leinad Januar 28, 2008 SPIEGEL ONLINE 28. Januar 2008, 10:27 UhrINITIATIVE GEGEN ABZOCKER Wie ein Schweizer Unternehmer Top-Managern auf den Leib rückt Von Michael Soukup, Neuhausen am Rheinfall Ein Schweizer Kleinunternehmer hat die Nase voll von Top-Managern und schafft Fakten: Mit einer Volksinitiative will er erreichen, dass Aktionäre künftig über die Gehälter von Aufsichtsrat und Vorstand bestimmen. Seine Chancen stehen gut. Neuhausen - Er schnaubt, er redet sich in Rage, er schäumt vor Wut: Thomas Minder ist eigentlich Zahnpastaunternehmer - aber seit einiger Zeit will er mehr: Im Fabrikgebäude seiner kleinen Trybol AG nahe der deutschen Grenze produziert er nicht nur Kosmetik, sondern macht auch Politik. Denn während im Untergeschoss aus Kamille, Arnika und Salbei das berühmte Trybol-Kräuter-Mundwasser entsteht, arbeitet oben die Eidgenössische Volksinitiative "Gegen die Abzockerei". Beides soll antiseptische und desinfizierende Wirkung haben - den Mund vom üblen Geruch, den Kapitalismus von der Gier befreien. Bruno Schlatter Trybol-Chef Minder: "So kann es nicht mehr weitergehen." Er sitzt in seinem Büro und blättert kurz durch die Unterschriftenlisten, die täglich zu Hunderten an der Rheinstrasse 86 in Neuhausen am Rheinfall eintreffen. "Von aufgebrachten Bankern, Bewohnern der noblen Züricher Goldküste, Doktoren, Hausfrauen, Angestellten, Arbeitern und Arbeitslosen", zählt der 47jährige auf. "Ich bekomme auch unzählige Anrufe von Leuten, die sagen: Es kann nicht mehr so weitergehen." Denkt Minder an den Auslöser seiner Wut, fällt ihm sofort Marcel Ospel ein, der Chef der Schweizer Großbank UBS. Seine Stimme wird lauter, bekommt einen hysterischen Unterton. "Ospel hat sein Gehalt in drei Jahren auf über 24 Millionen Franken verdoppelt und bezieht heute einen Stundenlohn von über 13.000 Franken - etwa 580 Mal so viel wie der Mindestlohn. Derartige Beiträge sind Diebstahl am Unternehmen." Tatsächlich hat die größte Bank Europas im US-Hypothekengeschäft bisher über 16 Milliarden Franken verloren, weitere Abschreibungen sind nicht ausgeschlossen. "Und trotzdem zügelt die UBS ihr Risiko nicht. Etwas Dümmeres habe ich nicht gehört. Diese Leute haben nichts begriffen", erregt sich Minder. Atempause. "Überhaupt gar nichts! Ihre Mentalität ist doch krank!" Winzige Speicheltröpfchen bilden sich auf der Tischplatte. Nur noch 10.000 Unterschriften fehlen Thomas Minder will bis Mai 100.000 Unterschriften sammeln und das Schweizer Volk abstimmen lassen, ob künftig die Aktionäre auf der Hauptversammlung über die Gehälter von Aufsichtsrat und Vorstand entscheiden können. Außerdem sollen Abfindungen, Prämien und Vorausvergütungen verboten werden. Die Chancen dafür stehen sehr gut, 90.000 Unterschriften sind schon beglaubigt. Ausgelöst hat Minders Wut der Zusammenbruch der Schweizer Fluglinie Swissair Ende 2001 - für die meisten Schweizer bis heute ein traumatisches Ereignis. "Wer hätte jemals gedacht, dass die Swissair kollabieren würde? Das war doch ein Staatsbetrieb, eine fliegende Bank", sagt Minder. Genauso wenig könnte man sich heute vorstellen, dass auch die UBS hopps gehen könnte. "Wieder werden alle Warnlichter ignoriert. Tiefrot! Mama Mia." Als dann auch noch rauskam, dass Swissair-Chef Mario Corti vor dem Grounding im Voraus 12,5 Millionen Franken bekommen hatte, brach für Minder "die Welt zusammen". Am 30. Oktober 2006 startet er zusammen mit seinen Eltern, seiner Lebenspartnerin, einer Bekannten und zwei Angestellten aus der Firma die Volksinitiative. Minden führt sein traditionsreiches Kleinunternehmen in der dritten Generation. In der ganzen Fabrik "trybolet" es: Selbst im Büro des Chefs gibt kein Entrinnen vor dem Kamillen-, Menthol- und Salbei-Geruch. "Ich rieche den Trybol-Duft längst nicht mehr", sagt Minder ungeduldig. Man merkt ihm deutlich an, dass er lieber über Politik denn über seine Produkte sprechen will. Dabei sind die bekannt, das Trybol-Kräuter-Mundwasser und die Kräuter-Zahnpasta sind in allen Schweizer Apotheken und Drogerien zu finden. "Jetzt begreift es auch der Letzte" Vier Jahre lang war Trybol außerdem Hoflieferant der Fluggesellschaft Swiss: "Eau de Toilette, Hand-Lotion, Lippenbalsam, Feuchtigkeitscreme, Zahnpasta, Zahnbürste", zählt Minder auf. "Aber damit ist es jetzt vorbei, wir sind rausgeflogen", sagt er leise und fast ein wenig traurig. Das Nachfolgeprodukt werbe zwar mit Swiss Science, aber hergestellt werde es in Dublin. "Das ist mir schon nahe gegangen", sagt Minder und streicht dabei seine Krawatte mit den vielen, kleinen Schweizer Kreuzen glatt. Trybol-Mundwasser: Bei Swiss ausgelistet Ob Zufall oder nicht: Seiner Initiative kommt genau zur rechten Zeit, die aktuellen Turbulenzen an den internationalen Finanzmärkten freuen ihn. "Uns hätte nichts besseres passieren können, als das mit der UBS", sagt er und klatscht triumphierend in die Hände: "Dank den Milliarden-Abschreibern begreift nun auch der Letzte, dass der Lohn und die persönliche Leistung von UBS-Chef Ospel in keinem Verhältnis stehen." Dabei ist seine Idee keineswegs revolutionär: Die Linken versuchen seit jeher, die Reichen stärker zu besteuern oder ihre Einkommen zu begrenzen. Minder aber ist ein strammer Bürgerlicher. Ein Bewunderer des rechtskonservativen Christoph Blochers gar, der die kürzliche Abwahl des SVP-Bundesrates aus der Regierung "total falsch" fand. Tatsächlich wird Minders Plan zur Einführung einer Aktionärsdemokratie im urschweizerischen Sinne von einem Sammelsurium linker Gruppierungen unterstützt - ein Umfeld, das Minder nicht ganz geheuer ist: "Das ist keine Bewegung von Linken, Grünen, Sozis und Arbeitslosen. Unser Anliegen kapiert man bis weit, weit ins bürgerliche Lager." Keine einzige Initiative findet sich im Gesetz Kein Wunder also, dass er sich Unterstützung vom konservativen Bürgertum holt: "Die Generalversammlung soll über die Entschädigung von Verwaltungsräten und Geschäftsleitung bestimmen können", hatte Blocher schon 2003 gesagt - das Zitat wird in allen E-Mails Minders aufgeführt. Für die parallel laufende Revision des Schweizer Aktienrechts war Blocher bis zu seiner Abwahl als Justizminister sogar zuständig. Minder stand dabei jahrelang in regelmäßigem Kontakt mit dem SVP-Mann. Geholfen hat es allerdings nichts: Ende Dezember wurde die Gesetzesrevision vorgestellt. "Blocher hat nicht ein einziges Element unserer Initiative in den Gesetzestext aufgenommen. Keine einzige unserer 24 Forderungen." Minder hält für einen Moment inne. "Abfindungen? Noch erlaubt! Vergütungen im Voraus? Noch erlaubt! Prämien bei Firmenkäufen und -verkäufen? Alles noch erlaubt!" Dass Blocher vielleicht gar kein Interesse hat, die von ihm beschworene Aktionärsdemokratie einzuführen? "Unmöglich!" Es ist dieser Widerspruch, den viele SVP-Anhänger nicht wahrhaben wollen, denn die wählerstärkste Partei der Schweiz hat eine patriotische Maske über ihr neoliberales Gesicht gestülpt. Eines immerhin haben die Initiatoren gleich prüfen lassen: Ob die Umsetzung rechtlich überhaupt möglich ist. Sie ist es - der Initiativtext wurde von mehr als einem Dutzend Experten, Strafrechtsprofessoren und Staatsrechtlern geprüft. "Sie haben an der Umsetzung nicht gezweifelt", heißt es bei Trybol. An welcher Börse das Unternehmen notiert ist, spielt dabei keine Rolle. Allerdings wären nur Firmen mit Sitz in der Schweiz davon betroffen - also Firmen wie UBS , Novartis oder Roche . http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,530497,00.html Gruss leinad Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
bullriding trader Januar 28, 2008 Dann werden in die Top-Leute eben nicht mehr in die Schweiz gehen wenn Sie dort nicht wie im Ausland bezahlt werden. Ob das dann so gut ist für die Schweizer Unternehmen Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag