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Thomas

Eine antikommerzielle Schrift

Empfohlene Beiträge

Thomas

Hallo.

 

Einen sehr interessanten Artikel über den Kommerz, speziell die Werbung, habe ich gefunden. (quelle) Authoren: Joseph Brennicke und Konrad Hermes

Der Text ist zwar sehr contra Kommerz geschrieben, doch man muss nicht alles für bare Münze nehmen. ;) Nichts desto trotz sind sehr wahre Aussagen darin enthalten. Insgesamt sehr lesenswert für ein besseres Verständnis des Mechanismus der Werbung.

Vielleicht können wir eine interessante Diskussion daraus entwickeln :) Okay, mir fällt jetzt kein Anfang ein :rolleyes:

 

 

"CASH - BURNER"

Du bezahlst für die Werbung, die Dich terrorisiert

 

Es ist ja eine Binsenweisheit, dass die Konsumenten mit dem Kauf der beworbenen Produkte sowohl die Fernseh- und Radioprogramme, als auch nervige Werbeminuten finanzieren.

Treten Sie einen Schritt zurück und betrachten Sie das ganze Bild. Der Konsument bezahlt indirekt die Produktionskosten von mehr oder weniger tollen Fernsehsendungen, Kinofilmen, Radioprogrammen oder Zeitschriften etc. Zusätzlich aber bezahlt er noch die florierende Werbeindustrie, Werbeagenturen, Werbedesigner, Manager und Werbeleiter, die Plakatkleber, die Darsteller der Werbespots und die Millionengagen von Promis, Sportlern und anderen Werbeträgern. Die Werbeindustrie verzehrt wesentliche Teile des Sozialprodukts; bei Markenprodukten macht der Anteil der Werbung am Endpreis nicht selten über die Hälfte aus.

Wenn man sich nun den ganzen Werbesektor einmal aus der Volkswirtschaft wegdenkt - das heißt: Null Werbung in sämtlichen Medien - dann hätte man auf einen Schlag ein riesiges Potential kreativer Kräfte freigesetzt. Natürlich hätte man ein Verteilungsproblem an finanziellen Mitteln, da sich viele Sparten (wie z.B. das Privatfernsehen) wesentlich über Werbung finanzieren. Wenn jedoch ein Weg gefunden würde, diese werbefinanzierten Bereiche anders zu versorgen, dann hätten wir - auf die gesamte Volkswirtschaft bezogen - eine Menge Ressourcen eingespart, die wir für sinnvollere Dinge nutzen könnten, als den Menschen Produktnamen ins Gehirn zu brennen.

In der heutigen Welt bleibt jedoch die nüchterne Feststellung, dass wir Konsumenten, die wir tagtäglich von Werbebotschaften bombardiert und terrorisiert werden, diese indirekt sogar selbst bezahlen müssen!

 

 

"CONSUMO ERGO SUM"

Leben heißt, sich durch individuelle Konsumtion zu erhalten

 

Die Werbung bekräftigt, dass der Besitz und Gebrauch von Waren Glück bringe, und zwar umso mehr, je mehr Waren produziert und konsumiert werden. Die Wohlstands- und Konsumideologie übersieht nicht die zunehmende psychische Verelendung, sie nimmt sie billigend in Kauf.

Dabei wird voll in die Trickkiste er psychologischen Manipulation gegriffen. Es werden Stimmungen aufgebaut, Sehnsüchte geweckt und Schuldgefühle hervorgerufen. Die Werbebotschaft selbst zielt zum Beispiel bei hochwertigen, teuren Elektrogeräten eher auf den Verstand. Werbung für Luxuswaren wie Parfüms oder Schmuck setzt dagegen stärker auf Stimmungen. Es wird beispielsweise das Gefühl eines Mangels und so indirekt eine positive Wunschwelt geschaffen. Manche Werbung ruft sogar Schuldgefühle hervor. Es wird z.B. die Hausfrau gefragt, ob sie die besten Produkte für ihre Familie kauft...

Millionen, die nach Gefühlen hungern, werden abgespeist mit der billigen und unaufrichtigen Sentimentalität von Film und Unterhaltungsmusik, von Konsumprodukten, die in 30 Sekunden die Erfüllung von Sehnsüchten versprechen. Mit den magischen Worten "Freiheit" oder "Individualität" als Etikett lässt sich alles Mögliche verkaufen, was nur beweist, dass an diesen Dingen ein Mangel besteht, an dem die Leute leiden. Dieses Leiden wird ausgebeutet und damit nur vertieft. Immaterielle Bedürfnisse werden durch Waren, also durch materielle Dinge befriedigt. (Prestige in Form eines Rasierwassers)

Über die Entscheidung für eine Marke erhalten die Menschen eine Ersatzidentifikation für verschwimmende Zugehörigkeiten wie Familie, Schule und Nationalität. Die neue Gruppe trägt dieselbe Markenkleidung oder fährt dieselbe Automarke. Gleichzeitig bekommt der Konsument eine Schein-Individualität vorgegaukelt, da er aus einer Menge von Konsumentscheidungen seine ganz persönliche Produktkombination auswählt ("Dein Duft", "Dein Outfit").

Dies führt bisweilen bei den Betroffenen zu völligem Realitätsverlust: Die neben der schönen bunten Werbewelt wenig attraktiv scheinende Realität wird als Fiktion wahrgenommen und umgekehrt. Doch wie könnte man es also dem Menschen verdenken, dass er - ökonomisch handelnd - Wege wählt, die schieren Konsum und keine Eigeninitiative erfordern, die ihm das Dasein stark vereinfachen und ihm das Denken und andere Unannehmlichkeiten abnehmen? Die Abschaffung des Gifts der Massensuggestion würde bei den Konsumenten einen Entzugsschock auslösen, der sich kaum von den Entzugssymptomen Drogenabhängiger unterscheiden dürfte.

 

 

"KONSUMSTRESS"

Was nichts kostet, ist auch nichts wert

 

Konsumstress ist ein typisches Phänomen für unsere Gesellschaft, gehört heute praktisch zum Alltag: Es werden Kaufwünsche geweckt, die für den 'kleinen Mann' immer den Haken haben, dass sie sein Budget arg strapazieren. Somit entscheidet er sich, für die erstrebenswerten Konsumgüter gern etwas Stress hinzunehmen. Das führt z.B. dazu, dass er sein Arbeitspensum über längere Zeit erheblich steigert, um genügend Geld für eine Urlaubsreise zur Verfügung zu haben, die er zu seiner Erholung nutzen will. Diese Erholung allerdings wird im besonderen Maße erst durch das zusätzliche Arbeitspensum erforderlich. Und eine Erholung im eigenen Garten/auf dem eigenen Balkon kommt als solche nicht in Frage, da ja die Touristikbranche omnipräsent versichert, dass nur unter südlicher Sonne - je mehr Flugmeilen zurückgelegt werden, desto besser - eine echte Regeneration möglich ist. Der Erholungswert bemisst sich hier also am Preis, der dafür entrichtet wurde.

Ebensolches gilt für zahlreiche andere Dinge, die in einfacher - womöglich unentgeltlich erhältlicher - Form keine Abnehmer finden, da diese nach permanenter Beeinflussung fest auf dem Standpunkt stehen, dass Nutzen und Preis einer Sache sich stets proportional zueinander verhalten und für den Erwerb grundsätzlich nur die Marken-Variante in Frage kommt.

Wie sähe die Welt bloß aus, wenn der durch Werbe-Dauerberieselung entstehende Konsumstress z.B. mal für einen Tag ausbliebe? Viele Menschen, die sich auf den 'Informationsgehalt' dieser Quellen verlassen und den Gebrauch des eigenen Urteilsvermögens eingestellt haben, würden ernsthafte Probleme bekommen, weil sie plötzlich nicht mehr zwischen 'richtig' und 'falsch' unterscheiden könnten. Sie wären völlig hilflos - scheinbar eine Bestätigung für die Argumentation der Werbenden, sie trügen zur 'Entscheidungsfindung' bei. Bei genauerer Betrachtung jedoch wird dem Individuum genau an dieser Stelle sein Recht auf Individualität entzogen - selbst wenn er objektive Informationen zum Produkt erhielte, wäre er ob seiner geistigen Verarmung kaum in der Lage, diese zufrieden stellend auszuwerten. Doch solches erwartet ihn ohnedies nicht, sondern vielmehr ein raffiniert ausgeklügeltes psychologisches Trommelfeuer, das - wenn er aufgrund der bewahrten kritischen Haltung den Werbeinhalten gegenüber selbst darüber erhaben sein sollte - über seine Umgebung (Freunde, Familie etc.) wiederum über ihn hereinbricht, und hier womöglich in viel persönlicherer Weise an einem deutlich wunderen Punkt.

Auch über eine moralische Verantwortung der Werbung muss gesprochen werden, wenn leichtgläubige Menschen mit Hilfe von Lockmitteln wie Konsumkrediten und Leasingverträgen gar dazu verleitet werden, sich zu verschulden.

 

 

"INFORMATION HIDING"

Werbung ist keine Verbraucherinformation

 

Werbung verfolgt nicht die Absicht, die Menschen objektiv über ein Produkt zu informieren, wie dies bei neutralen Warentests der Fall ist. Da jedes Produkt durch den eigenen Hersteller beworben wird, ist das Ziel eines zufriedenen Kunden nur insofern interessant, dass derselbe Kunde an eine Marke gebunden wird. Vorwiegend geht es darum, ein Produkt in möglichst hoher Stückzahl abzusetzen, daher wird die Werbung einseitig: Vorteile werden übertrieben, Nachteile, Nebenwirkungen und Schäden werden heruntergespielt oder auch verschwiegen. (Paradebeispiel Zigaretten, Autos)

Besonders bei den Tabakkonzernen wird deutlich, dass sich die werbenden Produkthersteller in erster Linie für kurzfristige betriebswirtschaftliche Vorteile interessieren, anstatt auf das langfristige Wohlergehen des Konsumenten Wert zu legen.

Durch starken Einsatz von Product Placement (legales Mittel) wird die Realität verzerrt dargestellt - statt wie bisher durch herausragende Eigenschaften werden die Produkte durch massive subtile Bewerbung populär. Hierbei werden Markenartikel auf raffinierte Weise scheinbar unauffällig in Spielfilmszenen eingefügt, ohne direkt angepriesen zu werden. Dadurch wird weniger das Produkt als vielmehr ein Lebensgefühl vermittelt.

 

 

"SCHALL UND RAUCH"

Die Verpackung dominiert das Erzeugnis

 

Eine Marke soll zwar gleich bleibende Qualität gewährleisten, aber durch die Fixierung auf Markenprodukte rückt die Qualität eigentlich in den Hintergrund und wird durch eine diffuse Mischung von Markenzwang, sozialen Statussymbolen und gekauftem Lebensgefühl ersetzt.

Die Konsummenge wird nur zahlenmäßig über den Verkaufspreis erfasst. Die Zahlen sagen aber nichts über Nutzen und Genuss aus, den der Kauf bewirkt hat. Wie etwas wirklich 'ist' verliert an Bedeutung. Entscheidend ist, wie sich etwas verkauft. Das kann der Entwicklung der Produktqualität eigentlich nur abträglich sein.

 

 

"PEER PRESSURE"

Markenzwang nicht nur an Schulen

 

Am begeistertsten konsumieren immer diejenigen, die am leichtesten zu beeinflussen sind. Wer Probleme mit der Identitätsfindung hat, was beim Menschen in bestimmtem Alter durchaus üblich ist, wer sein Selbstbewusstsein durch von außen zugeführte Mittel stärken muss, der ist empfänglich für jede Art der Beeinflussung. Erfahrungsgemäß finden sich solche Verhaltensweisen mehr oder minder ausgeprägt bei pubertierenden Jugendlichen. Bindungslosigkeit durch ein Stadium zwischen der Familie der Eltern und der Gründung einer eigenen Familie, Stimmungsschwankungen und Kurzschlussreaktionen, permanente Unzufriedenheit und der Wunsch, alles auszuprobieren sind Merkmale dieser schwierigen Phase des Erwachsenwerdens. Aber es sind auch Merkmale des perfekten Konsumenten. Nirgendwo sonst fällt es so schwer, sich dem Konsum zu entziehen. Wer in der Schule die falschen Hosen, Schuhe, Jacken etc. trägt, wird im besten Falle von den anderen geschnitten, im schlimmsten Falle schwersten psychischen und physischen Repressalien ausgesetzt. Dieses Phänomen ist unter dem Begriff 'peer pressure' bekannt geworden, zu deutsch in etwa 'Gruppenzwang'.

Dieser Gruppen- und Markenzwang überträgt sich offensichtlich auch auf die Eltern, die ihren Kindern einen annehmbaren Sozialstatus in ihrem Umfeld bieten wollen und oft bis an die Grenzen ihrer finanziellen Leistungs- bzw. Leidensfähigkeit gehen. Auch dies ist sicher ein Grund dafür, dass Familien mit Kindern statistisch gesehen deutlich stärker armutsgefährdet sind als kinderlose Paare, was natürlich wiederum die demographische Entwicklung in den werbeverseuchten Industrieländern erklärbar macht (Frauen bekommen durchschnittlich weniger Kinder).

Auch im zunehmenden Alter gibt es weiterhin Statussymbole, denen man sich schwer entziehen kann. Da auch ein ausgewachsenes Individuum nur ungern als armer Verlierer dastehen möchte, folgt die konsumierende Masse dem Rattenfänger namens Werbeindustrie, der auch durch seine einzigartige Fähigkeit, frech-frivol und ungestraft Lügen zu verbreiten, eine besondere Anziehungskraft entwickelt.

Durch die Definition des Ichs über den eigenen Konsum werden solche Menschen, die weniger Mittel aufwenden wollen, aber insbesondere die, die zwar wollen, aber nicht können, besonders angegriffen. Letztere stehen durch ihren teilweisen Ausschluss von vielerlei Arten des Konsums unter extremem Druck. Dem können sie mit Hilfe der staatlichen Transferleistungen wie Arbeitslosenunterstützung, Sozialhilfe etc. nicht nachkommen. Erhebliche Summen fließen dennoch quasi direkt aus der Staatskasse in die Taschen der Manipulateure. Reichen die staatlich unterstützenden Mittel nicht aus, wird zur Selbsthilfe gegriffen, die sich entweder in Unbarmherzigkeit sich selbst gegenüber (z.B. auf Essen wird für 'wichtige' Konsumgüter verzichtet; eher selten) oder anderen gegenüber (Kriminalität wie Diebstahl, Raub, Erpressung, Schwarzarbeit etc.; eher der Normalfall) äußern kann. In einer Konsumgesellschaft gibt die Tatsache, kein Geld zu haben, den meisten Menschen das Gefühl, übergangen worden zu sein, nicht existent zu sein. Sein eigenes Geld zu besitzen, auch wenn man es nicht braucht, ist geradezu eine Frage der Selbstachtung.

Hier helfen Kreditinstitute - teils in Zusammenarbeit mit den Anbietern der Produkte - gern mit so genannten 'Konsumentenkrediten' aus. Doch wie stellt sich die Situation dar, wenn die 'attraktiven' Finanzierungsmöglichkeiten den arbeitslos gewordenen Käufer schlichtweg überfordern?

 

 

"BIG BROTHER IS WATCHING YOU"

Der gläserne Konsument ist leichter manipulierbar

 

Kontrolle und Manipulation der Nachfrage hat sich inzwischen zu einem ausgedehnten und rasch anwachsenden Industriezweig entwickelt. Manipulation der Nachfrage ist jede wirksame Beeinflussung der Kaufentscheidungen. Das Management der Megamaschine sorgt mit einer unermüdlichen Propaganda für nicht nachlassenden Konsum. Die Beeinflussung der Konsumentennachfrage ist für eine wirtschaftliche Planung im Industriesystem lebenswichtig.

Eine effiziente Umwerbung ist jedoch nur machbar bei möglichst einsehbarer Klientel. Längst gehören Verbraucherstudien und die Analyse von Konsumentenverhalten zum Standardvorgehen von Werbefachleuten, denn mit dem Wissen über die Vorlieben potentieller Kundschaft lässt sich sowohl das Produkt, als auch die manipulative Werbung besser auf die Menschen zuschneiden.

Datenschutzrechtliche Bestimmungen schützen den einzelnen Menschen zumindest auf dem Papier davor, dass ohne eigenes Wissen ein Verbraucherprofil zusammengetragen wird, mit dessen Hilfe speziell auf die Vorlieben einer bestimmten Person gezielt werden könnte. Im Prinzip kann sich aber niemand dagegen wehren, dass auch über die eigene Person massiv Daten gesammelt werden, die im Computerzeitalter verstärkt genutzt werden.

Die Verletzung der Privatsphäre ist hierbei keineswegs ausgeschlossen. Schon heute hinterlassen Menschen mit Handys und Geldkarten eine elektronische Datenspur, wobei kein Mensch weiß, ob, wie und wozu diese Daten gespeichert und ausgewertet werden.

 

 

"DUMM UND GLÜCKLICH"

Volksverdummung als alltägliches Ereignis

 

Die Menschen werden durch Massensuggestion beeinflusst; ihr Ziel ist es, mehr zu produzieren und mehr zu konsumieren, und zwar als Selbstzweck. Jede Art von hypnoider Suggestion versucht nun, ihre Objekte emotional zu beeindrucken, um sie zu veranlassen, ihren Verstand auszuschalten. Produkte lassen sich besser an den Mann bringen, wenn keine rationale Entscheidungsbasis vorhanden ist.

Eine dauernde Werbeberieselung löst gewisse Abwehrinstinkte bei vielen Menschen aus. Im Kreuzfeuer der Kaufbefehle müssen die Menschen anfangen, die für sie wesentlichen Informationen herauszufiltern. Damit die Konzerne dennoch die Klientel erreichen, wird die Penetranz der dumpfen Werbebotschaften entsprechend erhöht, was natürlich zu verstärkter Abstumpfung führt. Ein Negativresultat dieser Entwicklung wäre eine sich verbreitende Lernunfähigkeit bei Informationen, die wirklich von Bedeutung sind.

Allgemein bekannt ist, dass junge Leute und Menschen mit niedrigem Schulabschluss deutlich mehr Zeit vor dem Fernseher verbringen. Da sich diese Gruppen erwiesenermaßen auch leichter von Werbung beeinflussen und manipulieren lassen, sind sie natürlich als Zielgruppe für die Werbenden besonders interessant. Die Fernsehsender sind entsprechend interessiert daran, diese Gruppen zu erreichen und passen das Programm intellektuell nach unten an (Beispiele: Big Brother, Soaps, Talkshows). Klartext: Die Blöden machen das Programm!

 

 

"NICHTS IST HEILIG"

Was sich vermarkten lässt, wird vermarktet

 

Die Geldzuhälter nehmen sich das Beste, was unsere Herzen und Köpfe hervorbringen, verwandeln es in Konsumentenprodukte, versehen es mit Preisschildern und verkaufen es als Ware an uns zurück. Es gibt kaum Grenzen der Vermarktungswut: Jede Emotion, die sich zu einer Kaufentscheidung umpolen lässt, wird ausgenutzt. Berühmte Sportler werden zu Vasallen der Werbung; die Begeisterung der Menschen für die sportliche Leistung wird umgehend in den Konsum kanalisiert. Wenn das Brandenburger Tor als Werbefläche missbraucht wird und gar vor Schulen nicht haltgemacht wird, um Geld in die Kassen zu kriegen, dann sind alle Hemmungen perdu. In diesem Kapitalismus wird alles zur Ware: die lebendige Arbeit, das Gewissen, die Würde, das gesamte Leben.

Sogar das Protestverhalten von Jugendlichen wird automatisch in den Mainstream aufgenommen und vermarktet. Jede Gruppierung erhält ihre eigene Mode und ihre eigenen Rollenaccessoires, welche natürlich als Markenprodukte erworben werden müssen.

Diese Mainstreamisierung hat gleichzeitig zur Folge, das der "subversive" Code geknackt wird und damit auch jeder Werbe- und Graphikagentur zur Verfügung steht. Wenn man sich heute in der Werbung umsieht, hat man eine Menge Korporationen, die sich die diese Systemkritik a priori einverleibt haben. Die Kampagnen von Benetton z.B. sind Medien- und Gesellschaftskritik im besten Sinne, nur besteht der "Prank" vor allem darin, dass die Company diese Perspektive selbst einnimmt und als Image vermarktet. Das ist der wirklich subversiven Praxis natürlich abträglich und führt außerdem zu einem Ironie-Rollback, der auf lange Sicht Kritik in jeglicher Form zur bloßen Attitüde verkommen lässt.

Der Konsumismus ist nichts anderes, als eine neue Form des Totalitarismus. In den Kaufbefehlen der Reklame liegt ein versteckter Terror. Die Propaganda der Werbung zeigt den Leuten, wo es langgeht und wer nicht mitmacht, kann kein vollwertiges Mitglied der Gesellschaft sein...

 

 

"LEISTUNGSGESELLSCHAFT"

Der Werbeteufel scheißt auf den Großen Haufen

 

Wenn Spitzensportler, Prominente oder weitere bekannte Gesichter aus Funk und Fernsehen ihren Namen für Werbespots hergeben, dann drängt sich der Verdacht auf, dass bei den entsprechenden Gagen nicht mehr leistungsbezogen bezahlt wird. Schon die reinen Gehälter bei Sportlern weisen ja einen erheblichen Werbeanteil auf, da sich z.B. ein Fußballverein mit bekannten Gesichtern im Kader besser vermarkten lässt.

Diese Umverteilung von Konsumenten zu den Stars durch Idolbildung und -vermarktung der Werbung verstärkt die sozialen Spannungen und reißt die Schere zwischen Arm und Reich weiter auf. Bei den überbezahlten Werbeträgern macht sich massiv unvernünftiger, unökonomischer Umgang mit zufließenden Mitteln breit. Während auf der einen Seite Luxusgüter verstärkt nachgefragt werden, bleibt an anderer Stelle weniger übrig, weil mit dem Kauf von Promi-beworbenen Markenprodukten mehr Mittel verbraucht werden als nötig.

Sämtliche Auftritte bestimmter Spitzensportler etc. werden zur Werbung, da die Identifikation des Sportlers mit einem Produkt die Zeit der Werbeberieselung überdauert.

 

 

"PUSHING THE PROGRESS"

Werbung treibt uns voran - nur wohin?

 

Mit der Steigerung des täglichen Konsums mag sich vielleicht der Lebensstandard erhöhen, nicht aber die Lebensqualität. Die Werbung trägt zu der Überzeugung bei, dass der Besitz und Gebrauch eines Gegenstandes Glück bringe und zwar umso mehr, je mehr er konsumiert wird. In Anbetracht begrenzter Ressourcen wäre es jedoch sinnvoller, die Menschen zu Sparsamkeit und vernünftigem Umweltbewusstsein zu animieren, statt ihnen einzutrichtern, sie bräuchten ein PS-starkes Auto unter dem Hintern.

Werbung erzeugt Wünsche, die vorher nicht da waren, daher entstehen eventuell überflüssige Produkte ohne eigentlichen Nutzwert. Es besteht die zunehmende Notwendigkeit, Nicht-Notwendiges zu produzieren und zu konsumieren. Erst die Werbung verleiht vielen Produkten ihre Bedeutung. Ohne Werbung wären viele Waren nicht gefragt.

Die Werbung bestreitet den Verbrauchern die Fähigkeit, selbst zu wissen, was sie wollen. Fortschritte werden nicht durch die Nachfrage, sondern durch die Reißbretter der Marketingabteilungen stimuliert. Ob dieser "Fortschritt" wirklich wohlstandssteigernd ist, bleibt offen. Die Produkt- und Werbedesigner entscheiden, wohin die Reise geht - immer dorthin, wo mit Hilfe von Werbung am meisten abgesetzt werden kann.

Der passive Mensch wird einzig noch als Kaufrealität verstanden, die zwischen Waren wählen kann. Wir sagen: Der Mensch muss in den Vordergrund rücken, nicht die Ware.

 

 

"GENERATION M"

Manipulation wirkt besser als Zwang

 

Werbung und Reklame verfolgen den Zweck Waren zu verkaufen. Täuschung und Manipulation dienen diesem Zweck. Der Geschmack wird dermaßen gleichgeschaltet, dass die Leute auf vorauskalkulierbare und gewinnbringende Weise möglichst viel konsumieren - die Werbung ist ein Instrument zur Steuerung des privaten Verbrauchers. Die Werbung rückt den Konsum in den Mittelpunkt des Lebens.

Gegen Manipulation muss schon aus Gründen der Würde des Menschen Stellung bezogen werden. Durch Manipulation wird erreicht, was freiwillig nicht gegeben wird. Täglich wird uns weisgemacht, die Entscheidungsfreiheit im Bereich des gewöhnlichen Konsums sei das höchste an persönlicher Autonomie: Dieses oder jenes Waschmittel, diese Sorte Schokolade oder eine andere wählen oder auch einmal darauf verzichten zu können, soll das Gefühl geben, frei zu sein.

Wir kaufen, weil wir glauben, all diese Dinge besitzen zu müssen. Allerdings steht es jedem frei, sich den allgemeinen Trends zu widersetzen. Die hypnotische Wirkung vermag sich nicht gegen einen willentlichen Widerstand durchzusetzen. Und dennoch gilt: Private Protesthaltungen sind politisch irrelevant. Lassen wir es uns gefallen, Tag für Tag von allen Seiten die Werbeberieselung ertragen zu müssen? Lassen wir es uns gefallen, dass Freunde, Kinder und Bekannte auf eine sehr fragwürdige Weise beeinflusst und manipuliert werden?

Unsere Volksvertreter auf der Regierungsbank mussten vor ihrem Amtsantritt darauf schwören, ihre Kraft "dem Wohle des Volkes" zu widmen und "Schaden von ihm abzuwenden". Auch eine dauernde Gehirnwäsche durch Werbung zählt zu den möglichen Schäden, die es abzuwenden gilt. Realistischerweise wird es kaum möglich sein, den destruktiven Kommerz vollkommen aus unserer Gesellschaft zu verdrängen. Wo dies jedoch möglich ist und andere Finanzierungsmöglichkeiten bestehen, sollten regulative Maßnahmen - im Dienste des Menschen - die Werbeflut soweit wie möglich einschränken.

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bond

Langer Text, aber es lohnt sich, den Text zu lesen. Er findet in vielen Punkten meine Zustimmung und ich finde, man sollte sich gegen Manipulation schützen, denn meine Meinung ist, dass die Werbung ein Idealbild schafft, welches viele Menschen nicht erreichen können. Sei es wegen Geld oder anderer Dinge. Daraus resultiert ein großer Stress- und Unzufriedenheitsfaktor. Dadurch werden wir wiederum krank und psychische Faktoren können sich wiederum auf den physischen Zustand auswirken.

 

Sicherlich habt Ihr mal bei Euch erkannt, dass der Mensch immer die Sachen begehrt, die er nicht hat. Bei Kindern lässt sich das anhand von Spielzeug sehr gut beobachten. Muss es am Tag 1 unbedingt gekauft werden, steht es am Tag 3 schon in der Ecke herum und es muss was Neues sein. Nötig wäre hier ein psychologisch ausgefeiltes Denkmodell, was uns Glück an den Sachen bereitet, die wir bereits haben.

 

Um herauszufinden, was für Menschen im Leben wirklich wichtig ist, müssen wir uns mal mit Tieren vergleichen. Das mag ein wenig unrealistisch sein, aber dennoch sind wir hier auf der Erde alle gleich. Die Menschen sind nur zu eitel, um zuzugeben, dass sie auf dem Niveau der Tiere sind. Wir sind weder höher entwickelt, noch irgendein Wesen, das laut Bibel über alle anderen Wesen wachen soll. Hier auf der Erde hat doch fast alles Leben mit Kohlenstoff zu tun - organische Chemie. Hinzu kommen elektrische Impulse wie wir sie z.B. in Gehirnen finden. Was machen also Tiere? Sie werden geboren, haben einen Selbsterhaltungstrieb (Schutz, Angst, Fressen etc.) und pflanzen sich fort. Danach sterben sie und es geht wieder alles von vorn los. Beim Menschen ist es glaube ich nicht viel anders.

 

-----

 

Auf jeden Fall sollten die Kinder von morgen geschützt werden, sonst leben wir bald alle in einer Scheinwelt mit einer unzumutbaren Informationsflut. Schüler werden schon jetzt grob gesagt immer dümmer und die Anforderungen steigen immer mehr. Irgendwann wird unser System kollabieren.

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Thomas

Nun, dass es kollabiert glaube ich nicht. Dir lege ich mal meine Theorie vor, objektiv betrachtet:

Während die Technik und das Wissen immer weiter voran schreitet, aufeinander aufbaut - ist das Wissen eines neugeborenen Menschen nicht auf dem Stand der Eltern aufgebaut (vererbbares Wissen :D gibt es ja nicht).

 

Vergleiche doch mal den nötigen Wissensgehalt von einem Menschen vor 100 Jahren mit heute. Die Grundlagen müssen für das heutige Wissen ebenso erlernt werden, wie vor 100 Jahren. Zusätzlich noch die durch Entwicklung hervorgebrachten Informationen und das sind nicht gerade wenig.

Je weiter wir in der Entwicklung voranschreiten, verstärkt sich die Begrenzung in der Wissensvermittlung.

 

So wird alles nur scheinbar "dümmer".

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bond

Da muss ich dir zustimmen, dass die Leute nur scheinbar dümmer werden. Das Potential kann ja nicht einfach so von heute auf morgen verpuffen. Sagen wirs mal so: Die Denkstrukturen lassen die Menschen dümmer denken. Zu viel Info-Overhead bewirkt, dass der Mensch anfängt, Informationen zu filtern. Durch die Werbung wird das Denkvermögen getrübt (fehlerhafte Filter werden aufgebaut) und dadurch wäre es möglich, dass einzelne Personen gar nicht mehr in der Lage sind, Informationen aufzunehmen. Schon heute haben wir ein rießen Stress-Problem in der Gesellschaft. So Begriffe wie Burn-Out-Syndrom sind ja auch nicht mehr unbekannt. Das ist mehr auf Überarbeitung bezogen und zeigt deutlich, dass auch der Mensch irgendwo seine Grenzen hat.

 

Werbung wird immer effektiver und frisst sich immer mehr in die Gehirne der Kinder. Wer sich dagegen nicht schützt, wird früher oder später ferngesteuert leben. Und das ist kein Science-Fiction, sondern bereits Realität, wenn man an die Konsum-orientierten Leute denkt. Was sind das z.B. für Leute, die sich Handy-Klingeltöne aus dieser penetranten Werbung (Jamba und Konsorten) bestellen? Muss das sein? Nöö... alles nur Werbung oder auch: Fernsteuerung.

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Holden

@Thomas: Kurzer Einwurf zum Thema Vererbung des Wissens: Zwar lässt sich Wissen nicht direkt weitervererben, aber ich denke, dass ein natürlicher Umgang mit neuen Entwicklungen bei "neuen Menschen" doch leichter vonstatten geht. Wenn man schon mit neuen Technologien aufwächst, so fällt es viel leichter, diese zu verstehen und damit umzugehen. Bedenke, dass die Erfindung des Rades einige tausend Jahre gebraucht hat und wenn Du Dir die Funktion des Rades und seine Vorteile heute überlegst, erscheint es Dir absolut logisch. Oder betrachte mal 10-12jährige, die mit einem Computer aufgewachsen sind. Ihr Umgang mit diesem recht neuen Medium läuft ganz anders ab als bei Älteren. Da liegen doch teilweise Welten dazwischen, wie ein heute 30jähriger mit den Dingern umgeht im Vergleich zu einem heute 20jährigen. Deshalb denke ich, dass Wissen zwar nicht direkt vererbt werden kann, aber doch wenigstens indirekt durch ein Aufwachsen in einem sozialen Umfeld, in dem das Wissen schon vorhanden ist.

 

Hab mir den ganzen Text noch nicht durchgelesen, werde es aber bei Gelegenheit noch tun und hoffe, dass hier eine schöne Dsikussion entsteht. Bin im Moment nur zu müde und zu gestrsst dazu. Gute N8

 

Holden

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