlich reagieren Anleihen mit langer Restlaufzeit stärker auf Zinsänderungen als solche mit kurzen Restlaufzeiten (denn der Preis der Anleihe muss ja den jetzt plötzlich besser oder schlechter erscheinenden Kupon über eine längere Zeit ausgleichen). Ebenso reagieren Anleihen mit niedrigem Kupon (im Vergleich zum Marktzins) stärker auf Zinsänderungen als solche mit hohem Kupon. Damit ist die Restlaufzeit allein noch nicht ein guter Masstab für das Zinsänderungsrisiko, die Duration verbindet nun Restlaufzeit und Kuponeinfluss. Die modifizierte Duration berechtnet man aus der Duration, um auf einen Blick sehen zu können, um wieviel Prozent der Kurs steigt/fällt, wenn die Rendite um einen Prozentpunkt fällt/steigt. Für maximales Zinsänderungsrissiko(-chanche) brauchst du langlaufende Bonds, am besten sogar Zero-Bonds. Z.B. ISIN DE0001135366, ne 30jährige Bundesnaleihe mit gar nicht niedrigem Kupon, die erst Mitte Juli rausgekommen ist hat seitdem ein Rendite von etwas über 20% eingefahren. Und das in gerade mal etwas über 4,5 Monaten! Wer im Juli schon stark fallende Renditen bis in die langen Laufzeiten erwartet hat, konnte hier viel Geld verdienen. (Wobei in so einem Fall man sich natürlich immer fragen muss, ob man den Gewinn jetzt überhaupt realisieren wollte, und sich nicht lieber noch das nächste Zinstal hindurch über den hohen Kupon freuen sollte. Wenn man aber erst verkauft, wenn die Renditen wieder steigen, ist es natürlich zu spät...) Modifizierte Duration: 17% Oder richtig krass: ISIN FR0010172643, Französiche Staatsanleihe, Zero-Bond bis 2055, mod. Duration: 44%! Hat im selben Zeitraum etwa 50% Gewinn eingefahren. (Natürlich recht illiquide bei uns das Zeug.) Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Stephan09 November 28, 2008 · bearbeitet November 28, 2008 von Stephan1 Phätt! Warum kaufen Menschen überhaupt Aktien. Danke nochmal. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Delphin November 28, 2008 Phätt! Warum kaufen Menschen überhaupt Aktien. Danke nochmal. Na ja, auch die Zinsentwicklung kann im allgemeinen als zufällig betrachtet werden. (Anders als bei Aktien kann man langfristig eine "mean-reversion" beobachten, wenn ich richtig informiert bin. D.h. historisch hohe Renditen machen ein künftiges Fallen der Renditen wahrscheinlicher, bei Aktien ist da ja bekanntlich leider nicht so. Hättest du im Juli wirklich auf einen starken Verfall der Renditen getippt und wärst bereit gewesen, darauf einen Kurzfrist-Trade zu machen? Damals hieß es meist: man kauft keine langlaufenden Anleihen bei langfristig steigenden Zinsen, auch war ja gerade der Leitzins erhöht worden. Die Kredit-Krise schien sich einigermassen beruhigt zu haben und Lehmann war nicht nicht Pleite. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Stephan09 November 28, 2008 · bearbeitet November 29, 2008 von Stephan1 Ja gut ist eine Art Wette, aber wenn es schief läuft, habe ich halt einen öden Schatzbrief im Depot. Gibt schlimmeres. Aber das Spielchen scheint ja wirklich nur mit Staatsanleihen guter Bonität zu funktionieren, GE, Siemens laufen länger haben aber eine geringere mod. Duration und sogar die Rabobank, die mit nur 2% verzinst hat nur 17,2. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Stephan09 Dezember 3, 2008 Krasse Sache dat; 7% seit Montag :w00t: Und morgen gibts Leitzinssenkung! :) Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Delphin Dezember 3, 2008 Krasse Sache dat; 7% seit Montag :w00t: Und morgen gibts Leitzinssenkung! :) Wo? Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Delphin Dezember 4, 2008 · bearbeitet Dezember 4, 2008 von Delphin Die 05/37 ist noch liquider (113527). Ist schon wirklich erstaunlich, was sich da allein in den letzten drei Tagen bewegt (105 auf 116)... (Vielleicht senkt ja die EZB um 200 Basispunkte??! ) Fragt sich nur, wann die Party an den Anleihemärkte vorbei ist? Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Stephan09 Dezember 4, 2008 Ich feier noch ein wenig mit. Bis Mai oder so. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag