Marcise Oktober 24, 2008 Sparkassenberater Die subtilen Drohungen machen mir Angst Von Nadine Bös 24. Oktober 2008 Markus Jacobsen* hat sich wegbeworben. Das ist nicht mehr der Beruf, den ich mir einmal vorgestellt habe, sagt der Sparkassenberater. Durch mehrere Schulungen hat er sich gequält, über Jahre abends und am Wochenende gebüffelt und sich schließlich hochgearbeitet - vom Auszubildenden zum einfachen Angestellten am Schalter bis er dort gelandet war, wo er immer hin wollte: auf einem ausschließlichen Beraterposten. Ich bin ein guter Berater, sagt er über sich, aber ich bin kein Verkäufer und ich wollte nie einer werden. Deshalb ist Markus Jacobsen zur Sparkasse gegangen - und dort geblieben, sein ganzes bisheriges Berufsleben lang. Fair zu sein bedeutet für Sparkassen, durch persönliche Beratung Mitverantwortung für das wirtschaftliche Wohlergehen ihrer Kunden zu übernehmen, steht in den Leitlinien des Sparkassen- und Giroverbandes. Das gefiel Jacobsen besser als die Verkaufsorientierung der Privatbanken, wo er Angst haben musste, den Kunden etwas andrehen zu müssen und auch besser als die Provisionshascherei bei den Versicherern, wo er sich davor fürchtete eines Tages zu sehr auf das eigene Portemonnaie zu gucken und zu wenig auf das Wohl des Kunden. Knallharte Verkäufer Doch auch in der Sparkasse hat sich der Berufsalltag über die Jahre verändert. Verkauft Jacobsen Riesterrenten oder Bausparverträge, kommt ein gewisser Anteil als Provision auf seinem Gehaltszettel an. Verkauft er dagegen Wertpapiere, wie zum Beispiel Fonds oder Zertifikate, gibt es dafür zwar kein Geld für ihn persönlich, aber Provision für sein Beratungscenter. Die wiederum wird umgerechnet in Punkte in einer sparkasseninternen Statistik. Am Ende des Jahres soll diese Statistik einen Mindestpunktestand ausweisen. Blättern Unter diesem Blickwinkel wird klar, dass Banken und Finanzvertriebe keine Berater, sondern knallharte Verkäufer sind, schreiben die Verbraucherschützer Niels Nauhauser und Werner Bareis in ihrem neuen Buch Lexikon der Finanzirrtümer über die Provisionszahlungen. Was für die Privatbanken gilt, das gilt mittlerweile in den meisten Fällen auch für die Sparkassen, sagt Nauhauser. Wenn es um das Andrehen von Finanzprodukten um jeden Preis geht, dann kann man manche Sparkassen sogar als Vorreiter bezeichnen. Dekafonds verkauft wie geschnitten Brot Der Verkaufsdruck ist gewachsen, sagt auch Sparkassenberater Jacobsen, stetig von Jahr zu Jahr. Noch nie spürte er das so deutlich wie in der Finanzkrise. Erst gestern rief wieder ein aufgebrachter Kunde an, der einen Dekafonds in seinem Depot hatte, erzählt er. Den hatte ihm noch mein Vorgänger verkauft. Nachdem er sich eine Weile am Telefon hatte beschimpfen lassen, setzte sich Jacobsen ins Auto und fuhr zu seinem Kunden nach Hause. Dann habe ich mich an seinen Küchentisch gesetzt und ihm erklärt, was er da eigentlich für ein Produkt besitzt. Dass da Aktien drin sind, die auch fallen können. Das wusste der Kunde überhaupt nicht. So was passiert momentan quasi wöchentlich. Sein Vorgänger, das weiß Jacobsen, hat Dekafonds verkauft wie geschnitten Brot. Und natürlich kennt der Berater die Geschichten von älteren Menschen, denen Lehman-Zertifikate angedreht worden sind. Ich habe mich mein Leben lang bemüht, niemandem etwas aufzuschwatzen, was er nicht brauchte, sagt Jacobsen. Aber ich kann genau nachvollziehen, was da passiert ist - auch wenn es bei uns konkret nicht vorgekommen ist. Auch in seinem Beratungscenter kennt er die ständigen Kampagnen, die ausgerufen werden, um zu bestimmten Zeiten bestimmte Produkte zu hypen - teilweise mit fadenscheinigen Begründungen. Jacobsen ist nicht der einzige Sparkassenberater, der von solchen Entwicklungen zu berichten hat. Zwar empfinden nicht alle den Druck als unerträglich. Doch auch an anderem Orte ist zu hören: Früher haben wir sorgloser gearbeitet oder Kollegen haben sich versetzen lassen, weil sie mit den festgesetzten Zielzahlen nicht klar kamen. Die Mechanismen, mit denen Provisionen ausgezahlt, Gehälter erfolgsabhängig gestaltet und Ziele überwacht werden, sind aufgrund der dezentralen Struktur der Sparkassenlandschaft überall verschieden. Ähnlich aber, so glauben Verbraucherschützer, ist die Tendenz: Die Kunden werden in den Sparkassen mittlerweile nicht mehr besser beraten als anderswo auch, sagt Nauhauser. Nichts ist so modern wie das Geschäftsmodell der Sparkassen Erst kürzlich hielt der Präsident des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes (DSGV), Heinrich Haasis, vor Weltbank und Internationalem Währungsfonds eine vielzitierte Rede über die Renaissance des Sparkassenmodells. Die Sparkassen sind auch in der Krise stabil und genießen großes Kundenvertrauen, erklärte Haasis. Viele Akteure in der Finanzwirtschaft und in den Medien hätten die Plädoyers für ein solides, langfristig angelegtes und an Kunden orientiertes Bankgeschäft abgetan und für altmodisch gehalten. Jetzt stellt sich heraus: Nichts ist so modern wie das Geschäftsmodell der Sparkassen. Aus den Sparkassen ist zu hören, dass modern längst im Sinne des forschen Vertriebs moderner Finanzprodukte zu verstehen ist: Wir beraten schon länger nicht mehr nur kundenorientiert, sondern schauen auch darauf, welches Produkt die meiste Provision für die Sparkasse bringt, sagt Berater Jacobsen. Soll heißen: Jeder einzelne Beschäftigte hat festgesetzte Verkaufsziele. In dem Beratungscenter, in dem Jacobsen arbeitet, gibt es die Vorgaben in regelmäßigen Abständen fein säuberlich ausgedruckt als Excel-Tabelle. Aus der lässt sich dann zum Beispiel ablesen, dass Jacobsen im Jahr Lebensversicherungen im Wert von mehreren Hunderttausend Euro an den Mann zu bringen hat, Bausparverträge ebenfalls im Wert von mehreren Hunderttausend Euro und Wertpapiere, die allein an Provisionen mehrere Zehntausend Euro einbringen sollen. Zielzahlen in dieser Größenordnung seien durchaus üblich, berichtet eine andere Sparkassenangestellte, obgleich die Varianz je nach Ort, Größe und Positionierung der Sparkasse groß sein kann. Ich will nicht zum Sargnagel für meinen Chef werden Schafft Jacobsen es nicht, seine Ziele zu erreichen, muss er mit handfesten Gehaltseinbußen rechnen. Zum Beispiel sollen das Weihnachtsgeld und das Urlaubsgeld gestrichen werden. Das wäre ja noch nicht mal so tragisch, sagt er. Schlimmer sind die subtileren Drohungen. So wird kolportiert, dass der Chef des Beratungscenters seinen Posten verliert, sollte nicht bis zum Jahresende eine festgelegte Anzahl an bestimmten Produkten verkauft sein. Und solche Aussagen, sagt Jacobsen, machen mir Angst. Ich will nicht zum Sargnagel für meinen Chef werden. Auf die Fragen, ob Zielvorgaben für Sparkassenberater mittlerweile üblich geworden sind, ob es Rechtfertigungsdruck in den Sparkassen gebe und Sanktionen bei Nichterreichung von Zielen möglich seien, wollte der Sparkassen- und Giroverband nicht im Detail antworten. Grund ist, dass jede Sparkasse geschäftspolitisch eigenständig ist, und Entscheidungen in Eigenregie trifft, teilte der Verband schriftlich mit. Insgesamt habe man den Eindruck, dass diese Fragen an der Realität in den Sparkassen vorbei gehen, heißt es weiter. Sparkassen begleiten ihre Kunden in vielen Fällen ein Leben lang. Eine ganzheitliche Beratung mit bedarfsorientierten Empfehlungen ist daher nicht nur im Sinne des Kunden, sondern auch im Sinne einer langfristig guten Beziehung zwischen Sparkasse und Kunden. Sparkassen seien nicht auf den Abverkauf bestimmter Produkte angewiesen. So schlimm wie die privaten Banken sind wir noch nicht Markus Jacobsen dagegen ist konkret mit seiner Zielliste konfrontiert. Wie schaffen es Berater wie er, ihre Kunden davon zu überzeugen, die Produkte zu kaufen, die gerade auf der Liste stehen? Inzwischen sei es immer üblicher geworden, geschlossene Fragen zu stellen, auf die der Kunde eigentlich nur mit ja antworten kann, erzählt Jacobsen. So etwas wie: Sie zahlen doch sicherlich nicht gerne Steuern? Oder: Wenn Sie durch den Kauf eines Produktes ihre Steuerlast mindern könnten, wäre das dann interessant für Sie? Irgendwann hat man dann so lange gefragt, dass es dem Kunden im Umkehrschluss widersinnig erscheinen muss, das angepriesene Produkt nicht zu kaufen, erklärt Jacobsen. Die Verbraucherschützer Nauhauser und Bareis beschreiben genau den gleichen Effekt: Wenn Sie jetzt plötzlich auf ein Nein umschwenken würden, kämen Sie sich inkonsequent vor. Sie würden sich selbst widersprechen, was niemand gerne tut. Also führt die Ja-Sagerei dazu, dass der Berater irgendwann wie selbstverständlich den Kugelschreiber zur Unterschrift zückt. Was in Leitlinien der Sparkassen zu den Ja-Sage-Techniken steht? Nichts Spezifisches, aber immerhin die Aussage: Geschäft um jeden Preis verbietet sich [] oder Nicht das schnelle Einmal-Geschäft, sondern die dauerhafte, lebenphasenbezogene Begleitung von [] Kunden zählt für die Sparkassen. Jacobsen findet dagegen, die Entwicklung gehe immer weiter weg von diesen Idealen. Sicherlich sind wir noch nicht so schlimm, wie die privaten Banken, sagt er. Wenn da einer nicht genug verkauft, dann rollen Köpfe, bei uns gibt es bislang nur unmissverständliche Drohungen. Wenn die Angleichung an die privaten Banken aber mit der bisherigen Geschwindigkeit weitergehe, dann sehe er eigentlich keinen Grund mehr dafür, warum wir in Deutschland überhaupt noch Sparkassen brauchen. Für sich persönlich hat Jacobsen schon jetzt die Konsequenzen gezogen. Seine erste Fremdbewerbung war als Verwaltungsfachangestellter. Ein unverfänglicher Bürojob, wie er sagt. Da wäre auch Telefondienst dabei gewesen oder man hätte mal Kaffee kochen müssen. Jacobsen war das egal. Doch die Absage kam schnell. Zur Begründung hieß es, er sei für den Job leider überqualifiziert. *Name der Person geändert Text: FAZ.NET Bildmaterial: dpa Quelle Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Marcise Oktober 24, 2008 · bearbeitet Oktober 24, 2008 von Marcise Eine teure Fondsempfehlung Von Christian von Hiller 24. Oktober 2008 Vorsicht, dies ist eine Empfehlung der Frankfurter Sparkasse: Unser Fonds des Monats: Frankfurter-Sparinvest Deka". Den Rat, diesen Investmentfonds zu kaufen fanden im Januar dieses Jahres sämtliche Kunden der Frankfurter Sparkasse auf ihrem Kontoauszug. Die Anlage hat sich für die Käufer des Fonds (Isin: DE0008480732) nicht ausgezahlt. Schon zum Zeitpunkt der Werbung hatte der Fonds enorme Verluste hinnehmen müssen. Im Herbst 2007 hatten die Fondsanteile einen Höchstpreis von 124,477 Euro erreicht. Dieses Niveau hielt er bis zum Jahresende. Im Januar jedoch stürzte der Preis der Fondsanteile wie ein Stein auf weniger als 98 Euro. Damit nicht genug: In der Folge fiel der Preis des Fonds weiter ab. Im Laufe des Oktobers notierte der Fonds bei nur noch 58,28 Euro. Damit hat sich der Fonds des Monats" innerhalb von weniger als einem Jahr im Wert mehr als halbiert. Quelle Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Marcise März 8, 2009 Hatten Sie denn keine Schuldgefühle, wenn Sie institutionellen Anlegern hochspekulative Produkte verkauft haben, als wären es Sparbücher? Nein. Wir haben ja nur die Vorgaben des Vorstands umgesetzt. Ich fand es allerdings unglaublich, wie sehr die Privatanleger ausgenommen wurden. Das lag vor allem an der Provisionsstruktur. Ich habe meinen Bekannten immer geraten, die Finger von solchen konstruierten Finanzprodukten zu lassen. FAZ.NET v. 07.03.2009 Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
LagarMat März 8, 2009 Wird Zeit, dass dieser ganze Sumpf, diese Subkultur trocken gelegt wird! Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
ghost_69 März 8, 2009 So sind die Spaßkassen, sie denken nur an sich und an das Geld der Kunden, wie dieses zu ihrem wird und der Kunde nur betrogen. Wie wäre es hier mal mit einer Sammelklage ? Ghost_69 :- Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
LagarMat März 8, 2009 So sind die Spaßkassen,sie denken nur an sich und an das Geld der Kunden, wie dieses zu ihrem wird und der Kunde nur betrogen. Wie wäre es hier mal mit einer Sammelklage ? Ghost_69 :- Wie kommst Du auf Spaßkassen? Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
ghost_69 März 8, 2009 Wie kommst Du auf Spaßkassen? ... ich finde die Jungs einfach spaßig, mehr als ein Giro sollte man dort nicht haben, für mich sind die nur so zum Spaß da, so wie andere Hausbanken eben auch, nur hier passt es besser. Ich hatte mal vor etwa 20 Jahren etwas Vertrauen zu einem der sogenannten Berater, der hat mir nur zu Dingen geraten die ich verstanden haben, da war er noch jung, jetzt ist dieser der leiter der hiesigen Spaßkasse, man bekommt ihn sehr selten zu Gesicht, er weiß jetzt sicherlich wie der Hase dort läuft, in der Zeit hatte ich 7 andere Berater, von denen nur eine Kompetent war, die anderen waren froh wenn sich mich von hinten sahen. Aber die sind ja selber Schuld, warum schicken die mir auch andauernd solche Angebote ins Haus und schreiben dann drunter, dass sie sich über eine Antwort oder einen Besuch freuen, daraus mache ich mir manchmal einen Spaß. Ghost_69 :- Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
el galleta März 8, 2009 Aber die sind ja selber Schuld, warum schicken die mir auch andauerndsolche Angebote ins Haus und schreiben dann drunter, dass sie sich über eine Antwort oder einen Besuch freuen, :lol: saludos, el galleta Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
LagarMat März 8, 2009 · bearbeitet März 8, 2009 von Stezo In obigem Interview geht es aber nur sehr am Rande um die Privatkundenberater, sondern um's Investmentbanking und wie es von innen aussieht. Allerdings in keinem Fall um die Spaßkassen. Deinen Spaß kann ich dennoch verstehen. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
osiris10 März 10, 2009 Allerdings in keinem Fall um die Spaßkassen. Stimmt so auch nicht. Die Spaßkassen, sprich, die Investment-Manager der Deka-Fonds sind genauso gemeint wie alle anderen Investment-Manager (und dazu war die Performance grottenschlecht). Und den provisionsgetriebenen Berater gibt es dort genauso übel wie bei den anderen Banken. Etwas besser erscheinen mir allerhöchstens die Volks- und Raiffeisen-Banken, hier kann ich persönlich mich jedenfalls an keinen größeren Fauxpas erinnern. Vielleicht ist mir das aber auch nur entgangen. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag