Elvis77 Mai 21, 2007 · bearbeitet Mai 21, 2007 von Elvis77 Ich poste das mal im OT, weil ich vermeiden will, das es als Anlageempfehlung missverstanden wird. Die bisherigen Online-Marktplätze für Privatkredite konnte man ja eher belächeln. Dort passiert nichts weiter als das Kontakte zwischen Kreditnehmern und potenziellen Geldgebern vermittelt wird. In den USA und GB sind diese Plattformen inzwischen sehr erfolgreich, funktionieren aber nach einem ganz anderm Konzept. In der FAZ bin ich jetzt über www.smava.de gestolpert, die ein ähnliches Konzept seit 2 Monaten in Deutschland anbieten und sogar Stiftung Warentest bescheinigt diesem Online-Marktplatz für Kredite "Hand und Fuss". Das Konzept ist folgendes: Jemand möchte Geld leihen und stellt kurz vor, wofür er es benötigt. Hinter Smava.de steht eine extra dafür neu gegründete Bank. Bevor der Leiher sein Anliegen Online platzieren kann, muss er seine Einkommensnachweise und seine Identität durch Smava kontrollieren lassen. Smava veröffentlicht dann zusätzlich die Bonität des Leihers wie sie in der Schufa steht in den Kategorien A-F. Das sind quasi die Ratings. Es gibt noch schlechtere Ratings als F, aber nur bis F kann man bei Smava Geld leihen. Im Grunde verfügt der private Geldgeber also indirekt über dieselben Informationen wie auch die Institutionellen Geldgeber, die sich im wesentlichen an Schufa und Einkommen orientieren. Zur Orientierung gibt es die Ausfallraten für jede Bonitätsklasse. http://www.smava.de/Geld_anlegen-703-Bonitaet.html Das hebt sich schon wohltuend von der bizarren Konkurrenz ab, aber ist noch längst nicht alles. Wenn jemand 5000Euro braucht, um z.B. einen Umzug zu finanzieren, läuft die Auktion z.B. 14 Tage. Nun können sich verschiedene Geldgeber verbindlich an diesem Umzugsprojekt nach eigenem Ermessen (in 500er Schritten) beteiligen. Z.B. nur mit 500Euro. Die Auktion gilt nur, wenn auch insgesamt die verlangten 5000Euro zusammen kommen. Die Kreditlaufzeit ist grundsätzlich 36Monate. Nehmen wir mal an, wir beteiligen uns mit 500 Euro an diesem Umzugsprojekt. Der Kreditnehmer hat eine Bonität von A und bietet 5,5% Nominalzins. Die Raten+Zinsen überweist er an Smava und Smava an die Geldgeber. Beide Seiten bleiben Anonym. Der Kreditnehmer zahlt als Gebühr 1% der Kreditsumme an Smava. Für den Geldgeber ist Smava.de kostenlos. Da zu den Zinsen ja auch die Ratenrückzahlungen kommen, liegt der effektive Zinssatz über 5,5% nämlich in diesem Beispiel bei 6,35%. Aber was wenn der Schuldner seinen Raten nicht nachkommt? Dafür gibt es ein Sicherungskonzept. Alle Projekte ein und derselben Bonitätsklasse kommen in einen Pool. Fällt nun für einen Geldgeber eine Rate aus, zahlen automatisch die anderen Geldgeber aus ihren Rückflüssen den Tilgungsanteil an diesen Geldgeber. So wird sichergestellt, das ein Totalverlust ausgeschlossen ist. Smava leitet dann auch das Mahnverfahren ein oder verkauft einen notleidenden Kredit an ein Inkasso. Die Zinszahlungen landen hingegen nicht in einem Pool, sondern jeder Geldgeber bekommt die Zinsen für das Projekt für das er sich entschieden hat. Sofern die Smava Plattform groß genug ist, müsste die statistische Ausfallwahrscheinlichkeit der Schufa weitgehend mit der von Smava überein stimmen. Daher kann der Geldgeber diese Ausfälle in seinem Pool bereits via Risikoabschlag in seiner Renditerechnung berücksichtigen. http://www.smava.de/Geld_anlegen-703-Risikoabschlag.html In diesem Beispiel müsste der Geldgeber also vom Nominalzins bei Bonitätsklasse A 0,8% vom Nominalzins abziehen und er weis was er ralistischerweise bekommen würde. Durch diesen Abzug werden die Tilgungsausfälle anderer Gläubiger bedient. Allerdings kann das Reale Ergebnis je nach tatsächlichen Ausfällen nach oben oder unten Schwanken. Wird der statistische Ausfall der Schufa mal erreicht, wäre das maximale Verlustrisiko für den Geldgeber bei Bonitätsklasse A z.B. auf 0,8% begrenzt+Zinsausfall. Das Konzept finde ich insgesamt überzeugend und durchdacht. Der persönliche Aufwand ist minimal, da alles von Smava abgewickelt wird. Geldgeber und Kreditnehmer bleiben bis auf Smava gegenüber anonym. Allerdings ist es noch viel zu früh, um zu erkennen, ob diese Plattform etwas taugen kann. Das Angebot ist noch viel zu klein. Es ist daher nicht davon auszugehen, das die Poolgrößen bisher ausreichen um die statistischen Kreditausfälle der Schufa zu erreichen. Zudem scheint mir Smava.de momentan ein Eldorado für Kreditnehmer zu sein und nicht für Geldgeber. Scheinbar vergessen die Leute vom Nominalzins den Risikoabschlag der Bonitätsgruppe abzuziehen und verleihen ihr Geld damit nicht selten unter Geldmarkt Zinssatz. Für Klasse A wird im Durchschnitt ein Zins von 5,3% geboten. Nach Risikoabschlag wären das also im Schnitt 4,5%, was einem effektivem Zinssatz von 5,29% für den Kreditnehmer bedeuten würde. Für den Kreditnehmer ist Smava eine äußerst attraktive Alternative zum Dispo oder Konsumentenkredit, die nicht selten effektive Zinssätze von 16% erreichen. Wenn ein Geldgeber sich das Risiko noch streut und z.B. in 20Projekte investiert um sich sein eigenes Privatkredite-Portfolio zu basteln, wird es für ihn auch nicht komplizierter als wenn er nur in ein Projekt investiert. Smava schickt eine Jahresabrechnung der erhaltenen Zinsen für die Steuererklärung. Sie behalten selber keine Quellensteuer ein. Es liegt also beim Anleger seine Zinseinkünfte zu deklarieren. Insgesamt eine clevere Idee, bei der man in den nächsten 2 Jahren wohl sehen wird ob das notwendige Gleichgewicht zwischen potenziellen Geldgebern und Kreditnehmern daraus eine attraktive Plattform für beide Seiten machen kann. Das tatsächliche Ausfallrisiko der Pools von Smava ist noch nicht abzusehen, weil die Poolgrößen noch zu klein sind und sich daher an der Schufaausfallrate orientiert wird. Sicher würde Smava aber in Zukunft ihre eigenen Ausfallraten veröffnetlichen, wenn diese Konkurrenzfähig sind. Das dauert aber bestimmt noch mehrere Jahre, bis hier wirklich zuverlässige Aussagen getroffen werden können. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Jose Mourinho Mai 21, 2007 Perspektivisch gesehen sicherlich eine Innovation.... Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Gast240123 Mai 21, 2007 Die Idee ist wirklich klasse, danke für den Hinweis. Es ist mir allerdings schleierhaft, weshalb Menschen bereit sind einem wildfremden Menschen Gelder für 4 Prozent bzw. sogar nur einem Prozent zur Verfügung zu stellen. Für Geldgeber ist das doch total uninteressant. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Elvis77 Mai 21, 2007 · bearbeitet Mai 21, 2007 von Elvis77 Da scheinen wohl psychologische Faktoren bzw. eine Art "Helfersyndrom" eine Rolle zu spielen. Allerdings verderben solche "Gönner" natürlich die Preise. Es gibt dort allerdings auch realistische Angebote, die einem eher Marktgerechten Zins entsprechen. Die sind allerdings naturgemäß schnell vergriffen. Auf der Startseite befindet sich in einem kleinem Kasten z.B. eine Vorschau von Nachfragen, die sich noch in der Bonitätsprüfung befinden. Da scheinen realistischere Anfragen bei zu sein, als die noch offenen Anfragen. Zweifellols haben da aber einige Geldgeber scheinbar Rendite zu verschenken. Wie gesagt ist es für Kreditnehmer momentan wirklich interessant. Es ist in der Abwicklung nicht komplizierter als sich einen Kredit von der Bank zu besorgen, aber erheblich günstiger. Sollte es mich mal nach einer Zwischenfinanzierung gelüsten, wäre Smava für mich als Kreditnehmer erste Wahl. Interessant ist auch, das man sich in Smava Gruppen anschließen kann, die sich einen guten Leumund durch zuverlässige und durch Smava veröffentlichte Rückzahlungserfolge erarbeiten wollen. Z.B. wenn die Gruppe "Beamte" insgesamt 500erfolgreiche Ratenzahlungen hat und nur 2 verzögerte und keinen Ausfall, können die Mitglieder mit guter Erfolgsaussicht ihre Kreditnachfragen zu einem günstigerem Zinssatz platzieren. Die Gruppenleiter würden auf jedes Gruppenmitglied einwirken, das mit seinen Zahlungen im Verzug ist um den Ruf der Gruppe nicht zu gefährden. Weil das ANgebot sehr neu ist, sind das natürlich momentan noch alles nur Funktionen wo es noch keine Aussagekraft gibt. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Grumel Mai 21, 2007 Sie behalten selber keine Quellensteuer ein. Es liegt also beim Anleger seine Zinseinkünfte zu deklarieren. Wenn man jetzt bösartigerweise davon ausgeht dass die Steuern hinterzogen werden, ob dann vielleicht realistische Renditen im Vergleich zu normalen festverzinslichen Anlagen in der Nachsteuerprespektive rauskommen . Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Elvis77 Mai 21, 2007 Tja, da kocht sich wohl mancher sein eigenes Süppchen. Gefahr droht aber von einer anderen Front. Das ganze spielt in einer rechtlichen Grauzone. Gewerbliche Kreditvergabe ist für Privatpersonen verboten. Es gibt aber keine genaue Definition vom Gesetzgeber, was den nun "gewerblich" ist. Im Zweifel kann man schon ab der zweiten Kreditvergabe als "gewerblich" eingestuft werden. Zwar wird das momentan wegen der geringen Relevanz den Gesetzgeber noch nicht interessieren, sollte aber in 5 Jahren mal die Plattformen für Privatkredite etabliert sein, wird man diese Probleme klären müssen. Ähnlich wie bei Ebay wird es dafür dann Grundsatzurteile geben müssen. Und spätestens dann, wird der Fiskus auch wie inzwischen bei Ebay auch bei den großen Kreditportalen in Stichproben prüfen, wer den da seine Einkünfte versteuert und wer nicht. Momentan dürfte das alles aber für den Fiskus noch reichlich uninteressant sein um seinen Apparat in Gang zu setzen. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Elvis77 Mai 21, 2007 Ich habe gerade gelesen, das es doch keine rechtliche Grauzone ist. Die Bank von Smava vergibt die von den Anlegern ausgewählten Kredite und verkauft diese ohne Preisaufschlag an die Anleger weiter. Deshalb benötigen weder Anleger noch Kreditnehmer eine Banklizenz. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag
Ramstein Juli 30, 2013 Die Zeit berichtet über Funding Circle im UK: Banken, die keine Banken sind In Großbritannien wird die private Kreditvergabe zum Milliardenmarkt. Die Regierung unterstützt das Peer-to-Peer-Lending, um die Macht der Banken zu brechen. In der Praxis erlebt Peer-to-peer-Banking in Großbritannien zurzeit einen beachtlichen Boom. Zwar gibt es in Deutschland ähnliche Plattformen, Smava beispielsweise, aber die britischen wachsen mit ungleich höherer Geschwindigkeit. 130 Millionen Pfund hat Funding Circle bislang verliehen. Gar nicht so wenig dafür, dass es die Firma erst seit drei Jahren gibt. Besonders bemerkenswert an der britischen Entwicklung ist, dass Regierung und Notenbank den Boom forcieren. Der Handwerker, der bei Funding Circle 35.000 Pfund einwerben will, braucht tatsächlich nur Zusagen in Höhe von 28.000 Pfund. Die fehlenden 7000 Pfund, 20 Prozent der Gesamtsumme also, kommen vom britischen Staat. Vor einigen Monaten hat die Regierung nämlich beschlossen, zunächst 55 Millionen Pfund ins Peer-to-Peer-Lending zu stecken. Seitdem treten der britische Schatzkanzler und Privatleute bei Funding Circle sozusagen als Konsortialkreditgeber auf. Dennoch, bei aller Euphorie dürfte für Peer-to-Peer-Lending zunächst einmal gelten, was seit jeher für die allermeisten Finanzgeschäfte gilt: Hohe Renditen bedeuten hohes Risiko. Und: Den Traum von einer bankenlosen Welt, wer immer ihn träumen mag, werden vermutlich auch die P2P-Lender nicht realisieren können. Wollen sie es überhaupt? Funding Circle verhandelt neuerdings mit der spanischen Großbank Santander, ob man nicht in Zukunft gemeinsame Sache machen will. Diesen Beitrag teilen Link zum Beitrag